Finanzmarkt Finanzmarkt: Machtvakuum bei der Deutschen Börse

Frankfurt/Main/dpa. - «Es ist völlig unklar, was diese Investoren vorhaben», kritisiertReinhild Keitel von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK)Vor allem Kleinaktionäre seien verunsichert. «Es darf nicht sein,dass die Börse jetzt aller liquiden Mittel beraubt wird.» KlausNieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz(DSW) mahnt die spekulativen Hedge-Fonds, die sich in großem Stil beider Börse eingekauft haben: «Die Privatanleger haben kein Interesse,das Unternehmen zu zerschlagen und Kapital abzuziehen.» Vor allemdürfe die Deutsche Börse in Europa nicht unter die Räder geraten.Frankfurt drohe sonst zu einer Regionalbörse zu verkommen.
Weitgehend einig sind sich die Akteure, dass die europäischeBörsenlandschaft mit ihren großen Playern in Frankfurt, London undParis schlanker werden muss. «Wir sind weiterhin für eineKonsolidierung in der Branche», sagte der Europa-Direktor des US-Hedge-Fonds Atticus Capital, David Slager, der neben TCI zu denschärfsten Kritikern der bisherigen Deutsche-Börse-Führung zählte.«Es sollte aber eine Fusion unter Gleichen sein», sagte Slager derFinanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX.
Seit dem Aus für Börsenchef Werner Seifert scheint einZusammenschluss der Deutschen Börse mit der Vierländerbörse Euronextwieder denkbar. Als eines der großen Hindernisse für eine solcheKonstellation galten bislang Unstimmigkeiten zwischen Seifert undseinem französischen Managerkollegen Jean-Francois Théodore. TCI-Partner Patrick Degorce entlockt der Gedanke an eine Fusion vonEuronext und Deutscher Börse im Interview mit der «WirtschaftsWoche»(Dienstag) schlicht ein «fantastisch»: «Vom Geschäftsmodell herwürden beide zusammenpassen.» TCI würde eine solche Fusion lautDegorce eher tolerieren als die geplante Übernahme der Londoner Börse(London Stock Exchange/LSE), die die Fonds Anfang März als zu teuergekippt hatten.
Beim personellen Umbau der Börse treiben die Großaktionäre dennoch amtierenden Aufsichtsratschef Rolf Breuer zur Eile. «Breuerzufolge soll der Übergang sechs Monate dauern. Wir hoffen, dass esschneller geht», sagte TCI-Partner Degorce dem «Handelsblatt»(Dienstag). Breuer, der sich wochenlang weitgehend erfolglos mit denFonds herumstritt, antwortete indirekt im Wirtschaftsmagazin«Capital»: «Am liebsten träte ich sofort zurück.»
Bei der Hauptversammlung am 25. Mai sieht sich Breuer nach wie voreinem Antrag zu seiner Abwahl ausgesetzt. Hoffen können die Strategenin der ausgedünnten Führungsetage der Börse, dass das Lager derKritiker kleiner geworden ist. Zumindest Anleger wie Fidelity,Capital und Merrill Lynch, die als längerfristig orientiert gelten,könnten ausscheren.
Rüdiger von Rosen, Seiferts Vorgänger und heutiger Chef desDeutschen Aktieninstituts, gibt sich optimistisch: «Es gibt viele dieglauben, wenn so ein erfolgreiches Tandem abtritt, hätte das negativeAuswirkungen auf das Unternehmen. Das glaube ich nicht.» DasFührungsteam der Deutschen Börse sei erfahren und werde dieGrundstrategie weiterführen.