Finanzkrise Finanzkrise: Die größte Sparkasse der USA ist pleite
New York/Washington/dpa. - In der größtenBankenpleite der US-Geschichte brach die größte US-SparkasseWashington Mutual zusammen und wurde in einem Notverkauf von derGroßbank J.P. Morgan Chase aufgefangen. Die festgefahrenen Gesprächeüber das 700 Milliarden Dollar schwere Rettungspaket für dasamerikanische Finanzsystem überschatten immer mehr den US-Wahlkampf:Die Demokraten griffen wegen der Verzögerungen den republikanischenKandidaten John McCain scharf an. Berlin und Paris machtenunterdessen Vorstöße für eine Reform des globalen Finanzsystems.
Washington Mutual (WaMu) ist als börsennotiertes Institut keineSparkasse im deutschen Sinn. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband(DSGV) hob am Freitag hervor: «Weder entspricht das Geschäftsmodelldenen der deutschen Sparkassen, noch ist dieses Kreditinstitut mitden deutschen Sparkassen verbunden.» DSGV-Präsident Heinrich Haasisbetonte: «Kein Anleger muss sich Sorgen um Einlagen bei seinerSparkasse machen. Diese sind sicher.»
J.P. Morgan Chase zahlt einen Schnäppchenpreis von 1,9 MilliardenDollar (1,3 Mrd Euro) für die von Washington Mutual übernommenenEinlagen und Filialen. Durch den Rettungskauf steigt J.P. Morgan zurnach Einlagen größten US-Bank mit 5400 Zweigstellen und Kundengeldernvon rund 900 Milliarden Dollar auf. Für die WaMU-Kunden und derenEinlagen von knapp 190 Milliarden Dollar soll es keine Einbußengeben. Aktionäre und Gläubiger der Sparkasse gehen jedoch den Angabennach weitgehend leer aus. Die US-Sparkasse hatte sich während desImmobilienbooms massiv auf dem Hypothekenmarkt engagiert undverhoben.
Bei dem Rettungsplan der US-Regierung, um den seit Tagen heftiggestritten wird, geht es im Kern darum, dass der Staat denFinanzinstituten riesige Mengen fauler Kreditpapiere abkaufen kann.Das vor einer Woche von der Regierung vorgelegte Programm war imKongress auf Widerstände gestoßen. Die Abgeordneten fordern unteranderem eine Beschränkung der Manager-Gehälter, Hilfen fürHausbesitzer und eine schärfere Aufsicht.
Ein Gipfeltreffen im Weißen Haus, an dem neben Präsident George W.Bush und den Kongressspitzen auch die PräsidentschaftskandidatenBarack Obama und John McCain teilnahmen, blieb am Donnerstagabendohne Ergebnis. Am Freitag rief Bush den Kongress erneut zum raschenHandeln auf. Er zeigte sich zugleich überzeugt, dass es am Ende eineVereinbarung mit dem Kongress über ein Rettungsprogramm geben werde.
Am Donnerstag hatte es bereits geheißen, Demokraten undRepublikaner in den zuständigen Kongressausschüssen hätten sich aufeine gemeinsame Vorlage für den Plan geeinigt. Später sollen jedochvor allem auf Seiten der Republikaner neue Einwände aufgekommen sein.Experten warnten vor dramatischen Folgen, wenn die Hilfsplänescheitern sollte. «Wenn das Rettungspaket der US-Regierung nichtverabschiedet wird, droht eine Katastrophe», sagte der FrankfurterAnalyst Dirk Becker. «Bei einer zu langen Debatte droht demamerikanischen Patienten der klinische Tod», mahnte Robert Halver,Analyst der Baader Bank.
Washington Mutual ist der jüngste dramatische Fall innerhalb vonzwei Wochen mit historischer Umwälzungen der Branche: DieInvestmentbank Lehman Brothers meldete Teilinsolvenz an und wirdzerschlagen. Wettbewerber Merrill Lynch rettet sich in die Armeder Bank of America. Der Versicherungsriese AIG musste vom Staatdurch einen Mega-Kredit vor dem Aus bewahrt werden und steht vor demVerkauf weiter Konzernteile. Im laufenden Jahr ist in den USA außerWaMu bereits ein Dutzend kleiner und mittlerer Bankenzusammengebrochen.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) schlug einen Acht-Punkte-Plan zur Reform der Finanzmärkte vor, der unter anderem beimnächsten Treffen der Finanzminister der sieben größtenIndustrieländer (G7) Mitte Oktober in Washington zur Sprache kommensoll. Unter den Forderungen sind ein Verbot spekulativerLeerverkäufe, schärfere Überwachung und eine stärkere persönlicheHaftung von Finanzmanagern. Parallel dazu forderte auch derfranzösische Präsident Nicolas Sarkozy einen grundlegenden Neuaufbaudes internationalen Finanzsystems und schlug dazu eine Konferenz derführenden Politiker der Welt noch vor Jahresende vor.