Extra Extra: ICE Berlin-Nürnberg rollt Kostenexplosion entgegen
Ilmenau/dpa. - Wo in einigen Jahren der ICE vorbeisausen soll, weht derzeit nur der Wind durch leere Tunnelröhren. Die Finanzierung der 500 Kilometer langen und mindestens 7,6 Milliarden Euro teuren Strecke ist immer noch nicht vollständig geklärt. Dennoch wird der Baufortschritt am Teilstück der ICE-Strecke Berlin-Nürnberg bei Ilmenau in Thüringen schon sichtbar. Die neue Trasse soll Teil einer europäischen Schnellverbindung von Norditalien nach Skandinavien werden.
Obwohl der damalige Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) im September den Weiterbau zusicherte, sind noch nicht alle Finanzierungsvereinbarungen unterzeichnet. Nun kommt eine Kostenexplosion hinzu: Der Bau wird wohl viel teurer als geplant. Die Deutsche Bahn rechnet im mittelfristigen Finanzplan für Erfurt- Nürnberg mit Baukosten von knapp 5 Milliarden Euro, fast 700 Millionen Euro mehr als 2001 angepeilt. Zudem soll der ICE erst 2015 rollen, davor war noch von 2012 die Rede. Sachsen-Anhalt und Thüringen warfen der Bundesregierung vor, Wahlversprechen zu brechen.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Christoph Matschie, räumte Verzögerungen ein, die auch mit dem Bundeshaushalt zusammenhingen. Kritik wies er zurück: «Die Strecke wird finanziert», sagte der SPD-Landeschef. «Niemand stellt das Projekt mehr in Frage.» Sachsen-Anhalts Verkehrsminister Karl-Heinz Daehre (CDU) will das Thema am 5. Dezember bei einem Treffen mit Bundesverkehrsmininister Manfred Stolpe (SPD) ansprechen.
Zwischen Erfurt und Ilmenau sind bereits 470 Millionen Euro in Brücken, Fundamente und Tunnel investiert. Dort läuft die Trasse parallel und nur wenige Meter neben der Autobahn 71. Während auf der Fernstraße schon Fahrzeuge rollen, bewegen sich auf der Bahntrasse nur Bagger und Bauarbeiter. «Bis zum Jahr 2006 soll das Teilstück nach Ilmenau befahrbar sein», kündigte der Sprecher der DB Projekt Verkehrsbau, Michael Baufeld, an. Dann könnten Regionalzüge die Strecke nach Ilmenau nutzen.
Nach den Plänen der Bahn sollen Hochgeschwindigkeitszüge die Fahrzeit von Berlin nach Nürnberg und weiter bis München auf drei bis vier Stunden verkürzen. Derzeit dauert die Reise sechs bis sieben Stunden. Zwischen Nürnberg und Ebensfeld soll dafür eine bestehende Strecke auf 83 Kilometern für Tempo 230 modernisiert werden. Planfeststellungsverfahren für die Abschnitte dieser Trasse sind eingeleitet oder abgeschlossen. Wann der symbolische erste Spatenstich erfolgt, ist noch unklar.
Komplett neu entstehen dagegen die 107 Kilometer lange Etappe Ebensfeld-Erfurt und 123 Eisenbahnkilometer zwischen Erfurt und Leipzig. Vom rund 3,7 Milliarden Euro teuren Abschnitt Nürnberg- Erfurt sind 30 Kilometer bei Ilmenau und die Anbindung zum Bahnhof Erfurt im Bau. Mit 22 Tunneln und 29 Brücken ist die Bergetappe durch den Thüringer Wald ingenieurtechnisch besonders anspruchsvoll. Außerdem kann der ICE zwischen Ebensfeld und Erfurt mit seiner Höchstgeschwindigkeit von 300 Stundenkilometern fahren.
Für das Teilstück von Erfurt nach Leipzig fehlt noch eine vollständige Finanzierungszusage. Gebaut wird hier seit 1998 an einem rund 20 Kilometer langen Abschnitt zwischen Gröbers und Leipzig. Die Gleise schließen den Flughafen Schkeuditz und das Messegelände ans DB-Hochgeschwindigkeitsnetz an. Nach Berlin fahren die Expresszüge dann wieder auf einer Ausbaustrecke. Diese ist nach Angaben der Bahn AG nahezu fertig. Hier kann der ICE maximal auf Tempo 200 beschleunigen.