Rückkehr aus Afghanistan Erste Evakuierte aus Kabul zurück in Deutschland
Die ersten Evakuierten aus Afghanistan sind wieder in Deutschland. Sie verdanken ihre Rückkehr aber nicht schon der Bundeswehr, deren Mission inzwischen auch läuft, sondern den USA.

Berlin - Die ersten Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Kabul sind nach ihrer Evakuierung aus Afghanistan zurück in Deutschland. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur landeten sie am Dienstagnachmittag mit einer Linienmaschine auf dem Berliner Flughafen Schönefeld.
In der Nacht zu Montag waren sie unter den ersten 40 deutschen Staatsbürgern, die mit einem US-Flugzeug nach Doha im Golfemirat Katar ausgeflogen worden waren. Wie viele genau von ihnen mit der Linienmaschine in Schönefeld ankamen, ist noch unklar.
Die rasche Evakuierung war nötig geworden, nachdem die radikal-islamistischen Taliban innerhalb kürzester Zeit nach dem Abzug der internationalen Truppen auf Kabul vorgerückt waren und faktisch die Macht im Land übernommen hatten. Inzwischen läuft auch eine Bundeswehrmission zur Evakuierung weiterer deutscher Staatsbürger sowie afghanischer Ortskräfte von Bundeswehr, Bundesministerien und Hilfsorganisationen.
Mit einem Bundeswehrflugzeug wurden nach Angaben des Verteidigungsministeriums am Dienstag mehr als 100 Menschen ausgeflogen. „Mit 125 Evakuierten ist der A400M von Kabul wieder auf dem Weg nach Taschkent/Usbekistan“, schrieb das Ministerium am Nachmittag auf Twitter. „An Bord sind deutsche Staatsbürger und afghanische Ortskräfte sowie weitere zu Schützende.“ Außenminister Heiko Maas (SPD) schrieb auf Twitter davon, dass „mehr als 120 Personen, Deutsche, Afghanen und Angehörige anderer Nationen“ an Bord seien. „Die Luftbrücke ist angelaufen und wird intensiv fortgesetzt, sofern die Sicherheitslage dies irgendwie zulässt.“
In der Nacht zuvor hatte eine erste Bundeswehrmaschine die ersten fünf Deutschen sowie einen Europäer und einen Afghanen aus Kabul unter schwierigen Bedingungen ins Nachbarland Usbekistan gebracht. Der Transportflieger vom Typ A400M war zuvor fünf Stunden lang über dem Flughafen Kabul gekreist, der wegen chaotischer Zustände auf dem Rollfeld zunächst gesperrt war. Das Benzin hätte nicht mehr lange gereicht.
Die Bundesregierung will die Evakuierungsaktion nun mit Hochdruck fortsetzen. Die beiden A400M sollen zwischen Kabul und Taschkent pendeln. Auch US-Maschinen sollen weiter genutzt werden. In der Nacht zu Montag waren 40 Botschaftsmitarbeiter mit einem Flugzeug der amerikanischen Verbündeten nach Doha im Golfemirat Katar gebracht worden.
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte, sollte eine dauerhafte Luftbrücke, in Abstimmung etwa mit der US-Regierung, zustandekommen, könnten auch mehr Transportkapazitäten bereitgestellt werden.
Das Land Brandenburg will die Erstaufnahme ankommender afghanischen Ortskräfte übernehmen. Das Innenministerium teilte mit, dass dies dem Bund zugesagt worden sei.
Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Rückkehr der Taliban an die Macht eine Fluchtbewegung aus dem Land auslösen wird. Mit Blick auf Forderungen, Deutschland solle Flüchtlingskontingente aufnehmen, sagte Kanzlerin Angela Merkel in Berlin: „Bevor man über Kontingente spricht, muss man erst mal über sichere Möglichkeiten für Flüchtlinge in der Nachbarschaft von Afghanistan reden. Dann kann man in einem zweiten Schritt darüber nachdenken, ob besonders betroffene Personen kontrolliert und auch unterstützt nach Europa und in die europäischen Länder kommen.“
Die Kanzlerin telefonierte dazu mit UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi. Außerdem beriet sie die Lage in Afghanistan mit Frankreichs Staatspräsidenten Emmanuel Macron und mit den Regierungschefs von Großbritannien und Italien, Boris Johnson und Mario Draghi. Sie vereinbarten eine enge Zusammenarbeit bei der Evakuierung von europäischen Bürgern und Ortskräften.
Merkel räumte in einer Pressekonferenz das Scheitern des Westens bei dem Versuch ein, in Afghanistan ein nachhaltiges politisches System mit mehr Freiheiten und Entwicklungsmöglichkeiten aufzubauen. „An dieser Stelle müssen wir einfach konstatieren, dass wir unsere Ziele nicht erreicht haben.“ Nach der Machtübernahme der Taliban sehe man mit Sorge, „dass das alles jetzt zurückgedreht werden kann“.
Das Bundeskabinett will an diesem Mittwoch das Mandat für den Bundeswehreinsatz beschließen. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will dafür bis zu 600 Bundeswehrsoldaten bereitstellen. Das sagte sie nach dpa-Informationen am Montag in der Unterrichtung der Fraktionsvorsitzenden des Bundestags. Dieser soll in seiner Sondersitzung in einer Woche das Mandat verabschieden. Die FDP-Fraktion erwarte dabei eine Regierungserklärung der Bundeskanzlerin, sagte ihr Vorsitzender Christian Lindner. Nötig sei auch ein EU-Sondergipfel.