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Erste Schweinegrippe-Verdachtsfälle in Deutschland

28.04.2009, 11:25

Berlin/dpa. - In Deutschland werden derzeit drei Menschen mit Verdacht auf Schweinegrippe untersucht. Die drei - darunter ein Ehepaar - seien von einer Mexikoreise zurückgekehrt, sagte der Präsident des Robert Koch-Instituts, Jörg Hacker, am Dienstag in Berlin.

Sie seien teils im Krankenhaus, teils zu Hause in Süddeutschland isoliert worden. Zwei der Betroffenen gehe es «recht gut». In einem Fall hätten die Ärzte Symptome festgestellt, die nicht typisch für eine Grippe seien. Derzeit würden Schnelltests ausgewertet. Ob es sich um Schweinegrippe handele, solle am Abend oder spätestens an diesem Mittwoch feststehen.

Hacker sagte, grundsätzlich sei mit Schweinegrippe-Fällen in Deutschland zu rechnen. Gesundheitsstaatssekretär Klaus Theo Schröder betonte, es würde sich zunächst nur um Einzelfälle handeln, die schnell diagnostiziert und wohl auch erfolgreich behandelt werden könnten. Besorgnis erregend sei es, dass das Virus von Mensch zu Mensch übertragen werden könne. Insgesamt gebe es aber in Deutschland «keine konkrete Bedrohung». Schröder erläuterte, dass sich im Schnitt 9000 deutsche Touristen in Mexiko aufhielten.

Hacker sagte, das Virus habe das Potenzial einer weltweiten Ausbreitung. Auch die Begrenzung auf einzelne Weltregionen sei aber möglich. Es handele sich um ein neues Virus, dessen Erbgut sich auch weiter verändern könne. Schröder berichtete, in Deutschland könnten bei einer Verschärfung der Lage sofort Krisenstäbe eingerichtet werden.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) schloss eine weltweite Ausbreitung der in Mexiko aufgetretenen Schweinegrippe nicht aus. Der «Bild»-Zeitung sagte die Ministerin: «Dieses Risiko kann heute niemand genau kalkulieren. Es kann eine weltweite Grippewelle geben. Ich mache mir Sorgen, hoffe aber, dass meine Sorgen grundlos bleiben.» Die SPD-Politikerin fügte hinzu: «Wir sind gut vorbereitet. Bund und Länder, Ärzte, Krankenhäuser und Rettungsdienste wissen genau, was sie im Ernstfall zu tun haben. Es gibt einen ausgearbeiteten Pandemieplan, der auch funktioniert, wie die Abstimmung der letzten Tage zeigt.»

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erhöhte wegen des erheblich verschärften Risikos für eine weltweite Ausbreitung der Krankheit ihre Alarmstufe. Ab sofort gelte Alarmstufe 4 statt bisher Alarmstufe 3, sagte der amtierende WHO-Generaldirektor für Gesundheitssicherheit und Umwelt, Keiji Fukuda, am Montagabend in Genf nach einer Sondersitzung einer Expertengruppe. Alarmstufe 4 heißt, dass ein neues Grippevirus von Tieren auch Menschen infizieren kann und von Mensch zu Mensch übertragen wird. Bei der höchsten Stufe 6 wird von einer weltweiten Ausbreitung des Virus, also von einer Pandemie ausgegangen.

Die Verschärfung betrifft das mutierte Schweinegrippevirus vom Typ H1N1. Die Behörden in den einzelnen Ländern sind angewiesen, eng mit der WHO zusammenzuarbeiten, damit die weitere Ausbreitung verhindert wird. Die WHO empfiehlt derzeit keine Reisebeschränkungen oder gar das Schließen von Grenzen, erklärte die Organisation auf ihrer Website. Wenn möglich sollten aber Reisen in gefährdete Gebiete vermieden werden. Es gehe grundsätzlich keine Gefahr vom Genuss gekochten Schweinefleisches und Produkten aus Schweinefleisch aus, hieß es weiter. Dagegen verschärfte das Auswärtige Amt in Berlin seine Reiseempfehlungen für Mexiko. «Von nicht unbedingt erforderlichen Reisen nach Mexiko wird derzeit abgeraten», hieß es auf der Internet-Seite.

Die Zahl der Grippetoten in Mexiko ist nach Angaben der Regierung in den vergangenen Tagen langsamer angestiegen. Gesundheitsminister José Ángel Córdova sagte am Montagabend (Ortszeit) vor der Presse in Mexiko-Stadt, am Samstag seien sechs, am Sonntag fünf und am Montag drei mit dem Schweinevirus Infizierte gestorben. Am Morgen hatte er gesagt, das die Zahl der Opfer zunehmen werde. Insgesamt sind in Mexiko bis zum Montag 149 Menschen an Grippe gestorben. Bei wie vielen davon das neue, mutierte Schweinegrippevirus H1N1 nachgewiesen wurde, teilte die Regierung nicht mit.

Mediziner in Spanien und Großbritannien wiesen am Montag das mutierte Virus H1N1 bei insgesamt drei kürzlich zurückgekehrten Mexiko-Reisenden nach. In den USA verdoppelte sich die Zahl der bestätigten Schweinegrippefälle von 20 auf mindestens 40, allein 28 der Patienten waren Schüler an einem New Yorker Privatgymnasium. US-Präsident Barack Obama sprach von einem Grund zur Besorgnis, jedoch keinem Grund zu Alarm. New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg sagte, es handle sich nur um eine leichte Form der Grippe. Alle Patienten seien auf dem Weg der Genesung. Die USA hatten bereits am Sonntag den «Gesundheitsnotstand» ausgerufen. Dabei handele sich um eine Vorsichtsmaßnahme, um zu gewährleisten, dass die nötigen Mittel rasch zur Verfügung stehen, hieß es.