Finanzkrise Finanzkrise: Größte Bankenpleite der US-Geschichte: Wer ist der Nächste?
New York/Frankfurt/dpa. - Jüngstes Opfer mithistorischer Dimension ist die einst führende US-Sparkasse WashingtonMutual (WaMu). Sie wird in einem Notverkauf zum Schnäppchenpreis anden Finanzkonzern J.P. Morgan Chase verschachert. Die bisher beiweitem größte Banken-Pleite in Amerikas Geschichte macht bitter klar:Ein Ende der Finanzkrise ist in weiter Ferne. «Wer muss als nächstesdran glauben?», fragt sich die Branche geschockt.
Das spektakuläre Aus von Washington Mutual kam in diesem Tempo undAusmaß selbst für Experten überraschend. Zwar wussten alle um dieMilliardenlöcher der Bank, die sich im Immobilienboom auf demHypothekenmarkt verhoben hatte. Schon seit Wochen wurde dasbörsennotierte Haus, das mit einer deutschen Sparkasse hinsichtlichGeschäftsmodell und Rechtsform nicht zu vergleichen ist, alsÜbernahmekandidat gehandelt. Doch nun sogar der Zusammenbruch! DieUS-Sparkassenaufsicht verlor keine Zeit. Sie übernahm über Nacht dieKontrolle, verkaufte die «guten Teile» in Windeseile und lässt denRest untergehen - zum Schaden von Aktionären und Gläubigern.
Einziges Ziel der Behörden: Panik vermeiden. Alle Einlagen seiendurch den neuen Besitzer J.P. Morgan Chase gesichert, betont dieAufsicht unermüdlich. Der staatliche Sicherungsfonds als letztes Netzmüsse nicht einspringen. In den Tagen zuvor hatten die Kunden ausAngst scharenweise insgesamt fast 17 Milliarden Dollar abgezogen,weil der Aktienkurs ins Bodenlose gestürzt war. Den Todesstoßversetzten dann Ratingagenturen, die Washington Mutual zum «Schrott»-Wert degradierten.
Wie Dominosteine fielen damit allein innerhalb der letzten 14 Tagereihenweise Finanzhäuser der Kreditkrise zum Opfer - von derInvestmentbank Lehman Brothers bis zum Versicherungsriesen AIG.Dennoch folgte am Freitag dem neuen Schock auch etwas Erleichterung:«Es ist gut, dass mit der Übernahme von WaMu eine Systemkriseabgewendet worden ist», sagte der Frankfurter Analyst Dirk Becker.
Dass Gläubiger und Aktionäre leer ausgingen, steigere allerdingsnicht gerade das Vertrauen. «Wenn das Rettungspaket der US-Regierungnicht verabschiedet wird, droht eine Katastrophe», so Becker. «Es istkeine Zeit für Wahlkampfgeplänkel», meint auch Robert Halver, Analystder Baader Bank. «Bei einer zu langen Debatte droht demamerikanischen Patienten der klinische Tod.» Für WaMu allerdingskommt ohnehin jede Hilfe zu spät. Seit Freitagmorgen prangte bereitsder Firmenname J.P. Morgan Chase an den ersten der 2200 Filialen.
Die nun erst recht zu den US-Topbanken zählende J.P. Morgan Chasekristallisiert sich unterdessen immer mehr als Gewinnerin der Kriseheraus. Konzernchef Jamie Dimon zieht als Schnäppchenjäger durch denTrümmerhaufen - erst beim Notverkauf von Bear Stearns vor einigenMonaten und nun bei WaMu. Der 52-Jährige baute einst den RivalenCitigroup als einer der Top-Manager mit zur heutigen Größe aus,musste aber 1998 im Streit gehen. Seit 2006 wiederholt er nun dieExpansion an der Spitze von J.P. Morgan - und schlug sich bisher inder Kreditkrise besser als die meisten Rivalen.
Inmitten der Turbulenzen sieht auch der legendäre US-Investor undMultimilliardär Warren Buffet große Chancen. Gerade erst setzte erfür die Branche ein Hoffnungssignal und stieg mit fünf MilliardenDollar beim Finanzhaus Goldman Sachs ein. «In fünf oder zehn Jahrenwerden wir auf diese Zeiten zurückblicken und sagen, da hätte manaußergewöhnliche Geschäfte machen können», sagte der 78-jährigereichste Mensch der Welt.