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GDL-Chef Schell: In dieser Woche keine Bahnstreiks

04.11.2007, 16:56

Hamburg/dpa. - Trotz der Legitimierung von Streiks im Fern- und Güterverkehr durch das Sächsische Landesarbeitsgericht wird es in dieser Woche zunächst keine Arbeitskämpfe geben.

Dies sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL), Manfred Schell, im Interview mit «sueddeutsche.de.». « Zunächst werden wir uns nun mit dem Vorstand zusammensetzen und diskutieren, was für einen Weg wir einschlagen. Dazu zählt auch, dass wir darüber nachdenken, welche Art von Arbeitskampf wir führen. In der neuen Woche werden wir aber noch nicht damit anfangen», sagte Schell der Online-Ausgabe.

Falls es später zu Streiks käme, solle der Schwerpunkt im Güterverkehr liegen. Dort würden besondere Spielregeln gelten. «Wir wissen, was wir tun», sagte Schell. Ein Streik im Güterverkehr könnte die Bahn nach Konzern-Schätzungen zwischen elf und 17 Millionen Euro pro Tag kosten. Volkswirte rechnen gar mit 50 Millionen Euro bei bundesweiten Streiks.

Schell geht aber davon aus, dass die Bahn das Chemnitzer Urteil, «verstanden hat» und sich den Stillstand im Güter- und Fernverkehr nicht erlauben werde. Nun sei der Vorstand in der Pflicht, ein, «vernünftiges Angebot» zu machen - «ob es ihm passt oder nicht». Zu einer weiteren Schlichtungsrunde werde es nicht mehr kommen.«Für uns wird es keine Schlichtung geben», betonte Schell. Allein Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würde der 64-Jährige als Vermittlerin noch akzeptieren.

Unterdessen hat Bahnchef Hartmut Mehdorn Merkel in einem Brief zum Eingreifen in dem Tarifkonflikt aufgefordert und ein Nachgeben abgelehnt. Eine inhaltliche Stellungnahme gab es dazu aus dem Kanzleramt nicht. Eine Sprecherin sagte, der Brief werde abgewartet und dann sorgfältig bewertet. Die Bundesregierung hatte die Tarifparteien bereits in der Vergangenheit dazu aufgerufen, am Verhandlungstisch eine Lösung zu finden.

Das Sächsische Landesarbeitsgericht in Chemnitz hatte am Freitag das Streikverbot für die GDL im Güter- und Fernverkehr aufgehoben. Dazu sagte ein Bahnsprecher, der Vorstand werde das Urteil prüfen und «in den nächsten Tagen» zu Beratungen zusammenkommen. Die Gewerkschaft fordert einen eigenständigen Tarifvertrag sowie Gehaltssteigerungen. Die Bahn lehnt eine Vereinbarung allein für die GDL-Lokführer ab.

In seinem Brief, den die Deutsche Presse-Agentur dpa vom Bahn- Aufsichtsrat erhielt, warnt Mehdorn vor einer «Spaltung der Belegschaft» und einer «schwer zu beherrschenden Tarifvielfalt». Die Bahn werde daher «aus grundsätzlichen Erwägungen» nicht nachgeben. Mehdorn forderte die Bundesregierung auf, «einen Ordnungsrahmen für eine sinnvolle Entwicklung des kollektiven Arbeitsrechts in Deutschland» zu schaffen. Im Sinne der Tarifeinheit solle die Macht von «Spezialistengewerkschaften» beschränkt werden. Dies sei kein Eingriff in die Tarifautonomie, sondern erleichtere die Verhandlungen zwischen den Tarifpartnern.

«Tarifverhandlungen auf der Basis einer unklaren Rechtslage führen zu unnötigen Streiks», schreibt der Bahnchef weiter. Das betroffene Unternehmen müsse gegen solche Arbeitsniederlegungen vor Gericht ziehen. Mehdorn zufolge werden sich die Unternehmen ohne einen neuen Rechtsrahmen letztlich mit Ausgründungen und den Einsatz von Zeitarbeitsfirmen gegen die Gewerkschaften zur Wehr setzen. «Im Ergebnis werden Arbeitnehmer und Arbeitgeber schlechter dastehen als heute und der Kunde muss dann die Zeche zahlen. Die Politik muss deshalb handeln», heißt es abschließend in dem Schreiben.