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Gasstreit hat erste Folgen für Mitteleuropa

03.01.2009, 17:03

Moskau/Kiew/Prag/dpa. - Zwei Tage nach Beginn des Gas-Streits zwischen Russland und der Ukraine hat der Konflikt zu ersten negativen Auswirkungen auf die europäische Energieversorgung geführt.

Durch die Pipelines aus der Ukraine strömte am Samstag weniger russisches Gas als sonst nach Rumänien und zunächst auch nach Polen. Hingegen habe der Streit bisher keine Auswirkung auf Deutschland, teilte der führende Erdgas-Importeur E.ON Ruhrgas mit. Die Ukraine schloss jedoch ernstere Versorgungsprobleme für den Westen nicht aus, sollte die Krise nicht bis Mitte Januar gelöst sein. Rund 80 Prozent des für Europa bestimmten Gases wird durch die Ukraine gepumpt. Folgen für Endverbraucher gab es am Samstag nirgendwo.

Der russische Gasmonopolist Gazprom warf der Regierung in Kiew vor, mit dem illegalen Abzapfen von täglich 35 Millionen Kubikmeter Gas aus Transitleitungen Russland und Europa zu erpressen. «Wenn die Ukraine den Diebstahl fortsetzt, werden die europäischen Konsumenten darunter leiden», warnte Gazprom-Vizechef Alexander Medwedew nach Angaben der Agentur Interfax in Prag. Das ukrainische Unternehmen Naftogas wies die Vorwürfe als «grobe Provokation» zurück. Laut Medwedew will Gazprom seine Verpflichtungen gegenüber Westeuropa einhalten und dazu auch Pipelines außerhalb der Ukraine nutzen. Er warf Kiew einen Boykott der Vertragsverhandlungen vor.

Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft lehnt derzeit eine Vermittlung zwischen Russland und der Ukraine ab. Es handele sich um einen «kommerziellen Disput», sagte Europaminister Alexandr Vondra nach einem Treffen mit Medwedew. Für Verbraucher in der EU bestehe aufgrund von Gasreserven und anderer Lieferwege kein Grund zur Furcht. Vondra kündigte für diesen Montag eine Zusammenkunft der EU-Botschafter in Brüssel an. Auch beim informellen Treffen der EU-Außenminister am Donnerstag in Prag komme der Streit zur Sprache. Der Gazprom-Vizechef will auch nach Berlin reisen, um «ein realistisches Bild von den Schuldigen und den Lösungsvorschlägen» zu vermitteln.

Die Führung des russischen Energieriesen beschloss bei einer Krisensitzung in Moskau eine Erhöhung der Liefermengen nach Europa, um das von der Ukraine angeblich abgezapfte Gas zu ersetzen. Unter anderem pumpe das Unternehmen künftig mehr Gas über Polen nach Deutschland, sagte ein Gazprom-Sprecher. Der Monopolist hatte der Ukraine am Neujahrsmorgen den Gashahn zugedreht, weil die bisherigen Verträge an dem Tag ausgelaufen waren. Der finanziell angeschlagenen Ukraine ist der von Russland geforderte Preis von 250 Dollar je 1000 Kubikmeter Gas zu hoch. Vor drei Jahren war bei einem ähnlichen Streit zeitweise weniger Gas nach Deutschland geströmt.

Gazprom kündigte am Samstag auch eine Klage gegen die Ukraine an. Kremlchef Dmitri Medwedew habe dem Gang vor das internationale Schiedsgericht der Stockholmer Handelskammer zugestimmt, sagte Vorstandsvorsitzender Alexej Miller nach Angaben der Agentur Itar-Tass. Laut Naftogas nutzt die Ukraine einen Teil des russischen Gases lediglich, um ihre Pipelines betriebsbereit zu halten. Dies sei legal, sagte ein Unternehmenssprecher. Zudem habe die Ukraine, anders als von Gazprom behauptet, ihre Schulden für 2008 bezahlt. Der Sprecher warf Russland vor, wegen der prowestlichen Haltung der Ukraine wirtschaftlichen Druck auf das Nachbarland ausüben zu wollen.