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Energie Energie: Der Tankwart kommt wieder - wenn es sich rechnet

Von Eckart Gienke 22.11.2005, 10:37
Service-Kraft Pierre Tekin betankt an einer Shell-Tankstelle in Hamburg-Bahrenfeld ein Auto. (Foto: dpa)
Service-Kraft Pierre Tekin betankt an einer Shell-Tankstelle in Hamburg-Bahrenfeld ein Auto. (Foto: dpa) dpa

Hamburg/dpa. - «Wir haben bislang nurpositive Reaktionen auf dieses Angebot erhalten», sagt die Leiterinder Station Behringstraße im Hamburger Stadtteil Bahrenfeld, SerenaSemmelhack. Steht der Tankwart, der in den siebziger Jahren von denden deutschen Tankstellen verschwunden ist, vor einem Comeback?

Die Meinung in der Branche ist geteilt. «Das funktioniert nur inwohlhabenden Wohngegenden, wo es nicht auf den Preis ankommt», glaubtder Sprecher von ExxonMobil, Karl-Heinz Schult-Bornemann.Branchenführer Aral ist ebenfalls nicht euphorisch. «Wir beschäftigenschon jetzt rund 300 Servicekräfte, die zu betriebsstarken Zeiten angroßen Stationen eingesetzt werden», erklärt UnternehmenssprecherDetlef Brandenburg. «Für mehr sehen wir nicht das Potenzial.»

Die Deutsche Shell testet seit Mitte Juni das Tankwart-Konzept anmittlerweile 15 Stationen und sieht große Chancen für die Service-Wüste Deutschland und den Arbeitsmarkt. «Wenn wir uns nach demPilotprojekt entscheiden sollten, weitere Servicetankstelleneinzurichten und Konkurrenten unserem Beispiel folgen, könnte sichder Tankstellenbereich zu einer Jobmaschine entwickeln», sagt IstvanKapitany, der Leiter des Tankstellengeschäfts bei Shell.

Die Vorteile eines besseren Tankstellen-Service liegen für denBetreiber auf der Hand: Service schafft Kundenbindung und bringt neueStammkunden. Die kaufen nicht nur Benzin, sondern auch Motoröl,Zeitungen, Zigaretten und belegte Brötchen, die dem Pächter längstmehr Geld einbringen als der Sprit. Besonders ältere Menschen undFrauen schätzen den Service. Und schließlich suchen alleTankstellenketten dringend nach Möglichkeiten, um sich von derKonkurrenz zu unterscheiden.

Das Problem sind vor allem die Kosten. Der Hamburger Service-Mitarbeiter Mark Anthony verdient an der Shell-Station 6,40 Euro inder Stunde. Das ist nicht übermäßig viel, muss aber durch Mehrumsatzerwirtschaftet werden. Bei einer Infratest-Umfrage im Auftrag derShell bekundeten zwar 80 Prozent, sie wollten gern den Service inAnspruch nehmen. Davon sind wiederum 70 Prozent bereit, zwischeneinem und fünf Euro zu bezahlen. Doch Umfrage-Ergebnisse und dastatsächliche Verhalten fallen oft nicht zusammen.

Shell verlangt zwischen einem und fünf Cent Aufschlag, je nachTeststation. Tankt ein Kunde 50 Liter Benzin, so verteuert sich dieFüllung um 50 Cent bis 2,50 Euro. Wer das nicht bezahlen will, kannpreisgünstigere Zapfsäulen ohne Service ansteuern. Ob das Konzeptaufgeht, ist ungewiss. «Wir können heute noch nicht sagen, unterwelchen Bedingungen die Dienstleistungen an Tankstellenwirtschaftlich sind», sagt Kapitany. «Wir werden uns im Laufe desnächsten Jahres entscheiden.»