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Gemeinde-Finanzen Gemeinde-Finanzen: Es geht nicht ohne originäre Kommunalsteuer

Von Jochen Loreck 05.08.2003, 18:00

Die Ärgernisse sind unübersehbar: Von öffentlichen Gebäuden bröckelt der Putz. Bibliotheken und Schwimmbäder müssen schließen. Schäden an Bürgersteigen und Straßen werden nicht mehr ausgebessert. Der kommunale Service - vom Kindergarten bis zur Müllabfuhr - wird immer schlechter.

Grund ist die drückende Finanznot der Rathäuser. Und wer kann es da den Kommunalpolitikern verdenken, wenn sie in ihrer Verzweiflung zu spektakulären Aktionen greifen? Etwa, wenn sie - als Bettler verkleidet - vor den Bundestag nach Berlin ziehen und um eine "milde Gabe" bitten.

Der Hilfeschrei zeigt nun endlich Wirkung. Alle im Bundestag vertretenen Parteien sehen dringlichen Handlungsbedarf und holen jetzt die Instrumenten-Kiste hervor. Aber wo der Hebel anzusetzen ist, darüber streiten sie erst einmal wie die Kesselflicker.

Zankapfel Gewerbesteuer: Rot-Grün will sie auf die Freiberufler ausdehnen. Die FDP plädiert für Abschaffung dieser Steuer, und die Union weiß nicht so recht.

Strittig sind auch die anderen Einnahmequellen für die Rathaus-Kassen: höherer Kommunal-Anteil aus der Einkommensteuer? Neu-Aufteilung der Mehrwertsteuer? Dann müssten Bund und Länder etwas "opfern". Irgendwo scheint die Decke immer zu kurz, unter der sich gerne alle Beteiligten wohlig ausstrecken wollen.

Im nun zu erwartenden Gezerre zwischen rot-grüner Mehrheit im Bundestag und dem von der CDU dominierten Bundesrat zeichnen sich wenigstens zwei Ansatzpunkte für eine Annäherung ab: Rot-Grün will die Gewerbesteuer nicht auf eine Substanz-Besteuerung ausweiten: Mieten, Leasing-Raten und Zinsen sollen auch künftig nicht zu einer noch höheren Steuerlast führen. Zudem wächst die Bereitschaft, den 2,2-Prozent-Anteil aus der Mehrwertsteuer, der den Kommunen derzeit zufließt, etwas aufzustocken. Das würde den Stadtkämmerern eine kräftiger sprudelnde Einnahmequelle verschaffen.

Aber das Kernproblem droht, ungelöst zu bleiben: Man mag Kommunen aus dieser oder jener Steuer ein größeres Tortenstück herausschneiden. Wirkliche Gestaltungskraft bekommen sie aber erst dann, wenn sie selber bei den Steuern steuern können - durch eigene Finanzhoheit. Ohne eine originäre Kommunalsteuer geht es nicht.

Dies erklärt, warum viele Kommunalpolitiker so zäh an der Gewerbesteuer festhalten. Sie ist nahezu die einzige Stellschraube, an der ein Gemeinde-Parlament noch selbst drehen kann. Wer diese Stellschraube beseitigen will, ist zu einer praktikablen Ersatz-Lösung aufgerufen. Die Alternative könnte kommunale Wirtschaftssteuer oder Bürgersteuer heißen. Entscheidend ist die lokale Bindung und ihre Transparenz.

Eine solche Reform würde zu klaren Verantwortlichkeiten führen. Und schlechte Kommunalpolitik könnte sich nicht länger hinter der Ausrede verstecken: Wir konnten nichts machen, weil uns Bund und Länder allein gelassen haben.