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GDL-Chef Manfred Schell GDL-Chef Manfred Schell: Erholung vom Klassenkampf

Von Ralf Beunink 18.10.2007, 11:51
Die Kur im Reha-Zentrum in Radolfzell habe er bereits zweimal wegen des sich hinziehenden Tarifkonflikts verschoben, sagte GDL-Chef Manfred Schell (64). Ein weiteres Mal sei nicht möglich gewesen. (Foto: dpa)
Die Kur im Reha-Zentrum in Radolfzell habe er bereits zweimal wegen des sich hinziehenden Tarifkonflikts verschoben, sagte GDL-Chef Manfred Schell (64). Ein weiteres Mal sei nicht möglich gewesen. (Foto: dpa) dpa

Frankfurt/Main/ddp. - Eine Kur soll der Erholung dienen. Die Schlagzeilen in den Zeitungen dürften für den Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Manfred Schell, hingegen derzeit wenig erholsam sein. «Er legt Deutschland lahm und legt sich selbst in der Kur auf die faule Haut», hieß es in der «Bild»-Zeitung am Donnerstagmit Blick auf den zugleich stattfindenden bundesweiten Streik imNahverkehr und bei den S-Bahnen. Gleichzeitig räumte Schell in dem Blatt ein, «keine ernsthafte Erkrankung» zu haben. Die Bahn spricht vom Chaos bei der GDL. Medien spekulierten am Donnerstag über interne Machtkämpfe.

GDL-Sprecherin Gerda Seibert wies die Berichte am Donnerstag inFrankfurt am Main als «Blödsinn» zurück. Es gebe keine Machtkämpfe und kein Chaos innerhalb der Gewerkschaft. Schließlich sei der GDL-Vize Weselsky bereits als Kandidat für die Nachfolge von Schell nominiert, wenn dieser Mitte 2008 in Rente geht. Auch gebe es zwischen dem 48-Jährigen und Schells zweitem Stellvertreter, dem 51-jährigen Günther Kinscher keine Unstimmigkeiten. Zudem stimme sich der Vorstand auch während der dreiwöchigen Kur regelmäßig mit ihrem Vorsitzenden Schell ab.

In GDL-Kreisen wurde das bestätigt. Weselsky gelte bereits alslangem als unumstrittener Nachfolger für Schell. Deswegen sei eine Leitung der Gewerkschaft durch ihn in dieser heißen Phase des Tarifkonflikts eine Selbstverständlichkeit. Schells zweiter Vertreter Kinscher habe hingegen keine Ambitionen auf die Führung. In der Sache werden sowohl Weselsky als auch Kinscher eher noch als stärkere Hardliner eingeschätzt.

Mutmaßungen, die GDL wolle mit der Kur ihren temperamentvollenGewerkschaftsboss zurückziehen, um so den Weg für eine Einigung mit der Bahn freimachen, wurden deshalb in Gewerkschaftskreisen nicht bestätigt. Zumal Schell am Mittwoch verdeutlichte, dass solch eine Strategie mit ihm nicht machbar wäre: Obwohl er bereits im Reha-Zentrum Mettnau-Kur in Radolfzell am Bodensee kurt, stellte er via «Bild» Streiks für Donnerstag in Aussicht und überrumpelte damit die GDL-Führung, die das offiziell erst zwei Stunden später auf einer Pressekonferenz verkündete.

Unklar ist, ob Schell seine Kur möglicherweise früher abbrechenwird, um die GDL doch wieder durch den Tarifkonflikt zu führen.GDL-Sprecherin Seibert wollte sich dazu nicht äußern. Offenbar gibt es in der Gewerkschaft darüber aber unterschiedliche Auffassungen. Die »Bild« zitiert den Vizechef des GDL-Bezirks Mitteldeutschland, Peter Korleck, der es für besser hält, wenn Schell »an vordersterFront mit dabei wäre«, jedoch gibt es in der GDL auch Verteidiger desderzeitigen Kurses. So bleibt abzuwarten, ob die GDL in den nächstenWochen neben Frankfurt am Main auch weiterhin aus der Strandbadstraße106 in Radolfzell am Bodensee agiert.