Genres der TV-Serien Genres der TV-Serien: Ein kleiner Serienguide

Der Mensch neigt dazu alles in Schubladen zu packen, zu organisieren, zu strukturieren – stets im Dienste der Überschaubarkeit. Egal ob farblich sortierte Socken, nach Erscheinungsjahr geordnete Schallplatten oder sogar menschliche Eigenschaften. Das kann sinnvoll sein, muss es aber nicht. Dasselbe gilt natürlich auch für die Kunst. Es gibt Genres in der Malerei, der Literatur, der Musik und natürlich auch im Film. Das dient häufig der Vergleichbarkeit, endet aber nicht selten in der krampfhaften Suche nach einer passenden Kategorie zulasten des eigentlichen Werkes. Googelt man mal die Genre-Einteilungen für TV-Serien, kommen da relativ schnell über 20 Rubriken zusammen – Von Krankenhaus- über Vampirserien bis hin zur Telenovela. Was in der Theorie so einfach klingt (Beispiel: Schauplatz ist eine Kanzlei, also handelt es sich um eine Anwaltsserie), ist in der Praxis wesentlich komplizierter. In den seltensten Fällen ist die Zugehörigkeit eindeutig und vor allem aussagekräftig. Ist eine Krankenhausserie lustig, spannend, dramatisch, romantisch oder alles zusammen?
Nichtsdestotrotz versuchen wir uns an einem klitzekleinen Serienguide und stellen sechs verschiedene Genre mit entsprechenden (äußerst subjektiven) Empfehlungen vor.
Kein Pardon
Humor ist, wie so vieles, Geschmackssache. Worüber sich die Einen halbtot lachen, verursacht bei Anderen lediglich ein müdes Mundwinkelzucken. Zum Beispiel „How I Met your Mother“. Eine ganze Generation kann Barney Stinson aus dem Stehgreif zitieren und die Rolle machte Neil Patrick Harris quasi zu Amerikas beliebtestem Entertainer. Das (meiner Meinung nach) wirklich witzige an der Sache: der Darsteller, der den wohl größten Sexisten der westlichen Hemisphäre so legen- (wait for it) -där verkörpert, ist treusorgender Familienvater und seit über zehn Jahren mit seinem Lebensgefährten (mittlerweile Gatten) liiert.
Eine weitere äußerst erfolgreiche und ebenso streitbare Comedy-Serie ist „The Big Bang Theorie“. Die Gags um die verklemmt-liebenswürdigen Wissenschaftler sind sowohl Kult als auch abgedroschen.
Sie funktionieren seit 2007 nach dem selben Prinzip: der bebrillte Nerd, der auf „Star Trek“ steht und ein fragwürdiges Verhältnis zu seiner Mutter pflegt, scheitert am Alltag. Insbesondere am Kontakt zur weiblichen Spezies. Das Konzept wird vermutlich noch in der 20. Staffel funktionieren.
Humor geht aber auch anders. Entweder offensiv ironisch, wie in der US-amerikanischen Serie „Portlandia“, die sämtliche Eigenheiten der Hipster-Hochburg Portland gnadenlos durch den Kakao zieht, oder völlig skurril und mit viel Slapstick wie in „Arrested Development“, oder ganz leise, wie beim „Tatortreiniger“. Das ist Comedy als Kammerspiel: der egozentrische Schriftsteller, der sich über den Buchpreis der Thüringer Landfrauen echauffiert oder die steinreiche Seniorin, die in Hamburgs Villenviertel den Einbrecher mit dem Golfschläger richtet, weil er „mit Straßenschuhen“ auf dem barocken Sofa rumturnte. Humor ist wenn man trotzdem lacht. (jfl)
Empfehlungen
- The Big Bang Theory
- Portlandia
- Der Tatortreiniger
- Arrested Development
- Community
Drama, Baby
Die Bezeichnung Drama-Serie ist relativ unspezifisch. Wälzt man das Lexikon der Filmbegriffe, findet man die etwas schwammige Definition: „Im Zentrum stehen Figuren, die eine Lebenskrise durchmachen“. Nun gut, dass gilt tendenziell für jede zweite Serie – die Figuren müssen ja schließlich etwas erleben. Eine der wichtigsten Serien aus diesem Genre ist „The Sopranos“. „Tony“ Soprano steht an einem Wendepunkt seines Lebens und hadert mit sich und seinen sämtlichen Rollen (Vater, Ehemann, Capo, Sohn...).
Eine vergleichbare Krise macht Jon Hamm alias Don Draper in „Mad Men“ durch. Der erfolgreiche Businessman kämpft im New York der 60er Jahre hauptsächlich mit sich selbst. Will er der verantwortungsvolle Familienvater oder doch lieber Frauenheld sein? Alkohol- und Nikotinsucht gehören in der fiktiven Werbeagentur „Sterling Cooper“ zum guten Ton, zeigen aber dennoch ihre Auswirkungen. Einer, der die Hilferufe seines Körpers ebenfalls konsequent überhört ist Frank Gallagher in „Shameless US“. Der sechsfache Familienvater ist hochgradig alkohol- und drogensüchtig. Die Serie spielt in der Southside Chicagos, einem sozialen Brennpunkt, und zeigt wie sich die Familie durch den „Alltag“ schlägt. Das ist herrlich absurd und definitiv nicht jugendfrei. Weniger absurd und noch weniger jugendfrei ist „Masters of Sex“. Erzählt wird die Geschichte von William Masters und Virginia E. Johnson, die in den 50er Jahren das menschliche Sexualverhalten erforschen und damit Pionierarbeit geleistet haben. Alle genannten Serien sind herausragend besetzt. (jfl)
Empfehlungen
- The Sopranos
- Shameless US
- Masters of Sex
- Mad Men
- The West Wing
Von Zwergen und Zyklonen, Blut und Spielen - mehr Serien-Genres lesen Sie im folgenden Abschnitt.
Von Zwergen und Zyklonen
„Der Weltraum. Unendliche Weiten. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise.“ Mit diesen Worten beginnt die wohl erfolgreichste und vielleicht auch beliebteste Science-Fiction-Serie der Welt. Der Mensch machte sich in den 60er-Jahren auf den Weg zum Mond, Captain Kirk und seine Crew waren da schon längst in andere Dimensionen vorgedrungen – und das ganz ohne Bügeleisen wie in der deutschen „Raumpatrouille Orion“.
Als im Kino der „Krieg der Sterne“ tobte, flüchtete der „Kampfstern Galactica“ vor den Zylonen (was 25 Jahre später in modernisierter Form fortgesetzt wurde). Kultstatus unter Science-Fiction-Fans erreichte die Serie „Firefly“ – vielleicht auch, weil sie bereits nach einer Staffel abgesetzt wurde.
Ebenso faszinierend wie die Zukunftsvisionen sind derzeit die Zeitreisen in erfundene Vergangenheiten. Angetrieben durch den Riesenerfolg der drei „Herr der Ringe“-Filme befindet sich auch das Fantasy-Genre auf einem Höhenflug. Größtes Zugpferd des Genres ist natürlich „Game of Thrones“ nach George R. R. Martins Romanreihe „Das Lied von Eis und Feuer“.
Wem das Ränkespiel um den Königsthron von Westeros zu brutal ist, wird vielleicht an „Outlander“ Gefallen finden; die Serie basiert auf Diana Gabaldons Highland-Saga.
Weder Fantasy noch Science-Fiction, aber auch nicht weit entfernt, sind die Mystery-Serien. Besonders populär war in den 90er-Jahren „Akte X“. Legendär ist bis heute David Lynchs „Das Geheimnis von Twin Peaks“ – das 2016 fortgesetzt werden soll. (tom)
Empfehlungen
- Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert
- Outlander
- Firefly
- Game of Thrones
- Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI
Mehr als nur Tatort
Auch wenn viele Deutsche das kaum glauben mögen: Aber es gibt noch andere Krimireihen außer dem „Tatort“. Und dabei sind noch nicht mal ausschließlich US-amerikanische Serien gemeint, obwohl die angeblich derzeit weltweit erfolgreichste Serie, „Navy CIS“, vor dort stammt. Aber gerade die Skandinavier („Die Brücke – Transit in den Tod“ und „Kommissarin Lund“) tun sich mit so manchem Highlight hervor.
Und natürlich die Briten. Ein Highlight ist die „Sherlock“-Reihe mit Benedict Cumberbatch und Martin Freeman. Weil die Pause zwischen den kurzen Staffeln aber immer länger wird, kann man das kaum als „richtige“ Serie bezeichnen. „Line of Duty“ und „Luther“, letzteres mit Idris Elba, natürlich schon.
Apropos Idris Elba: Bekannt geworden ist er auf der anderen Seite des großen Teichs, als intelligenter Drogendealer Stringer Bell in der Cop-Serie „The Wire“. Die grandiose Serie des ehemaligen Polizeireporters David Simon zeigt so realistisch wie nichts zuvor den Kampf der Polizei gegen die Drogenbarone.
Aus den USA kommt außerdem eine der meistbeachteten Thriller-Serien der letzten Jahre: „True Detective“. Hollywood-Stars wie Matthew McConaughey und Woody Harrelson begeben sich auf eine düstere Jagd nach einem Serienkiller in den amerikanischen Südstaaten.
Bei zwei weiteren Serienkiller-Serien geht es weniger bedrohlich, dafür aber umso blutiger zu. „Hannibal“ mit einem großartigen Mads Mikkelsen, orientiert sich an den Büchern von Thomas Harris. Und in „Dexter“ ist der Titelheld gleichzeitig Serienmörder und Forensiker bei der Polizei. (tom)
Empfehlungen
- The Wire
- True Detective
- Die Brücke – Transit in den Tod
- Hannibal
- Luther
Blut und Spiele
Fernsehzuschauer gruseln sich schon seit Jahrzehnten, etwa bei den „Unheimlichen Geschichten aus der Schattenwelt“ (besser bekannt als „Twilight Zone“) oder den „Geschichten aus der Gruft“. Und auch „Die Simpsons“ setzen jedes Jahr für die Halloween-Episode auf eine Mischung aus Horror und Komödie.
Doch mit dem Wiederaufleben der Horror- und Vampirfilme im Kino hat sich auch im Fernsehen eine ganz andere Horrorkultur durchgesetzt. Es wird nicht nur auf Grusel und Schauer gesetzt, sondern auch auf expliziten Splatter. Ganz weit vorne ist die Zombie-Serie „The Walking Dead“. Die Comic-Verfilmung sorgt sowohl in den USA als auch in Deutschland für Einschaltquotenrekorde.
Beliebt sind auch Vampire. Eindeutig an ein erwachsenen Publikum richtet sich „True Blood“. Die Serie mit Oscar-Preisträgerin Anna Paquin geizt nicht mit nackter Haut. Größtenteils angezogen bleiben hingegen die Darsteller in der Hochglanz-Soap „The Vampire Diaries“. Bei Teenagern dürfte es trotzdem regelmäßig zu Atemaussetzern kommen.
Zwar kein Horror, aber ebenso blutig sind mittlerweile auch die Actionserien. „Spartacus“ etwa setzt auf Erotik und Gladiatorenkämpfe und ist nur für Erwachsene. In „24“ verstößt Kiefer Sutherland als Geheimagent Jack Bauer mit schöner Regelmäßigkeit zahlreiche Menschenrechte – nur zur Erhaltung der Demokratie, versteht sich. Vorbei die Zeiten, als in den 80er-Jahren noch in Serien wie „Ein Colt für alle Fälle“ oder „Das A-Team“ mit Blei, aber nie mit Blut umhergespritzt wurde. Von sprechenden Autos, die von David Hasselhoff gelenkt wurden, ganz zu schweigen. (tom)
Empfehlungen
- The Walking Dead
- Supernatural
- True Blood
- 24
- Banshee
Vermischtes
Wie bereits erwähnt, ist die Genreeinteilung nicht ganz einfach und es gibt diverse Überschneidungen. Aus diesem Grund haben wir uns für diese allgemeine Kategorie entschieden. „House of Cards“ darf in diesem Serienheft nicht ungenannt bleiben. Genaugenommen handelt es sich um eine Drama-Serie mit dem Schwerpunkt Politik. Kevin Spacey spielt den durchtriebenen und machthungrigen Kongressabgeordneten „Frank“ Underwood. Der Zuschauer wird zum heimlichen Verbündete des hochgradig manipulativen Politikers, was nicht nur am genialen Talent des Schauspielers liegt, sondern auch an der wechselenden Kameraperspektive. Ähnlich verworren, ähnlich politisch und doch ganz anders ist „Homeland“. Der US-Soldat Nicholas Brody war Kriegsgefangener im Irak. Die CIA-Analystin Carrie Mathison vermutet in ihm jedoch einen Terroristen. Das zentrale Element der Geschichte ist der innere Konflikt der Protagonisten.
„Downton Abbey“ kommt aus einem ganz anderen Lager. Schauplatz ist die Grafschaft Yorkshire Anfang des 20. Jahrhunderts. Erzählt wird die Geschichte der ansässigen Adelsfamilie und ihres Personals. Es geht glücklicherweise nicht nur um Liebeleien zwischen den Ständen, sondern vielmehr um technische, politische und persönliche Entwicklungen. Den Crashkurs in die Jetzt-Zeit gibt’s bei „Broad City“. Die in Deutschland noch unbekannte Serie ist eine Mischung aus Comedy und Drama, völlig abgedreht und rotzfrech. Die zwei Freundinnen Ilana und Abby schlagen sich semi-erfolgreich durch ihre Heimatstadt New York, rauchen dabei eine ganze Menge Cannabis und reißen Gags, die man von weiblichen Schreiberlingen nicht erwartet. Da wird Emanzipation nicht groß angekündigt und unterstrichen, wie bei Lena Dunham („Girls“), die Mädels machen’s einfach. (jfl)
Empfehlungen
- House of Cards
- Homeland
- Downton Abbey
- Broad City





