Erste schwarz-grüne Regierung auf Landesebene steht
Hamburg/dpa. - Deutschlands erste schwarz-grüne Regierung auf Landesebene ist besiegelt. CDU und Grüne (GAL) in Hamburg haben am Donnerstag ihren in den vergangenen fünf Wochen ausgehandelten Koalitionsvertrag unterzeichnet. Ihm müssen jetzt noch die Parteigremien zustimmen.
Die 65-Seiten-Vereinbarung sieht die bis zuletzt umstrittene Elbvertiefung vor. Beim zweiten Hauptstreitthema, dem geplanten Bau des Kohlekraftwerkes Moorburg, vermieden CDU und Grüne eine klare Festlegung. Sie vereinbarten zudem, dass Kinder künftig sechs Jahre lang gemeinsam zur Schule gehen sollen. In der neuen Regierung wird die CDU sieben und die GAL drei Senatoren stellen.
Dem Vertrag soll die Grünen-Basis am 27. April zustimmen, bei der CDU soll dies einen Tag später geschehen. Am 7. Mai will sich Bürgermeister Ole von Beust (CDU) dann in der Bürgerschaft in seinem Amt bestätigen lassen.
Beust sagte nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages, die mehr als hundert Stunden dauernden Verhandlungen seien stets von Fairness und Sachlichkeit bestimmt gewesen. Bei vielen Passagen könne heute niemand mehr sagen, von wem letztlich der jeweilige Vorschlag stamme. Er sei überzeugt, dass ein Bündnis aus CDU und Grünen trotz der unterschiedlichen Vergangenheit der Parteien für Hamburg ein Erfolg sein werde. CDU-Landeschef Michael Freytag betonte: «Dies ist zweifellos keine Liebesheirat.» Aber wenn sich das im Vertrag Vereinbarte umsetzen lasse, «dann ist das heute für die CDU und die GAL der Beginn einer wunderbaren Freundschaft».
Freytag betonte, die von den Grünen ursprünglich abgelehnte Elbvertiefung komme in «vollem Umfang». «Hier kann es keine halben Lösungen geben.» Die Grünen-Landesvorsitzende Anja Hajduk - sie soll Stadtentwicklungssenatorin werden - sagte, beide Parteien hätten sich darauf verständigt, dass eine Stiftung zur ökologischen Verbesserung der Elbe gegründet werde. Sie soll in den kommenden zehn Jahren mit 40 Millionen Euro ausgestattet werden. Das Ausbaggern der Elbe ist aus Sicht der Wirtschaft nötig, damit auch große Containerschiffe den Hafen problemlos ansteuern können.
«Wir haben uns verständigt auf eine Primarschule, die von der Vorschule bis zur Klasse sechs geht», sagte die künftige zweite Bürgermeisterin und Bildungssenatorin Christa Goetsch - derzeit noch GAL-Fraktionschefin. Daneben soll es dann nur noch Gymnasien und Stadtteilschulen geben. Grund-, Haupt- und Realschulen werden abgeschafft.
Keine konkrete Festlegung beinhaltet der Vertrag zum geplanten Kraftwerk Moorburg. Vereinbart wurde aber, den Konzessionsvertrag für den Betrieb des Fernwärmenetzes neu auszuschreiben. Damit fällt für den Energiekonzern Vattenfall, der das Kraftwerk bauen will, die Sicherheit weg, auch die bei der Stromproduktion anfallende Wärme verkaufen zu können. Wenn er das nicht kann, könnte das Kraftwerk nur gedrosselt betrieben werden, da die Wärme nicht mehr abgeführt werden könnte und die Elbe nur um höchstens drei Grad erwärmt werden darf.
Vattenfall bekräftigte unterdessen seine Forderung nach dem Bau des Kraftwerks. «Wir gehen davon aus, dass das Genehmigungsverfahren nach Recht und Gesetz weitergeführt wird und wir die Genehmigung erhalten», sagte der Vorstandsvorsitzende von Vattenfall Europe, Tuomo Hatakka.
Bürgermeister Beust wird mit sechs neuen Kabinettsmitgliedern in seine dritte Amtszeit gehen. Sieben Posten im zehnköpfigen Senat stelle die CDU, sagte Beust. Die Grünen werden drei Senatoren stellen. Für die Grünen wird neben Hajduk und Goetsch noch Till Steffen Senator. Er soll das Justizressort übernehmen.
Die Einigung in Hamburg löste auch neue Debatten über ein gemeinsames Regierungsbündnis von Union und Grünen auf Bundesebene aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte dazu im ZDF, sie halte eine schwarz-grüne Koalition im Bund für «sehr unwahrscheinlich». Die Schnittmengen seien auf dieser Ebene «nicht so groß». Erste Priorität habe für sie eine Koalition mit der FDP. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla ergänzte, gerade bei Fragen der inneren Sicherheit und Energiepolitik verschlössen sich die Grünen vernünftigen Lösungen.
Auch die Grünen-Spitze sieht in Schwarz-Grün kein Modell für den Bund. Die designierten Spitzenkandidaten für die Wahl 2009, Renate Künast und Jürgen Trittin, betonten die inhaltliche Distanz zur Union. Künast sagte im Deutschlandfunk zu Spekulationen über eine «Jamaika-Koalition» mit Union und FDP: «Jamaika ist eine Insel, die sehr weit weg liegt.»