Experten gespalten über die Zukunft von Opel
Frankfurt/Main/dpa. - Experten sind gespalten über die Zukunft von Opel. Von einem «langsamen Sterben in den nächsten Jahren» sprach der Branchenkenner Ferdinand Dudenhöffer. Nach Ansicht des Autoexperten Willi Diez hingegen ist Opel unter dem Dach von General Motors (GM) am besten aufgehoben.
Wolfgang Meinig, Leiter der Forschungsstelle Automobilwirtschaft (FAW) in Bamberg ist weniger optimistisch. «Ich möchte nicht ausschließen, dass General Motors Opel in die Insolvenz schickt», sagte er. Aber auch wenn GM Opel ohne Insolvenzverfahren sanieren wolle, müsse sich die Belegschaft auf deutlich mehr Stellenstreichungen als beim abgeblitzten Investor Magna gefasst machen.
Meinig fürchtet zudem, dass der US-Konzern selbst auch noch nicht über den Berg ist. «Ich habe die Sorge, dass GM in Wahrheit nur "scheingesund" ist. Möglicherweise wird GM in zwei Jahren, wenn alle Finanzmittel aufgebraucht sind, wieder in die Insolvenz gehen.» Der US-Autobauer hatte im Frühsommer in Rekordzeit ein Insolvenzverfahren durchlaufen und wird mit Staatshilfen über Wasser gehalten. Mehrheitseigentümer sind die USA und Kanada.
Dass GM sich dennoch in der Lage fühlt, Opel aus eigener Kraft zu sanieren, führt Meinig auf den «typisch amerikanischen Optimismus» zurück. Zudem erwartet er Drohgebärden gegenüber den europäischen Regierungen. Nach der Brüskierung durch GM seien die Beteiligten zwar derzeit nicht bereit, die auch von den Amerikanern angestrebten Staatshilfen zu geben: «Aber GM wird die Regierungen mit der Androhung von Werksschließungen erpressen.»
Meinig warf der deutschen Politik vor, sich selbst in diese Lage manövriert zu haben. «Entgegen aller ordnungspolitischer Vernunft, wonach der Schwächste eingeht, greift der Staat ein und schützt unproduktive Stellen.» Vollbeschäftigung habe es aber auch in der DDR gegeben, nur hätten die Leute dort nichts zu tun gehabt und ihre Produkte seien nicht wettbewerbsfähig gewesen: «Das ist das Ende eines Wirtschaftssystems.»
Sein Kollege Ferdinand Dudenhöffer sagte er dem Audiodienst der dpa: «Das ist eine Entscheidung, bei der General Motors mit dem höchst denkbaren Risiko in die Zukunft geht», . Für Opel sei ein Verbleib bei GM «sehr, sehr schlecht». Dudenhöffer schließt nicht aus, dass Opel keine Zukunft mehr hat. «Bei einer Insolvenz wären Werksschließungen in Bochum, Kaiserslautern, Antwerpen und Eisenach ein denkbares Szenario.»
Autoexperte Willi Diez vom Institut für Automobilwirtschaft (Geislingen) geht davon aus, dass GM Opel «in eine gute Zukunft» führt. Er könne den weit verbreiteten Pessimismus nicht verstehen. «Ohne GM kann Opel nicht leben.» Der Rüsselsheimer Autobauer sei alleine zu klein und brauche einen starken Partner. «Das kann nur General Motors sein - nachdem man Fiat einen Korb gegeben hat.»
Die Vorteile des GM-Verbundes liegen laut Diez auf der Hand. «GM und Opel können auf einer gemeinsamen Plattform Autos bauen, die sie gemeinsam in Asien, den USA und Europa vertreiben können.» Damit würden enorme Kosten eingespart. Zudem entwickelten GM und Opel gemeinsam das Elektroauto Volt. «In diesem Bereich können GM und Opel eine Vorreiterrolle übernehmen.» Der GM-Hoffnungsträger Volt wird allein von einem Elektromotor angetrieben und soll 2010 in den USA starten. Opel will ein Jahr später eine eigene Variante unter dem Namen Ampera auf den Markt bringen. «Andere Hersteller werden erst 2013 mit eigenen Elektrofahrzeugen so weit sein», sagte Diez.
Der geplante Verkauf an den Autozulieferer Magna und die russische Sberbank habe gravierende Schwächen gehabt. «Die Absatzchancen auf dem russischen Markt wurden vollkommen überschätzt», kritisierte der Branchenkenner.
Wie viele andere Experten auch erwartet Diez nun einen massiven Stellenabbau bei Opel. «An diesem Thema kommt man nicht vorbei, aber auch im Manga-Konzept war ja der Verlust von 10 000 Jobs vorgesehen.» Das von deutschen Politikern befürchtete große Werkssterben werde es aber nicht geben. Ein Problem sieht Diez aber: Nach 80 Jahren unter einem Dach, vielen Fehlentscheidungen aus den USA zum Nachteil von Opel und dem Gezerre um den Opel-Verkauf lägen die Nerven blank. «Da ist viel Porzellan zerschlagen worden. Es wird dauern, bis sich die Wogen glätten.»