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Europa Europa: Einigung auf neues Chemikalienrecht

01.12.2006, 14:09

Brüssel/dpa. - Europas Chemie-Industrie muss mehr als 30 000 Alt-Stoffe auf die Gefährlichkeit für Mensch und Umwelt prüfen lassen.Bevor eine besonders gefährliche Chemikalie zugelassen wird, mussgeprüft werden, ob ein harmloserer Ersatzstoff verfügbar ist. Dassind Kernpunkte eines Kompromisses von EU-Staaten undEuropaparlament, der in der Nacht zum Freitag in Brüssel besiegeltwurde. Eine endgültige Zustimmung vom EU-Ministerrat - dort sind dieStaaten vertreten - und dem Parlament steht noch aus. Umweltschützerkritisierten den Kompromiss.

Von der Regelung werden Chemikalien erfasst, die vor 1981 auf denMarkt gekommen sind. Das sind ungefährt 100 000 Stoffe, von denenetwa ein Drittel nun überprüft wird. Seit 1981 müssen Chemikaliengetestet werden. Tausende Produkte wurden seitdem geprüft.

Falls der vereinbarte Fahrplan eingehalten wird, soll die neueVerordnung vom 1. Juni 2007 gültig sein, teilte die EU-Kommissionmit. Die Industrie muss dann schrittweise ihre Stoffe registrierenund testen zu lassen. Dafür müssen die Firmen selbst zahlen. DieBranche rechnet nach früheren Angaben mit Kosten von rund achtMilliarden Euro.

EU-Parlamentarier begrüßten den Kompromiss. Es sei ein Ausgleichzwischen dem Gesundheitsschutz für die Bevölkerung und dem Erhalt derindustriellen Wettbewerbsfähigkeit Europas gelungen. Es werde jedochmehr Tierversuche geben, da mehr Tests nötig seien.

Ein erfolgreicher Abschluss für die Verordnung sei nahe, sagte derverantwortliche Berichterstatter des Parlaments, Guido Sacconi. Mitder REACH genannten Verordnung liege die Beweislast für dieSicherheit der Produkte nun bei der Industrie.

Eine Schlüsselfrage sei die Genehmigung von rund 2000 gefährlichenSubstanzen. Diese können laut Kompromiss nur genehmigt werden, wenndie Hersteller Pläne für deren Ersatz machen. Falls es keineAlternative zu einem gefährlichem Produkt gibt, müssten UnternehmenForschungs- und Entwicklungspläne vorlegen. Alle Genehmigungen sollenzeitlich befristet werden. Als gefährliche Stoffe gelten unteranderem Substanzen, die Krebs erregen, Gene schädigen oder dieFortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen.

Für die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse eines Unternehmens, diebei einer Registrierung übermittelt werden, muss sechs Jahre langVertraulichkeit gewahrt werden. Die neue Gesetzgebung wird 40bestehende Vorschriften ersetzen. Die Vorschriften werden auch fürimportierte Stoffe gelten.

Die Grünen im Parlament kritisierten die Vereinbarung. DieAbgeordnete Hiltrud Beyer erklärte, das Parlament sei vor derdeutschen Chemieindustrie eingeknickt. Die meisten gefährlichenSubstanzen sollten weiterhin am Markt bleiben, auch wenn machbareAlternativen existierten. Die EU-Staaten wollen in der kommendenWoche zu dem Kompromiss Stellung nehmen; die Vollversammlung desParlaments will am 13. Dezember entscheiden.