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Ex-DaimlerChrysler-Manager Schrempp vor Gericht

19.09.2008, 15:23

Stuttgart/dpa. - Die ehemalige DaimlerChrysler-Spitze hat im neu aufgerollten Prozess um den vorzeitigen Rücktritt des damaligen Vorstandschefs Jürgen Schrempp Fehler bestritten. Über die Personalentscheidung habe erst in der entscheidenden Aufsichtsratssitzung Klarheit bestanden.

Das sagten Schrempp und Ex- Aufsichtsratschef Hilmar Kopper am Freitag vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart. Es habe keine Vorabsprachen gegeben. Kleinaktionäre werfen dem Autobauer in dem Musterprozess vor, den Rücktritt des Top- Managers zu spät gemeldet zu haben und deshalb um den Kursgewinn gebracht worden zu sein. Im Oktober will das OLG das Urteil in dem Fall verkünden.

Schrempp betonte, für ihn sei erst mit der Entscheidung des Aufsichtsrates definitiv klar gewesen, dass er vorzeitig von seinem Posten zurücktritt. Wenn ihn die Mehrheit der Anteilseigner bei einem Treffen am Abend vor der Sitzung des Kontrollgremiums versucht hätte umzustimmen, hätte er es möglicherweise gemacht. Auch Kopper erklärte, trotz Gesprächen mit Aufsichtsratsmitgliedern und Betriebsratschef Erich Klemm habe es keine definitive Entscheidung oder bindende Vorabstimmungen wegen des Personalwechsels gegeben. Mit dem potenziellen neuen Konzern-Lenker Dieter Zetsche hatte die Unternehmensspitze ebenfalls vorab gesprochen.

Die beiden ehemaligen Top-Manager des Stuttgarter Autobauers hatten nach übereinstimmenden Angaben Mitte Mai erstmals über die personelle Besetzung an der Spitze des Konzerns geredet. Danach seien in Abständen weitere Verantwortliche vertraulich in die Überlegungen miteinbezogen worden. Selbst am Tag vor der entscheidenden Sitzung - am 27. Juli 2005 - habe noch keine Klarheit geherrscht, versicherte Schrempp. Es sei nicht absehbar gewesen, ob alle Beteiligten zustimmen würden. Möglich wäre auch eine Verschiebung der Personalie auf die nächste Sitzung gewesen. Die adhoc-Mitteilung zum Schrempp- Rücktritt veröffentliche das Unternehmen schließlich nach dem Treffen am Abend des 28. Juli 2005. Danach stieg der Kurs im DAX deutlich an.

Der ebenfalls zu dem Gerichtstermin geladene und inzwischen amtierende Daimler-Chef Zetsche war aus Termingründen am Freitag nicht erschienen. Er soll möglicherweise nochmals als Zeuge geladen werden. In diesem Musterverfahren um hohe Schadenersatzforderungen wird stellvertretend für eine große Zahl von Klagen in dem Fall verhandelt. Bis zur Entscheidungsfindungen ruhen diese Verfahren. Zu der Neuauflage des Prozesses war es gekommen, weil der Bundesgerichtshof dem OLG Fehler im ersten Prozess bei der Beweisaufnahme nachgewiesen hatte. Das Amtsgericht Frankfurt hatte jüngst eine Bußgeldzahlung gegen den Autobauer wegen des angeblichen Fehlverhaltens beim Schrempp-Rücktritt abgewiesen.

Knackpunkt des Rechtsstreits ist, ob bereits vor Veröffentlichung der Mitteilung eine «hinreichenden Wahrscheinlichkeit» für den Personalwechsel von Schrempp zu Zetsche bestand. Diese Definition nach dem Wertpapierhandelsgesetzes und die Unterscheidung zwischen einer «hinreichend wahrscheinlichen Absicht» und einer «möglichen Absicht» ist entscheidend für die Beurteilung des Falls: Hat ein börsennotiertes Unternehmen konkrete Pläne, die den Kurs beeinflussen können, müssen diese nämlich unverzüglich in einer adhoc-Mitteilung veröffentlich werden.