Eurovisions-Finale Eurovisions-Finale: Dänemark gewinnt Song Contest

Malmö - 0.28 Uhr Loreen gratuliert Emmelie de Forest, jetzt gibt’s noch mal den Siegertitel „Only Teardrops“.
Na dann: bis dann.
0.25 Uhr Dänemark 281 Punkte, Aserbaidschan 234, Ukraine 214. Deutschland landet mit 18 Punkten auf dem 21. Platz.
0.20 Uhr Der Vorsprung ist nicht mehr einzuholen, Dänemark gewinnt den ESC 2013. Glückwunsch an Emmelie de Forest!
0.14 Uhr 30 Länder sind durch, Dänemark jetzt klar vor Aserbaidschan und der Ukraine; man trifft sich zur europäischen Gesangsrallye wohl 2014 in Kopenhagen.
0.10 Uhr Lena Meyer-Landrut verkündet die deutschen Punkte. Zehn für Dänemark, zwölf für Ungarn. Die höchste Wertung aus Deutschland beweist: Geschmack. Cascada auf Platz 19.
0.01 Uhr 20 Länder haben verkündet, wer ihr ESC-Superstar für ein Jahr werden soll: Dänemark vor der Ukraine und Aserbaidschan. Tendenz ist klar; die dänische Waldfee liegt prima im Rennen.
23.49 Uhr Zehn von 39 Ländern haben gewählt: Dänemark vor Aserbaidschan und Norwegen; Deutschland in der unteren Tabellenhälfte. Zeichnet sich jetzt schon ab: Das ist unter Wert, der Auftritt von Cascada war okay.
23.39 Uhr 50 Prozent der Stimmen kommen vom Televoting, die andere Hälfte bestimmen die jeweiligen Länderjurys. San Marino legt los: Griechenland vor Malta und Frankreich. Heißt noch nix. Hoffentlich.
23.35 Uhr Stimmberechtigt sind auch die Länder, die in den Halbfinals ausgeschieden sind.
23.26 Uhr Petra Mede mit einem launigen Lied über Schwedenklischees, inklusive Elchgeweih-Ballett. Hübsch selbstironisch. Ein richtiges Miniatur-Musical, was hier gerade abgefackelt wird.
23.19 Uhr Schnelldurchlauf Nummer zwei. Wenn die politischen Verhältnisse in Ungarn doch auch so sympathisch wären wie der Song von ByeAlex. Sind sie aber nicht. Moderatorin Petra Mede jetzt im neuen Outfit. In den schwedischen Nationalfarben plus eine weiße Pelzstola. Vermutlich: Kaninchen.
23.10 Uhr Bevor die Abstimmung startet: Auftritt Loreen. Mit Federpuschelflügeln und wieder barfuß. Letzteres spricht für eine gewisse Konstanz in ihrem künstlerischen Wirken. Singt zwei neue Songs, die Siegerin von 2012. Hebt bei Song Nummer zwei ab gen Hallendecke. Schwebt. Hoffentlich halten die Karabinerhaken. Tun sie. Jetzt als Gimmick dran: Hebebühne. Plus mordsmäßig langer Flitterflatterumhang und natürlich: „Euphoria“.
23.04 Uhr So, geschafft. Ermattet liegen wir im emotionalen Ermüdungsbecken. Um da wieder rauszukommen, könnten ein paar Tipps helfen, die wirklich was mit Musik zu tun haben. Also sozusagen im Gegensatz stehen zu den meisten ESC-Beiträgen. Und bitteschön: John Grant „Pale Green Ghosts“; Vampire Weekend „Modern Vampires Of The City“; The National “Trouble Will Find Me”; The Phoenix Foundation “Fandango”; David Lemaitre “Latitude”. Gern geschehen.
23.00 Uhr Sieben ESC-Siege hat Irland bisher einfahren. Ist damit Rekordhalter. Unser Lieblings-Spitzschwanzguppy schwimmt uns gerade in seinem 1000-Liter-Becken vor: Heute kommt keiner dazu. Danke, da wären wir auch selber drauf gekommen. Schon wieder am Start, und zwar inflationär: Trommler. Sind schwersttätowiert und muskelbepackt wie Hafenarbeiter und trommeln sich auf kleinen, mittleren und großen Trommeln die nackten Oberkörper schweißnass. Sehen alle aus, als seien sie als Kinder in einen Topf mit Anabolika-Suppe gefallen. Der Kontrast dazu: Ryan Dolan am Gesang. Dünnes Bürschchen, dünnes Stimmchen, dünne Dancepop-Nummer. Kann sich mit dem Outfit – schwarzes Knautschlackleder über weißem T-Shirt – problemlos in diesem Sommer weltweit von CSD zu CSD singen. „Der kleine irische Bruder von Michael Wendler“, analysiert Peter Urban. Donnerlüttchen.
Irland: Ryan Dolan „Only Love Survives“
22.56 Uhr Are you ready for Turteltäubchen-Alarm? Dann bitte, hier isser: Mann singt Frau an, Frau singt zurück, Mann singt Frau an, Frau singt zurück – und dann alles noch mal auf Anfang und von vorn. Natürlich nicht ohne Tonartwechsel vor der allerletzten Gefühlssteilkurve. „Waterfall“ mit Sophie und Nodi ist Zuckerwatte mit Popcorn, ist Bratapfel mit gebrannten Mandeln, ist Red Bull mit Sahne. Also ein üppiges Arrangement, vor allem etwas und vor allem: von allem viel zu viel. Klassische ESC-Ballade, an Vorhersehbarkeit und Langweile schwerlich zu überbieten. Wir gehen mal kurz auf den Balkon. Es gähnt sich da einfach erfrischender als drinnen.
Georgien: Sophie und Nodi „Waterfall“
22.52 Uhr Endlich mal ein Song, der nicht nur modern gemeint ist. Sondern wirklich up to date. „I Feed You My Love“ pluckert am Puls der Gegenwart. Elektrobeatgewitter. Dargeboten mit blondem Lächeln und Gefrierbrandcharme. Angemessen also. Song wirkt im ESC-Kontext verstörend. Liegt aller Wahrscheinlichkeit nach an seiner Qualität. Ginge auch bei The Knife und Robyn durch, der Song von Margaret Berger. Ob es schwierig war, die Extensions an ihr Haupthaar zu friemeln? Oder war’s kniffliger, die Norwegerin vor dem Auftritt in das Kleid einzunähen? Heißes Stöffchen jedenfalls, bei dem nicht viele Fragen offen bleiben. Geheimnisse gibt’s da eher nicht. Weibliches Outfit des Abends!
Norwegen: Margaret Berger “I Feed You My Love”
22.48 Uhr Die Tolle: ein gelungenes Mashup aus den bekanntesten Frisuren von Prince und Willy DeVille. Das Bärtchen, der Look, die Gesamterscheinung: jederzeit bereit für das Cover der GQ. Der Song: eine Eins-a-Tränentreiber-Ballade, ein Pathos-Bömbchen, große Gefühle in Musik gegossen. Damen, Herren, Unentschiedene: Marco Mengoni für Italien. Mit einem prima Song, „L’essenziale“. Und in einem fabelhaften Anzug. Signore Mengoni ist der Gewinner des Sanremo-Festivals 2013. Schafft es, selbst in der Halle von Malmö das Raumspray der Romantik zu verteilen. Steht ganz allein auf der Bühne – und er füllt sie mit seiner Präsenz. Erneut ein überaus erfreulicher Beitrag aus Italien; anno 2011 schaffte es Raphael Guallazi mit „Madness Of Love“ ja bis auf Platz zwei. Marco Mengoni, der Eros Ramazotti für die Generation #Hashtag.
Italien: Marco Mengoni „L’essenziale“
22.44 Uhr: Ach du liebes Lieschen, was ist das denn? Quasimodos zu groß geratener Bruder – ist der 2,30, 2,40 oder doch drei Meter zwanzig lang? Hoffentlich geht’s dem gesundheitlich gut. Trägt jedenfalls eine kleine Frau auf die Bühne und parkt sie auf einem Sockel. Warum? Vermutlich, weil sie in dem engen Schlauchkleid keinen Zentimeter gehen kann. Oder handelt es sich um eine postmoderne Version von „King Kong und die weiße Frau“? Und ist der Sockel, auf dem die Lady lossingt, ein Hinkelstein aus der B-Sortierung? Wenn dem so ist: Wo ist Obelix, wenn man ihn mal dringend braucht? Malt beim Singen schöne Sinuskurven in die Luft, die Zlata. Vielleicht geht sie aber auch noch mal die wichtigsten Bastelschritte für einen Traumfänger durch. Wer weiß das schon so genau? Inszenierung und Stimme bilden jedenfalls ein stabiles Gegensatzpaar. Show: bombastisch. Gesang: mickrig. Ballade mit Discobeats springt nassforsch in den Musical-Pool.
Ukraine: Zlata Ognevich „Gravity“
22.41 Uhr: Ganz schön alt geworden, der Panaiotis Sarikakis. Und die Haare auf dem Kopf werden auch nicht mehr. Naja, Hauptsache seine Elena hält weiter zu ihm und liebt ihn auch mit Glatze. Und ein schönes Gesicht braucht eben Platz. Nein, heute ist noch nicht „Lindenstraße“. Aber Agathonas Iakovidis sieht ein bisschen so aus wie der Wirt aus der ARD-Dauerwurstserie. De facto ist er aber ein Star des Rembetiko, einem traditionellen griechischen Musikstil. Und die kleine Klampfe, auf der er tapfer zupft, heißt Mpaglamandaki. Der Rest der Performance ist nicht mal halb so kompliziert wie der Name des Saiteninstruments. Gewagtes Crossover, das Griechenland da an den Start bringt. Die ADHS-Männlein mit den Kilt-ähnlichen Röcken sind Koza Nostra, eine bekannte Ska-Band. „Keine Macht den Drogen“ gilt bei der Kombi nicht. Die schlichte Botschaft: „Alcohol Is Free“. Könnte einen neuen Keil zwischen Griechenland und den Rest von Europa treiben, dieser Song. Saufen für lau, yippie yeah! Sollte Griechenland gewinnen, geht das nächste Jahr alles auf den Deckel der EU. Demnächst sicher auch beim Après-Ski in Ischgl, das Machwerk. Und Tantiemen gehen natürlich auch an die Band Gogol Bordello. Na dann: Prost. Bierchen muss jetzt sein. „Musikalisch ein Volltreffer“ – auch ein Peter Urban kann irren.
Griechenland: Koza Mostra & Agathonas Iakovidis “Alcohol Is Free”
22.37 Uhr: Funfact vorab: Die Mutter von Farid Mammadov war erfolgreiche Olympionikin. Holte, seinerzeit noch für die Sowjetunion, Silber im Turnen. Ihr Sohnemann ist da ein bis zwei Schritte weiter: Er lässt turnen. Typischer ESC-Schabernack. In einem Plexiglaskasten klemmt sich ein Mann in Schwarz zwischen die Seitenwände, steht urplötzlich auf dem Kopf, macht das Unten zum Oben. Herr Mammadov steht derweil auf dem Kasten. Soll der Plexiglaskastenmann sein Alter Ego sein? Herr Mammadov ist inzwischen vom Plexiglaskasten herabgestiegen. Ist jetzt bewegungssimultan mit dem Plexiglaskastenmann. Sieht aus wie Synchronschwimmen ohne Wasser, dafür aber mit Gesang. Im Plexiglaskasten regnet’s jetzt Blütenblätter. Und eine Lady in red tanzt urplötzlich auch noch mit. Mit einer mordsmäßig langen Schleppe am roten Fummel. Alles in allem: alberne Inszenierung. Lenkt leider nicht genug von der Powerballade ab.
Aserbaidschan: Farid Mammadov „Hold Me“
22.32 Uhr: Kinder, wie die Zeit vergeht! Ruft Tante Ingrid gerade aus dem Esszimmer. Schön, wenn sich die Familie beim ESC-Ticker so einbringt. Und zwar in einer Tour. „Was ist der kleine Lord groß geworden“, sagt sie, die Tante Ingrid. Und: „Ich hab’ nichts gegen lange Haare, aber gepflegt müssen sie sein.“ Okay, der Poposcheitel ist diskussionswürdig. Stuck in the 80ies, analysieren wir mal auf die Schnelle. Erstaunlich allerdings, dass Eythor Ingi Gunnlaugsson mit 23 noch in seinen Konfirmationsanzug passt. Scheint beim gleichen Schmuckdealer einzukaufen wie der Klassikpopkitschgroßhänder David Garrett. Diese Ringe! Diese Armbänder! Aber halt: Keine weiteren Vergleiche mit dem Teufelsgeiger Garrett, diesem fiesen Rock’n’Roll-Simulanten. Das hier hat Linie und Stil und weiß, was es will. Große, ausufernde Ballade, traditionelle Wolkenvomhimmelsingmusik. Und Wolken gibt’s in Island ja wahrlich genug. Sehr stark gesungen. Die Töne und Eythor – gute Freunde kann niemand trennen.
Island: Eythor Ingi Gunnlaugsson “Ég Á Líf”
22.28 Uhr: Hui, da hat bestimmt eine ganze Armee Imageberater dran gearbeitet. Emmelie de Forest aus und für Dänemark. Sieht aus wie ein Crossover aus Lumpenfee, Hippiemädchen und dem, was aus dem Genpool von Shakira auf die Schnelle noch zu haben war. Gilt mit „Only Teardrops“ als die Favoritin auf den Sieg, die Emmelie aus dem Wald. Was leider fehlt: ein paar Aufklebe-Tattoos. Tribals. Delfine. Zirkuspferdchen. So was in der Art. Klassische Barfußsängerin. Hat Tradition beim ESC. Spätestens seit Sandie Shaw 1967 auf nackten Füßen mit „Puppet On A String“ gewonnen hat. Man möchte ihr sofort eine warme Milch mit Honig kredenzen, der Emmelie. So cute, wie die 20-Jährige im dünnen Kleidchen auf dem Bühnenboden sitzt. Guttenbergt mit dieser Pose ein bisschen. Vorjahressiegerin Loreen hat ihre Performance auch so begonnen. Ethno-Folkpop mit viel Getrommel. Ist ja überhaupt ein Trend beim ESC 2013. Es wird getrommelt, bis die Felle SOS funken. Die auf den Trommeln, und die in den Ohren. Wenn das Oskar Matzerath noch erlebt hätte. Und dann dieser Flötenschlumpf. Okay, der Mann hat keine blaue Haut und auch kein weißes Zipfelmützchen auf. Nervt aber trotzdem mehr als nur ein bisschen. Wo ist der Flötenspieler her, vom einem Mittelaltermarkt auf der Burg Satzvey? Jetzt aber: Goldregen! Emmelie als Sterntaler. Ist das märchenhaft oder ist das märchenhaft? Eben. Wir weinen keinen Fluss, wir flennen eine ganze Talsperre voll.
Dänemark: Emmelie de Forest „Only Teardrops“
22.24 Uhr: Klingt die ersten 40, 50 Sekunden ein bisschen verlullert. Ist ein Drei-bis-vier-Akkord-Song. Macht aber nix. Kommt nämlich dann schön langsam in Fahrt. Und bleibt ganz bei sich mit seinem leisen, schön schleichenden, groovigen Beat. Keine große Stimme, der ByeAlex. Der Look: Sieht als gebürtiger Ungar aus wie eine Schwabe aus Bietigheim-Bissingen, der auf Berlin-Mitte macht. Nerd-Brille, Vollbart, Wollmützchen. Waren die Leinenbeutel aus, oder was? Egal. Wirkt als Paket stimmig. Schöner Song. Hübsch auch die Cartoons auf den LED-Wänden. Hat die Schwester von ByeAlex alias Alex Márta fabriziert. Feine Familienbande, das. Als One-woman-Backgrundchor übrigens am Start: die Schwester von Pink. Auch das: Hämmerchen. Wir mögen das. Sehr. Auf einer Linie mit uns: das soziale Umfeld. Es nickt mit dem Kopf und wippt mit dem Fuß. Herrlichkeit.
Ungarn: ByeAlex „Kedvesem“
22.21 Uhr: So, die Gastgeber sind dran. Robin Stjernberg als Ein-Mann-Boyband. Dünnes Stimmchen, flache Dancepop-Nummer. Könnte summa summarum bedeuten: Viele Fingerabdrücke auf dem Smartphones von Mädchen. Muss es aber nicht. Ist jedenfalls für ein Land, in dem ABBA in Sachen Pop für ewig über allem schweben und das Musiker hat oder hatte wie The Ark, a-ha, die Cardigans und Lykke Li – to name only a few – viel zu wenig. Übrigens: Castingshows sind für den ESC in der Version 2013 das, was das Fußballinternat vom FC Barcelona für zukünftige Erfolgskicker ist: unerlässlich. Wobei man bei Robin Stjernberg, Überlebender der schwedischen Variante von „DSDS“, klar sagen muss: Das ist weit weg von Messi, das ist Rumpelfußgesang. Filigran ist da gar nichts – das Ding grätscht die Ohren weg wie früher Christian Wörns die gegnerischen Stürmer. Ob Robin Stjernberg denselben Friseur hat wie Mario Gomez? Checken wir gleich mal auf www.frisuren-desaster.com.org
Schweden: Robin Stjernberg „You“
22.16 Uhr: Jugendwahn in Great Britain. Im letzten Jahr ging das Mutterland des Pop mit Engelbert Humperdinck an den Start, der war 2012 flotte 76. 2013 heißt’s dagegen: younger, faster, tougher. Für Großbritannien: Bonnie Tyler, 61, die längst legendäre Königin des Friseusenrocks. In den 80ern galt für die Waliserin ja: I’m a singende Dauerwelle, eine Frisur findet nicht statt. Dafür ganz viel Reibeisenstimme. Klingt heute noch immer so, als hätte sie gerade mit Sägespänen gegurgelt, die Frau Tyler. Nicht nur die Stimme, auch ihr Gesicht hat eine Botschaft. Die lautet: Obacht beim Umgang mit Botox. Hat sichtlich mehr als einmal dabei nicht aufgepasst, die gute Bonnie. „It’s A Heartache“ und „Total Eclipse Of The Heart“ sind verdammt lange her. Heute ist die Frisur besser als in den 70ern und 80ern, aber die Songs nur noch lauwarm. Ihre Hits aus längst vergangenen Zeiten waren der gute Whisky, „Believe In Me“ ist leider nur noch Jim Beam. Engelbert ist 2012 Vorletzter geworden. Sollte für Frau Tyler zu toppen sein. Solide Popballade. Nicht mehr, nicht weniger.
Großbritannien: Bonnie Tyler „Believe In Me“
22.11 Uhr: Attention, ihr Menschen: Jetzt wird’s geschmacklich eng. Und zwar mehr als nur ein bisschen. Oder auch: So kann’s enden, wenn Graf Dracula und Graf Zahl einen trinken gehen. Und dann, die Lampen haben sie schon tüchtig an, laufen sie aus Versehen Harald Glööckler über den Weg. Der hat nix Besseres im Sinn, als die Grafen zum Shoppen zu überreden. Selbstredend in seiner Boutique. Cezar nennt sich der Mann, der die Grafen und Herrn Glööckler in persona gibt. Und als Lady Gaga aus Transsilvanien mit Kopfstimme kommt er uns auch noch. Ein optisch-akustisches Inferno. Auch kaum vorstellbar, aber echt wahr: Bei dem Countertenor wäre sogar Klaus Nomi noch blasser geworden. Und Klaus Nomi war auch ohne ESC schon sehr blass. Keine Frage: Cezar ist gelebter ESC-Irrsinn. Der komplett zu Ende ausgedacht ist. Die Magie der Hebebühne, der Countertenor, der gen Hallendecke fährt, die Tänzer in den Presswurst-Höschen, die Wallewalle-Tücher. Und das alles ohne LSD. Oder etwa nicht? Hier galoppiert der Wahnsinn auf Stelzen, nimmt zwei Schritte auf einmal und fällt trotzdem nichts aufs Maul. Unglaublich und leider wahr. „Modern Talking, wiedergeboren als Graf Dracula“. Wieder mal volle Wertung für: Peter Urban.
Rumänien: Cezar „It’s My Life“
22.07 Uhr: Erstmals seit 2004 wieder im Finale dabei: die Niederlande. Warum? Man weiß es nicht. Am Song von Anouk kann’s nicht liegen. Trauerkloßmusik de luxe. Die Frau, die sonst unter dem Etikett „Rockröhre“ läuft, singt über Vögel, die von den Dächern fallen. Wer will’s den Piepmätzen bei dem Lied verdenken? Der Sound: Apocalypse now. Kein Hook, keine Struktur, von Catchyness wollen wir erst gar nicht reden. Gut gesungen. Und es ist ja auch schön, wenn mal was aus dem ESC-Rahmen fällt. Dazu müsste man aber wissen: Wohin? Anouk, in den Niederlanden seit anderthalb Jahrzehnten ein Star, weiß das eher nicht. Warum um Himmels Willen müssen wir jetzt an die Grand-Prix-Nicole denken? Deswegen: „Flieg nicht so hoch, mein kleiner Freund, die Sonne brennt dort oben heiß“. Zurück in die anstrengende Gegenwart, back to „Birds“ von Anouk: Demnächst vielleicht als Tränentreiberunterlegmusik. Wenn Christine Neubauer in der „Degeto“-Produktion „Schaumküsse in Afrika“ als alleinerziehende Mutter auf einer einsamen Farm in Namibia drei süße Löwenbabys adoptiert. Wir freuen uns drauf. Und auch darüber, dass Anouk fertig ist.
Niederlande: Anouk „Birds“
22.00 Uhr: So. Der ESC heißt ab sofort wieder „Grand Prix Eurovision de la Chanson“. Ost und West stehen sich unversöhnlich gegenüber, die NATO hat was gegen den Warschauer Pakt. Gilt natürlich auch umgekehrt. Es ist 1977, im Fernsehen gab’s noch kein Sat.1 und RTL. Dafür aber den „Musikladen“. Und huch, so schnell kann’s gehen mit der Zeitreise. Auf der Bühne in Malmö ist auch 1977. Allenfalls. Wenn nicht gar 1975. On stage: eine Jeansrockband. Lieblingsfilm des Sängers: „Die drei Musketiere“. Jedenfalls orientiert er sich barttechnisch an d’Artagnan. Klassischster Classic-Rock. Geschrieben übrigens von Tony Iommi, Gründungsmitglied und Gitarrist bei Black Sabbath. Nehmen treffsicher jedes Klischee mit, die Dorians. Gniedelgitarre, Pyrotechnik, Spreizbeinrock. Ist es vorbei und wieder 2013? Sorry, wir mussten kurz unter die Sauerstoffdusche; Erfrischung war dringend nötig. Das soziale Umfeld stellt zur Diskussion: Ist es für Männer genauso aufregend, im Wirkungsraum einer Windmaschine zu stehen, wie es das für Frauen ist?
Armenien: Dorians “Lonely Planet”
21.56 Uhr: Zweimal Lena. Dann Roman Lob. Kann man von halten, was man will. Aber die beiden haben Deutschland beim ESC musikalisch und styletechnisch nicht blamiert. Ganz im Gegenteil. Und nun das. Welcome back for: Eurodancetrash. Und hello again für eine gewisse Wuchtbrummigkeit. Womit jetzt ausdrücklich nicht Natalie Horlers Gewicht gemeint ist – sie hat seit dem Vorentscheid deutlich abtrainiert. Also dann in aller Vollständigkeit: Natalie Horler mit dem Projekt Cascada und „Glorious“. Per Gutachten wurde dem Lied attestiert, dass es kein Plagiat ist. Klingt trotzdem wie eine missratene Autoscooter-Version von „Euphoria“, Loreens Siegertitel aus dem vergangenen Jahr. Gute Kopien sind jedenfalls pfiffiger. Anyway: Als White-Trash-Ikone ist die Figur, die Natalie Horler auf der Bühne gibt, europaweit eine Hausnummer. Das Outfit: körpernaher Glitzerfummel. Im Vergleich zum deutschen Vorentscheid: ein optisches Upgrade. Aber eben auch nur: im Vergleich dazu. Wie nennt man so etwas? Vokuhila-Kleid? Hybrid-Textilie? Vorne kurz, hinten lang, mit jeder Menge Glitzerglitzer. Und was ist das da hinten dran, ein Bürzel aus Tüll? In welcher Farbnuance? Fleischfarben?! Der Sound: Abfahrt, Großraumdisco, Halligalli. Kommt – zumindest in der Halle in Malmö – bestens an. Gute Performance.
Deutschland, Cascada „Glorious“
21.52 Uhr: Und noch eine Ballade. Why notski?, wie King Rocko Schamoni fragen würde. Gehört jetzt eigentlich nicht hierhin, musste aber raus. Zurück zum Thema: Wussten gar nicht, dass Katharina Wackernagel jetzt auch noch singt. Und dann auch noch für Russland. Wolkenvomhimmelsingmusik. ESC-Ballade vom ESC-Balladengrabbeltisch. Konventionellste Strickart. Vorschlag zum Pimpen: Wir imaginieren Dina Garipova einen verrückten Hut aufs brave Haupthaar – und schon kann sie eine Nebenrolle im Remake von „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ ergattern. „What If“ singt Frau Garipova. Ist was dran. Was wäre, wenn hinten raus nicht noch ein alter Schlagerkniff käme? Halbe Oktave höher, und schon steigt das Fieber auf dem Emotionsthermometer noch mal ein halbes Grad höher. Was wohl Buranowskije Babuschki jetzt gerade machen? Hoffentlich leben die russischen Omis alle noch, die kannten ja selbst Jopi Heesters noch aus Grundschulzeiten. Denken ein bisschen wehmütig an die Flickenteppich-Klamotten der Greisinnen, die letztes Jahr für Russland an den Start gingen. „Party for everybody, come on and dance“ war 2012. Hier und jetzt ist die Stimmung eher wie die Farbe des Kleides von Frau Garipova: lachsfarben. Beziehungsweise: wie ein Lachs, der seit zwei Tagen in der Sonne liegt. Wir wagen eine Prognose: Top 5.
Russland: Dina Garipova „What If“
21.46 Uhr Was für ein knuffiger Dauergrinsekater. Gianluca Bezzina ist von Beruf Kinderarzt. Behauptet Peter Urban. Der Mann hat aber auch immer die heißesten Infos auf Lager. Ist auf jeden Fall die Kuscheldecke des Wettbewerbs 2013, dieses „Tomorrow“. Pop mit Niedlichkeitsfaktor 10. Oder auch: Jack Johnson ohne Surfbrett und Flip-Flops, dafür aber mit ausgeprägten Augenbrauen. Augenbrauen – remember Belgien – liegen ja schwer im Trend beim ESC in Malmö. Genau wie inflationäres Getrommel. Auf das verzichtet die Rasselbande um den Mann aus Malta zum Glück. Sehen allesamt aus, als hätten sie ein paar Wochen lang Ferien mit den Kindern aus Bullerbü gemacht und dabei nur Glückskekse gefuttert. Keine große Stimme. Aber für einen Kinderarzt nicht schlecht. Wir behaupten mal keck: Europaweit können 95,43 Prozent aller Kinderärzte nicht so singen wie Gianluca Bezzina. Zum Schluss wird ein Harmoniedenkmal gebaut. Sitzen alle friedlich auf einer Bank und gucken extrem glücklich aus der Wäsche. Pleite hin oder her: Beim ESC ist Malta ein Ponyhof. Eskapismus in seiner bravsten Form.
Malta: Gianluca Bezzina “Tomorrow”
21.44 Uhr: Shakira-Abklatsch Nummer 243, diesmal das Modell aus Weißrussland. Dargeboten von Alyona Lanskaja. Die hat den Vorentscheid in ihrem Heimatland gewonnen, aber nicht mit „Solayoh“. Sondern mit dem Lied „Rhythm Of Love“. Wurde dann aber mir nix, dir nix ausgetauscht. Streng nach dem Motto: Bleibt alles anders. Die Interpretin ist dieselbe, der Song neu. Wenn da mal nicht wieder der sympathische Diktator und international anerkannte Populärmusik-Experte Alexander Lukaschenko seine Finger im Spiel hatte, im Nebenjob auch Präsident von Weißrussland. Das Liedchen: komplett abgekupfert aus den ESC-Handbüchern der Jahrgänge 2000 bis 2005. Begehbare Diskokugel trifft Ethno-Rhythmen und Latin-Pop, als Sättigungs- und Nervenzusammenbruchsbeilage: tribalartiges Getrommel. Das „Da ist das ganze Lametta von früher“-Kleidchen von Frau Lanskaja: nur ein bisschen mehr als nackt. Viel Haut, wenig Gesang. Als berufliche Alternative schlagen wir vor: Strumpfhosen-Model. Zum Schluss noch eine medizinische Fachfrage: Die Tänzer in ihren windelartigen Textilien haben beide erst kürzlich eine Hüft-OP überstanden, oder? Würde nicht nur einiges erklären. Sondern fast alles. Weiterhin: Gute Besserung! „An die Choreografie muss Jorge Gonzalez noch mal ran.“ Wie wahr, Peter Urban, wie wahr.
Weißrussland: Alyona Lanskaja „Solayoh“
21.41 Uhr: Klassisches ESC-Liedchen. Balladeneselpower. Dargeboten von einer Sängerin, die hörbar vom Musical kommt. Wir spendieren dem König der Löwen ein Ticket für den Starlight Express und setzen ihn auf die Gästeliste für das Phantom der Oper. Singt auf Estnisch, die Birgit. Sieht dabei aus wie Schneewittchen ohne Sarg. Und die sieben Zwerge sind auch nicht vorrätig. Dafür aber drei Herren in schwarzen Anzügen. Wirken, als müssten sie gleich noch zur Vorstandssitzung der örtlichen Sparkasse. Fangfrischer Funfact aus der Styling- und Mode-Redaktion: Birgits Kleid wurde aus diversen Lampenschirmen zusammengetackert. An dieser Stelle auch ein großes Dankeschön an die Elektroartikelabteilung der Ikea-Filiale in Tallinn. War sicher nicht ganz einfach. Und bestimmt viel Arbeit. Erwähnten wir schon, dass Frau Õigemeel schwanger ist? Wir wünschen dem ungeborenen Kind für seinen späteren Lebensweg auf jeden Fall aufregendere Musik. Dürfte nicht allzu schwierig werden.
Estland: Birgit Õigemeel „Et Uus Saaks Alguse“
21.39 Uhr: Das isser! Das muss er einfach sein! Endlich wieder aufgetaucht: der lange verschollene uneheliche Sohn der irischen Heulboje Chris de Burgh. Wir verlangen einen DNA-Test, direktemang auf der Bühne. Hat der Mann, der sich Roberto Bellarosa nennt und für Belgien „Love Kills“ singt, bestimmt nix gegen. Weil: Wird ja vieles einfacher, wenn man öffentlich zur Wahrheit stehen kann. Obwohl: Braucht’s einen DNA-Test, bei diesen Augenbrauen? Nö. Das Geld können wir sparen. Hat die belgische Version von „The Voice“ gewonnen, der Roberto. Da war der Papa – also Chris de Burgh, der kecke Schwiegermuttertröster – sicher stolz. Haben wir schon was zum Lied gesagt? Nein? Machen wir auch nicht. Ist der größte Gefallen, den wir Roberto Bellarosa tun können. Selbiges gilt natürlich auch für alle Lieder von Chris de Burgh. Obwohl der besser singen kann als der Roberto. Trotzdem: Da fällt der Apfel nicht weit vom Birnbaum, gell.
Belgien: Roberto Bellarosa „Love Kills“
21.35 Uhr: Das ist mal gelebte musikalische Globalisierung. Spaniens Beitrag beginnt mit einem Dudelsack-Intro. Ist ein bisschen wie Paella mit Haggis. Kann man machen, muss man aber nicht. Im Video zum Song reitet die Sängerin mit wehendem Haupthaar an einer Küste entlang. Auf einem Schimmel. Zu schade, dass Pferde auf der ESC-Showbühne anscheinend nicht erlaubt sind. Oder wie sonst ist die Absenz des edlen Gauls zu erklären? Fury in the slaughterhouse? Hoffentlich nicht. Beginnt als zarte, fast zerbrechliche Folkpop-Nummer, dieses „Contigo hasta el final“. Wird dann flott und flotter. Guter Song im überwiegend wahnwitzigen ESC-Kosmos. Als Paket aber wohl zu unspektakulär. Und leicht windschief gesungen. Barfuß. Im kanarienvogelgelben Flitterflatterkleidchen. Womit wir wieder bei dem Pferd wären – das könnte es rausreißen. Ein Musikleben im Konjunktiv aber ist keins. Daher völlig zusammenhanglos noch ein Funfact am Rande: Sängerin Raquel del Rosario ist die Ex-Frau von Formel-1-Fahrer Fernando Alonso. Warum das Paar sich 2011 getrennt hat, ist nicht bekannt; wir vermuten mal: Sie fand es dumm und dümmer, dass ihr Fernando als erwachsener Mann immer nur im Kreis fährt.
Spanien: El Sueño de Morfeo „Contigo hasta el final“
21.31 Uhr: Muss sich Nadine Krüger was dazu verdienen? Hat ihr das ZDF bei „Volle Kanne“ das Honorar gekürzt? Mitnichten! Aber Krista Siegfrids sieht schon ein bisschen so aus wie die Morgenmamsell des Mainzer Senders. Singt einen Plastikpopsong, der in jedem Hyperaktivitätstakt schreit: Jawollja, das ist Katy Perry für Reihenhausbesitzer, die’s mal so richtig krachen lassen wollen. Aber nur bis 22 Uhr, dann ist Nachtruhe. Das Outfit von Frau Siegfrids: ein Albträumchen in pink und weiß. Und „Marry Me“, das Liedchen: unbedingt ein Plädoyer für die wilde Ehe – oder kann man ernsthaft so eine Trash-Hochzeit wollen? Außerdem: Zu viel „Ding Dong“ macht plemplem. Dazu: Tänzer mit Zorro-Masken. Tänzerinnen mit knallroten Plastikschürzen. Warum nur, warum? Da wünscht man sich doch mehr als nur ein bisschen wehmütig Lordi herbei. Die Zombie- und Monster-Masken der finnischen ESC-Gewinner von 2006: eine Augenweide gegen das hier. Und zum Schluss noch dieser peinliche Skandalisierungsversuch: ein Kuss von Frau zu Frau. Mit ohne Zunge. Aha, eine Lesbenhochzeit. Und wenn schon: voll okay, kein Ding. Es ist 2013. Und wir sind hier beim ESC, dem queersten Musikfest der Welt
Finnland: Krista Siegfrids “Marry Me”
21.24 Uhr: Sorry, das müssen wir der EU-Umweltkommission melden. Und zwar sofort. Was ist das denn bitte für eine Ozonlochfrisur? Und wie dünn ist Aliona Moon in echt? Fernsehen macht ja bekanntlich drei bis fünf Kilo dicker, dann ist die Frau hart an der Grenze zur Magersucht. Und das Haarspray auf ihrem Kopf mindestens halb so schwer wie der ganze Mensch. Allein der Hintern von Jennifer Lopez entspricht in etwa… lassen wir das. Das Lied: ESC-Balladen-Ware von der Stange. Eher C&A als H&M. Also mehr Charme und Anmut als Hasi und Mausi. Schwer gediegen, die singende Barbie-Taille mit „A Million“. Der ESC-typische Schabernack – hier: die Magie der Hebebühne – reißt’s da auch nicht raus. Die Frau wird hochgefahren, das Kleid wird lang und länger, dann wird eine Feuersäule auf den Stoff projiziert. Immerhin: keine Trommler auf der Bühne. Kann man heute Abend gar nicht genug wertschätzen. Sie werden’s erleben.
Moldawien: Aliona Moon „A Million“
21.21 Uhr: Auch ein altes ESC-Schlachtross liegt nicht immer richtig. „Der Beitrag aus Litauen orientiert sich am 80er Sound von Depeche Mode und den Stranglers“, orakelte Peter Urban beim ersten Halbfinale. Macht er jetzt auch. Schön wär’s. „Something“ von Andrius Pojavis ist 08/15-Schullibulli-Pop. Ganz gleich, ob aus den 80ern, 90er und oder Resten von heute zusammengelötet. Ein Hämmerchen aber ist die Bühnen-„Performance“: Selten hat man einen Künstler gesehen, der daran so seltsam unbeteiligt wirkt. Kann sein, dass Herr Pojavis grad an was Wichtigeres denkt. Dass er den Wagen mal wieder waschen müsste. Dass er wirklich furchtbar gerne Weinbrandbohnen isst. Dass er sein Hotelzimmer in Malmö wirklich sehr unordentlich hinterlassen hat. 99,89 Prozent aller weltweit installierten Trinkwasserspender bewegen sich zu Musik übrigens eleganter als der Mann aus Litauen. Wenn wenigstens ein paar Fäden zu sehen wären. Dann könnte man den Auftritt unter „quicklebendige Marionette“ verbuchen. „Er singt da tatsächlich, ich habe zwei Schuhe“, merkt Peter Urban an, „der eine heißt Liebe, der andere Schmerz. Ich glaube, der Schmerz war stärker. Ich verspreche Ihnen: Es wird besser.“ Peter Urban, twelve points.
Litauen: Andrius Pojavis „Something“
21.16 Uhr: Und los geht das. Bloß nicht gleich in die Klischeefalle tappen. Frankreich. Ulala, chou chou und fou fou. Chanson, na klar. Aber einer mit einer schön rockigen Twang-Gitarre. Und der Beat rumpelt auch hübsch. Amandine Bourgeois. Ist, wie so viele beim ESC in der Version 2013, Überlebende einer Castingshow. Singt „L’enfer et moi“, also „Die Hölle und ich“. Möchte wohl eigentlich noch verruchter und gefährlicher rüberkommen. Klappt aber live nicht so ganz. Ist dann doch eher herzlich als richtig hart. Verdammt lange her, mit dem Französisch-Unterricht in der Schule, da gab’s noch den Franc und die D-Mark. Geht aber wohl um eine Amour fou. Himmelbett, Himmel und Hölle, Liebesfegefeuer. Text soll wohl so klingen, als hätte Madame Bourgeois „Shades Of Grey“ quergelesen. Aber ob sie das Buch richtig verstanden hat? Ist augenwärts vor dem Auftritt auf jeden Fall in einen Eimer Kajal gefallen, die Madame Bourgeois.
Frankreich: Amandine Bourgeois „L’enfer et moi“
21.09 Uhr: Gastgeberin des Abends ist Petra Mede, schwedischeKomikerin, Fernsehmoderatorin und Schauspielerin – und in Skandinavien auch beliebt als Stand-up-Comedian. Ihr Kleid: ein Albträumchen in rosa. Miss Piggy wäre hin und weg. Das Motto der Veranstaltung: „We Are One“.
21.04 Uhr: Geht los mit einem Song, den Björn und Benny von ABBA komponiert haben, „We Write The Story“. Feierlicher Auftakt, großer Chor, Pathos-Bömbchen. Einmarsch der teilnehmenden Nationen. Ziemlich staatstragend, das alles. Alte Showbiz-Regel: Starte mit einem Erdbeben – und steigere dich dann langsam. Auf der Bühne sind jetzt nicht nur die 26 Finalisten, sondern auch die Künstler, die in den Halbfinals ausgeschieden sind. Macht zusammen: 39 Ländervertreter.
21.01 Uhr: Noch viel wichtiger für den ESC als „Das Wort zum Sonntag“: Peter Urban, der Godfather der feinen Ironie und zementstaubtrockenen Zwischentexte. Gut, dass der Mann wieder als Reporter am Start ist.
20.52 Uhr: Das Wort zum Sonntag. Läuft immer vor dem Finale des ESC. Der ESC ist quasi ohne „Das Wort zum Sonntag“ gar nicht gültig. Zumindest in Deutschland. Pfarrer Stefan Claaß verquirlt gesellschaftliche Missstände mit der Bibel und schlägt ein paar Haken zum Gesangswettbewerb. „Ich glaube, dass der Heilige Geist mit Träumen arbeitet“, sagt der Geistliche. Ob er die beiden Halbfinals gesehen hat und weiß, was uns im ESC-Finale erwartet? Kann ja sein, dass der Glaube hilft – wir bezweifeln allerdings stark, dass er einen komplett über das hinwegrettet, was uns jetzt bevorsteht.

