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Finanzkrise Finanzkrise: Strengere Regeln für Ratingagenturen beschlossen

Von KARIN BILLANITSCH 28.11.2012, 07:43

Berlin/MZ. - Wenn Standard & Poor's, Moody's und Fitch den Daumen heben oder senken, hat das Auswirkungen auf die Zukunft von Unternehmen oder sogar Staaten. Die drei größten Ratingagenturen haben in der Finanzkrise heftige Kritik auf sich gezogen. Auch ihr Vorgehen in der europäischen Staatsschuldenkrise wurde teils heftig beanstandet.

So lautete der Vorwurf nach der US-Immobilienkrise, dass die Analysten Top-Bewertungen für Anleihen vergeben hätten, die sich später jedoch als Giftpapiere erwiesen. Eine Ausweitung der Krise auf den Versicherungs- und Bankensektor war die Folge. Ein anderer Vorwurf besagt, dass in der Euro-Schuldenkrise die Kreditwürdigkeit mancher Länder zu äußerst sensiblen Zeitpunkten herabgestuft wurde.

Der Kommission der Europäischen Union ist die quasi institutionelle Rolle, die die drei Ratingagenturen auf den Finanzmärkten spielen, ein Dorn im Auge. Der zuständige EU-Kommissar Michael Barnier fordert "fundiertere Ratings".

Der übermäßige Rückgriff auf Ratings solle verringert und gleichzeitig die Ratingverfahren qualitativ verbessert werden. "Die Ratingagenturen sollen strengere Vorschriften einhalten, ihre Ratings transparenter machen und für Fehler haften", sagte der Franzose bei der Vorlage der Pläne. Nun haben sich Europäische Kommission, EU-Parlament und Europarat auf strengere Regeln geeinigt.

Diese Einigung erlaube eine Verringerung der übertriebenen Abhängigkeit von Ratings, die Beseitigung von Interessenkonflikten und die Einführung einer zivilrechtlichen Haftung für Ratingagenturen, erklärte EU-Kommissar Barnier. So würden Klagen erleichtert. Zudem müssten die Ratingagenturen bei der Bewertung von Staaten mehr Transparenz an den Tag legen. Ziel sei es, die Bonitätsprüfer für ihre Notenvergabe stärker zur Verantwortung ziehen zu können.

Um Turbulenzen an den Finanzmärkten zu vermeiden, sollen sich die Ratingagenturen mit Veröffentlichungen zur Kreditwürdigkeit souveräner EU-Staaten an einen Zeitplan halten, wie Barnier weiter erläuterte. Veröffentlichungen sollen mindestens eine Stunde vor oder nach Börsenschluss in der EU erfolgen.

Gleichzeitig sollen die Agenturen ihre Bewertungen gründlicher und transparenter gegenüber Investoren und den betroffenen Staaten begründen. Die jüngsten Entwicklungen der Euro-Schuldenkrise hätten gezeigt, dass der derzeit geltende Regulierungsrahmen nicht mehr ausreicht, begründet die EU-Kommission das Vorhaben.

"Die bestehenden Mängel sollen behoben werden. Ratings haben unmittelbare Auswirkungen auf die Märkte und die Wirtschaft als Ganzes und damit auf den Wohlstand der europäischen Bürger. Sie sind keine bloßen Meinungsäußerungen", erklärt Michael Barnier.

Kritiker verweisen allerdings darauf, dass die Regeln im Zuge der Verhandlungen aufgeweicht wurden. Vom Tisch ist etwa die Forderung, Länder-Bewertungen für die Zeit auszusetzen, solange Rettungsprogramme organisiert werden. Abgeschwächt wurde der Vorschlag, Anleihe-Emittenten eine Rotation der Ratingagenturen vorzuschreiben.