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Elektrobranche Elektrobranche: Siemens und IG Metall einigen sich über Arbeitszeit

06.10.2004, 09:08

Bruchsal/dpa. - Der Siemens-Konzern hat seinen Mitarbeitern an einem weiteren Standort deutliche Einkommeneinbußen abgerungen. Für1200 Beschäftigte im baden-württembergischen Bruchsal wird derMonatslohn vom 1. Januar 2005 bis zum 30. September 2007 um 2,86Prozent gesenkt. Im Gegenzug gibt es eine Beschäftigungssicherung für drei Jahre. Der Elektrokonzern hatte gedroht, bundesweit rund 5000 Jobs ins Ausland zu verlegen, wenn die Arbeitskosten nicht gesenkt werden können. Bruchsal ist der dritte Standort mit einer Einigung,an drei weiteren wird noch verhandelt.

Siemens, IG Metall und der Betriebsrat in Bruchsal einigten sichin der Nacht zum Mittwoch auch auf die Kürzung des Weihnachtsgeldsvon 55 auf 40 Prozent und des Urlaubsgelds von 50 auf 40 Prozent. Diefrüher vereinbarte Tariferhöhung zum März 2005 wird nicht vollzogen.Die von Siemens verlangte Verlängerung der Arbeitszeit vonderzeit 35 Stunden sei damit vom Tisch, teilte die Gewerkschaft mit.

«Das jetzt für den Standort vereinbarte Maßnahmenpaket sichertBruchsal eine wettbewerbsfähige Kostenstruktur, die eine zunächstgeprüfte Verlagerung von Stellen ins Ausland nicht mehr notwendigmacht», betonte Siemens in München. Durch neue Produkte undInvestitionen werde der Standort zukunftssicher gemacht. «Damit wurdeeine der Hauptforderungen von IG Metall und Betriebsrat erfüllt»,sagte der baden-württembergische IG-Metall-Bezirksleiter JörgHofmann. «Aber der Preis, den die Beschäftigten dafür bringen müssen,ist heftig und geht an die Grenzen der Belastbarkeit.»

Siemens drohte, die Fertigung elektronischer Wählsysteme vonBruchsal nach China zu verlagern. Dadurch wären 330 Arbeitsplätzegefährdet bedroht gewesen. Langfristig hätte dies nach EinschätzungHofmanns jedoch das Aus für den ganzen Standort bedeutet.

Auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung wird in Bruchsal derLeistungslohn auf Zeitlohn umgestellt. Damit ist auch die so genannte«Steinkühler-Pause» abgeschafft. Die nach dem früheren IG-Metall-Chefbenannte Fünf-Minuten-Pause pro Stunde war für Akkordarbeiter inNordwürttemberg/Nordbaden ausgehandelt worden. Nach Angaben desBetriebsrats werden jedem Mitarbeiter aus seinem Gleitzeitkonto, dasdurch Überstunden aufgebaut wird, 50 Stunden jährlich gestrichen. Ein«betriebliches Modell zur auftragsbezogenen Flexibilisierung derArbeitszeit» werde eingeführt, kündigte der Konzern an.

Bereits im Juni hatte Siemens der IG Metall in einer Aufsehenerregenden Einigung Zugeständnisse für zwei Standorte in Nordrhein-Westfalen abgerungen: Der Ergänzungstarifvertrag für mehr als 4000Mitarbeiter in Kamp-Lintfort und Bocholt sieht unter anderem dieAusdehnung der Wochenarbeitszeit auf 40 Stunden ohne Lohnausgleichvor. Urlaubs- und Weihnachtsgeld sollen durch eine erfolgsabhängigeJahreszahlung ersetzt werden.

Weitere Verhandlungen laufen noch für die Siemens-StandorteNürnberg, Kirchheim/Teck (Kreis Esslingen) und Karlsruhe. «InNürnberg und Kirchheim/Teck wird die Situation wesentlichproblematischer sein als in Bruchsal», sagte der baden-württembergische IG-Metall-Sprecher Frank Stroh.