Energieriese Eon verkauft Stromnetz an Tennet
Düsseldorf/dpa. - Als erster deutscher Stromkonzern hat Branchenprimus Eon den Verkauf seines Hochspannungsnetzes perfekt gemacht. Für rund 1,1 Milliarden Euro wird der niederländische Staatsbetrieb Tennet künftig Herr über das mehr als 10 000 Kilometer lange Eon-Hochspannungsübertragungsnetz sein.
Ein strategischer Investor wie Tennet sei die richtige Wahl gewesen, weil das Unternehmen eine langfristige Geschäftsstrategie für den europäischen Netzbetrieb habe, sagte Eon-Vorstandschef Wulf Bernotat am Dienstag.
Mit dem endgültigen Vollzug der Transaktion, die noch durch die Kartellbehörden abgesegnet werden muss, rechnet der Konzern Anfang 2010. Tennet-Chef Mel Kroos kündigte an, in den kommenden Jahren eine Summe von 3 bis 4 Milliarden Euro in den Ausbau des Eon-Netzes zu investieren. Er sprach zugleich von einem entscheidenden Schritt beim Aufbau eines einheitlichen Energiemarktes in Nord-West-Europa.
Der Düsseldorfer Energieriese hatte mit der EU-Kommission vor mehr als einem Jahr vereinbart, das Stromnetz abzugeben und sich von Kraftwerkskapazitäten zu trennen. Damit wurde ein lange schwelender Kartellstreit beigelegt. «In weniger als einem Jahr haben wir diese Zusagen umgesetzt», sagte Bernotat. Die regionalen Verteilernetze, die den weitaus größten Teil des Eon-Netzgeschäftes ausmachten, seien aber nicht Verkaufsgegenstand.
Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass auch Vattenfall sein Stromnetz verkauft. RWE sowie EnBW wollen ihre Netze dagegen behalten. Branchenexperten rechnen damit, dass der Druck auf sie nach den Verkaufsentscheidungen von Vattenfall und Eon wachsen wird.
Damit lösen sich zwei der vier großen Energiekonzerne von der bisherigen Strategie eines integrierten Stromunternehmens, das die komplette Kette von der Stromproduktion über den Transport bis zum Vertrieb kontrolliert. Für beide Unternehmen wurde der Netzbetrieb zuletzt zunehmend schwieriger, da ihre Gebiete auch an der Küste liegen.
Sie hätten wegen des geplanten Ausbaus der Windkraft auf hoher See in den kommenden Jahren Milliarden in den Ausbau des Netzes investieren müssen. In dem regulierten Markt, in dem die Bundesnetzagentur die Preise festlegt, sind mit diesem Geld zwar sichere, aber nicht hohe Renditen wie in der Stromproduktion zu erzielen.
Die Gründung einer von der Bundesregierung angestrebten «Deutschen Netz AG», in der die Übertragungsleitungen von den Stromkonzernen getrennt gebündelt werden sollen, dürfte damit deutlich schwieriger werden. Tennet-Chef Kroos zeigte sich zwar grundsätzlich gesprächsbereit, nannte aber die Trennung der Netze aus dem Eigentum der Betreiber als eine Voraussetzung. Dies lehnt RWE-Chef Grossmann strikt ab. «Mit dem Verkauf der Netze von Eon und Vattenfall an zwei verschiedene Käufer sind zudem Fakten geschaffen, die sich nur schwer rückgängig machen lassen dürften», hieß es in Branchenkreisen.
Die Bundesregierung hält aber trotz der Verkäufe am Ziel einer Verschmelzung aller vier Stromnetze in einer unabhängigen «Netz AG» fest. Der im Koalitionsvertrag von Union und FDP festgeschriebene Plan werde weiterverfolgt, teilte das Wirtschaftsministerium mit. Dabei würden «einvernehmliche Lösungen mit den Unternehmen auf privatwirtschaftlicher Basis» favorisiert. Der neue Eigentümer des Eon-Netzes werde in die Gespräche zur Gründung einer Netzgesellschaft einbezogen.