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Energieversorgung Energieversorgung: Mehr Gastransport per Schiff

21.07.2008, 19:50

Berlin/dpa/MZ/sth. - Marktteilnehmer wurden aufgerufen, Gas-Kapazitäten zu buchen. Direkt an der Jade will Eon Ruhrgas gemeinsam mit Partnern - darunter auch die Leipziger Verbundnetz Gas AG - Deutschlands erstes Hafenterminal für verflüssigtes Erdgas bauen, das für die deutsche Energieversorgung eine wichtige Rolle spielen könnte.

Doch keine Spur von Baggern und Kränen auf dem gut 100 Fußballfelder großen Gelände. Seit drei Jahrzehnten laufen bereits die Planungen. Wieder einmal ist der Baubeginn verschoben worden. Vielleicht klappt es 2009, sagt Eon. Dabei könnte Deutschland mit dem sogenannten Liquefied Natural Gas (LNG) seine Abhängigkeit von russischen Gasimporten verringern.

Andere sind schneller: Im Nahen Osten, Afrika und Asien werden neue Terminals gebaut, auf den Weltmeeren sind gut 270 Spezialschiffe unterwegs. Über 150 neue LNG-Tanker sind bestellt. Der Handel mit Flüssiggas boomt, weil die Kosten für den See-Transport stärker gesunken sind als die Pipeline-Preise. Ein Viertel des Weltgasmarktes wird über LNG abgewickelt. Um LNG zu bekommen, wird Erdgas auf minus 161 Grad Celsius gekühlt, bis es sich verflüssigt. 600 Kubikmeter Gas schrumpfen so auf einen Kubikmeter, am Zielort wird es dann wieder in gasförmigen Zustand gebracht. Die Tanker können rund 200 000 Kubikmeter LNG aufnehmen. Die Ladung eines Ozeanriesen reicht aus, um 34 000 Haushalte ein Jahr mit Gas zu versorgen. Die größten Abnehmer sind Japan, Südkorea und USA, die größten Verkäufer Katar, Indonesien und Algerien.

Deutschland ist nicht dabei. Das große Rad drehen Eon und RWE im LNG-Geschäft noch nicht. In Afrika haben sie sich erste Kontrakte gesichert und sind an Terminal-Projekten in Europa beteiligt. Die Leipziger Verbundnetz Gas AG (VNG) geht erste Schritte auf dem Markt. Über den italienischen Gasimporteur Spigas - VNG hält mehr als 40 Prozent an der Gesellschaft - wurden einzelne Schiffsladungen am LNG-Terminal La Spezia gekauft. "Wir sammeln erste Erfahrungen auf dem Flüssiggas-Markt", sagt Oliver Hill, VNG-Direktor Geschäftsentwicklung Westeuropa. Die Leipziger haben aber größere Pläne: Bis 2020 sollen Flüssiggasimporte rund zehn Prozent ihres Einkaufs decken.

Die Zurückhaltung hat nach Einschätzung der Energie-Expertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung auch mit der guten Anbindung der heimischen Industrie an die Pipelines nach Osten zu tun. "Da die Ostseepipeline und weitere Pipelines in Planung sind, ist man aus deutscher Sicht wohl weniger an LNG interessiert." Dabei könne Flüssiggas einen Schub für mehr Wettbewerb auslösen. "Mit den langfristigen Lieferkontrakten, die aufgrund der Pipelines geschlossen werden, verhindert man Wettbewerb", sagt Kemfert.

Gas wird in Europa und Asien nicht frei gehandelt, sondern ist an den Ölpreis gekoppelt. Russland ist auf Jahrzehnte an Lieferverträge mit Europa gebunden. Die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Produzenten und Abnehmern festigen die Pipeline-Systeme, über die noch der Großteil der Lieferungen abgewickelt wird. Auch LNG wird mit langfristigen Lieferverträgen verkauft. Experten erwarten aber, dass künftig mehr an der Börse gehandelt wird.