Escada-Insolvenz schockiert die Börse
München/dpa. - Am Mittwoch informierte der Vorstand den Aufsichtsrat und die rund 2300 Beschäftigten über die Notlage des Unternehmens und stellte die Weichen für die Insolvenz. Wann der Antrag beim Amtsgericht München eingereicht wird, stehe aber noch nicht fest, sagte ein Firmensprecher in München. In Branchenkreisen wird damit am Donnerstag gerechnet. An der Börse sorgte die Nachricht für einen Schock: Die Aktie brach um mehr als 50 Prozent auf 0,72 Euro ein.
Escada war in den 1980er Jahren die weltweit bekannteste Damenmodemarke. Wegen hausgemachter Probleme und Managementfehler steckt das Unternehmen aber seit Jahren in Schwierigkeiten. Nach mehreren Vorstandswechseln kam im vergangenen Jahr der frühere Hugo- Boss-Chef Bruno Sälzer als Saniererer zu Escada, aber auch er konnte die Firma angesichts hoher Verluste und eines Schuldenbergs nicht mehr retten.
Sälzer hofft darauf, dass Escada auch nach der Insolvenz eine Zukunft hat. «Der Vorstand beabsichtigt, sein operatives Konzept zur Neuausrichtung von Escada, das seit Mitte 2008 umgesetzt wird, dem vorläufigen Insolvenzverwalter vorzustellen», kündigte er an. Sälzer hatte erst vor wenigen Wochen die erste Kollektion unter seiner Leitung vorgestellt, mit der er nach jahrelangem Frust wieder den Geschmack der Kundinnen treffen wollte. Unter seinen Vorgängern waren viele frühere Stammkundinnen abgesprungen, weil ihnen die Mode nicht mehr gefiel.
Im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2008/09 (31. Oktober) war der Umsatz bei Escada um 16 Prozent auf 248 Millionen Euro gesunken, der Verlust lag bei 91,7 Millionen Euro nach 8 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum.
Zuletzt hatte das Unternehmen versucht, die Pleite durch den Umtausch einer Anleihe abzuwenden und sich damit von einem großen Teil seiner Schuldenlast zu befreien. Die Umwandlung der Anleihe war der wichtigste Punkt im Notplan für Escada. Von den Anlegern hatte das Unternehmen erhebliche finanzielle Opfer verlangt: Das Umtauschangebot sah vor, dass ihnen nur noch 40 Prozent ihres ursprünglichen Einsatzes bleiben.
Darauf ließen sich nur 46 Prozent der Anleger bis zum Ende der Umtauschfrist am Dienstag ein. Damit wurde die angestrebte Quote von mindestens 80 Prozent deutlich verfehlt und die Insolvenz war nicht mehr zu vermeiden.
Sälzer bezeichnete das Ergebnis als bedauerlich, da Banken, Aktionäre und Mitarbeiter zuvor ihren Teil zur Restrukturierung beigetragen hätten. Die Gläubiger der Anleihe hoffen nun nach Einschätzung von Branchenkennern darauf, aus der Insolvenz heraus an mehr Geld zu kommen. Allerdings ist unklar, ob es Interessenten für eine Übernahme von Escada oder den Kauf der Marke gibt, die weltweit immer noch einen hohen Bekanntheitsgrad hat.
Aktionärsvertreter forderten die rasche Einberufung einer Gläubigerversammlung. Die Gläubiger hätten ein Recht darauf, zu erfahren, wie das Konzept zur Neuausrichtung des Escada-Konzerns nach einer Insolvenz aussehen solle, teilte die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) in München mit.