Gefängnisarbeit Gefängnisarbeit: Weder Rente noch Mindestlohn für Straftäter in Sicht

Erfurt - Thüringens Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) sieht derzeit keine Chance für eine Besserstellung von Gefängnisarbeit. Gegenwärtig erwerben Straftäter für die Zeit, die sie in Haft arbeiten, keine Rentenansprüche. „Über diese Frage muss ernsthaft geredet werden“, sagte Lauinger der Deutschen Presse-Agentur. Eine Rentenversicherung für Gefangene werde unter den Landesjustizministern kontrovers diskutiert. Die Debatte darüber sei nicht abgeschlossen. „Ich sehe dafür im Moment aber keine politischen Mehrheiten.“ Das große Problem sei die Finanzierung.
Minister: „Die Arbeit im Gefängnis dient in erster Linie der Resozialisierung“
Während Lauinger nach eigenen Worten einer Rentenversicherung für Strafgefangene aufgeschlossen gegenüber steht, lehnt er hingegen einen Mindestlohn für arbeitende Häftlinge ab. Arbeitnehmer in Freiheit müssten von ihrem Mindestlohn Miete und Essen zahlen, bei den Gefangenen komme der Staat für Kost und Logis auf. „Die Arbeit im Gefängnis dient in erster Linie der Resozialisierung“, stellte der Minister klar. Die Betriebe in den Haftanstalten produzierten unter anderen Gesichtspunkten als in der freien Wirtschaft.
Viele Häftlinge hätten Suchtprobleme, eine fehlende Ausbildung und große Probleme mit einer regelmäßigen Tätigkeit. „Es geht darum, sie im Ansatz fit für den Arbeitsmarkt zu machen und sie an den Arbeitsprozess heranzubringen“, betonte der Minister. Für einen Mindestlohn und die Einbeziehung in die Rentenkasse tritt unter anderem eine von Gefangenen 2014 in der Justizvollzugsanstalt Berlin-Tegel gegründete Gewerkschaft ein.
Arbeitspflicht für Häftlinge in Deutschland
In Thüringen gilt wie in vielen anderen Bundesländern eine Arbeitspflicht für Häftlinge. Der Stundenlohn liegt nach Angaben des Justizministeriums zwischen 1,18 Euro und 1,96 Euro. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt zwischen 35 und 40 Stunden. Von den durchschnittlich rund 1.600 Gefangenen in diesem Jahr gingen mehr als 970 einer bezahlten Tätigkeit nach. Das ist eine Beschäftigungsquote von rund 60,2 Prozent. Damit liegt Thüringen laut dem Justizministerium etwa im Bundesdurchschnitt. Nicht zur Arbeit verpflichtet sind Häftlinge in Untersuchungshaft und jene, die das Rentenalter erreicht haben.
Mitarbeiter des Justizministeriums soll Dienste von Werkstätten für private Zwecke in Anspruch genommen haben
Die Inhaftierten arbeiten für den Bedarf der Gefängnisse - etwa in Küche, Wäscherei und Gärtnerei. Darüber hinaus lassen Landesbehörden in Haftanstalten fertigen. So bekommen beispielsweise in der Buchbinderei in der Haftanstalt Hohenleuben Gesetzesblätter ein passendes Äußeres, werden in der Tischlerei im Gefängnis Untermaßfeld Büromöbel für Gerichte angefertigt und in der Autowerkstatt in Tonna Ölwechsel und Inspektionen angeboten.
Ein leitender Mitarbeiter des Justizministeriums soll in Arnstadt und Tonna mehrfach für private Zwecke die Dienste von Werkstätten in Anspruch genommen haben, ohne dafür angemessen zu bezahlen. Gegen ihn ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Vorteilsannahme. (dpa)