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Elektro Elektro: Qimonda stellt nach Pleite Insolvenzantrag

Von Tino Moritz und Jürgen Wutschke 23.01.2009, 09:08
Ein «Eingang verboten für Fußgänger»-Schild steht in Dresden vor dem Werk des Chipherstellers Qimonda. (FOTO: DDP)
Ein «Eingang verboten für Fußgänger»-Schild steht in Dresden vor dem Werk des Chipherstellers Qimonda. (FOTO: DDP) ddp

Dresden/München/ddp. - Damit sind die Versuche zurRettung der Infineon-Tochter, an denen zuletzt neben denLandesregierungen von Sachsen und Bayern auch das Bundeskanzleramtbeteiligt war, gescheitert. Die sächsische Staatsregierung kündigteBemühungen an, um möglichst viele Arbeitsplätze am Standort Dresdenzu erhalten.

Nach Unternehmensangaben betrifft der Insolvenzantrag dieStandorte München und Dresden mit zusammen rund 4500 Mitarbeitern.Wesentliche Unternehmensteile sollten im Rahmen der Insolvenz saniertwerden, erklärte Vorstandschef Kin Wah Loh. Er gehe davon aus, dassder Geschäftsbetrieb «im Sinne unseres Restrukturierungsprogramms»fortgeführt werden könne.

Das deutsche Insolvenzrecht biete die Chance, «das Unternehmenwieder auf eine solide Basis zu stellen». Zur Begründung desInsolvenzantrags nannte das Unternehmen den massiven Preisverfall beiSpeicherchips in Kombination mit dem «dramatisch verschlechtertenZugang zu Finanzierungen auf den Kapitalmärkten».

Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) sprach von einer«bitteren Nachricht». Zugleich kündigte er Bemühungen um den Erhaltder Dresdner Arbeitsplätze an. «Unser Ziel muss ganz einfach sein,diese wertvolle Speicherchip-Technologie in irgendeiner Weise inDresden zu erhalten». Es werde Gespräche mit dem Insolvenzverwaltersowie mit der Arbeitsverwaltung über «Auffanglösungen» geben.

Als Insolvenzverwalter wurde vom Amtsgericht der MünchnerRechtsanwalt Michael Jaffé bestimmt. Jaffé hatte bisher unter anderemdie Insolvenzverfahren des Kirch-Medienkonzerns geführt.

Erst kurz vor Weihnachten war ein millionenschweresRettungsprogramm beschlossen worden. Das Lösungsmodell sah 100Millionen Euro über eine Investitionsbank Portugals - dort betreibtder Konzern ein Werk in Porto -, 75 Millionen Euro von Infineon und150 Millionen Euro von Sachsen vor, um ein Betriebsmitteldarlehen inHöhe von 325 Millionen Euro zu finanzieren. Zugleich wollte derFreistaat gemeinsam mit dem Bund Investitionen in Dresden in Höhe von1,2 Milliarden Euro mit Bürgschaften für Bankkredite unterstützen.

Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums waren die Bankenjedoch nicht bereit, das damit verbundene Restrisiko zu tragen. Nungebe es «ein normales Insolvenzverfahren mit allen Möglichkeiten»,sagte eine Ministeriumssprecherin. Zudem habe Qimonda in denVerhandlungen über finanzielle Hilfen kein ausreichend tragfähigesGeschäftsmodell vorgelegt. Das Unternehmen habe die Tragfähigkeit desGeschäftsmodells «nicht hinreichend darlegen» können, betonte eineSprecherin des Ministeriums.

Infineon geht von Rückzahlungen öffentlicher Fördermittel aus. Manwerde für diesen Fall Rückstellungen im «niedrigen dreistelligenMillionenbereich» bilden. Sachsen kündigte die Rückforderung derFördermittel bereits an. Zusammen mit Forschungsmitteln des Bundessoll Jurk zufolge eine dreistellige Summe an Qimonda und dessenMutterkonzern geflossen sein.

Die IG Metall warf der Geschäftsführung derweil Versagen vor. DieFehler hätten bereits mit der Ausgliederung des Unternehmens aus demehemaligen Siemens-Geschäftsbereich Infineon begonnen. DieQimonda-Manager hätten die Technologie am Standort Deutschland «grobfahrlässig gegen die Wand gefahren». Nun müsse es einFortführungskonzept aus der Insolvenz heraus geben.

Qimonda hatte nach eigenen Angaben vor Beginn der Restrukturierungweltweit 12 000 Mitarbeiter, davon 3200 in Dresden und 1400 inMünchen. Mitte Oktober hatte das Unternehmen angekündigt, bundesweit1500 Mitarbeiter zu entlassen, davon bis Sommer 2009 insgesamt 950Beschäftigte am Standort Dresden.

Das Unternehmen ist seit 2006 an der New Yorker Börse notiert.Zuvor war die ehemalige Infineon-Speichersparte aus demHalbleiterkonzern ausgegliedert worden. Infineon ist noch zu 77,5Prozent an Qimonda beteiligt.

Umsatz- und Ergebniskennzahlen für die Jahre 2003 bis 2008, Aktionärsstruktur, Kursentwicklung. (GRAFIK: DPA)
Umsatz- und Ergebniskennzahlen für die Jahre 2003 bis 2008, Aktionärsstruktur, Kursentwicklung. (GRAFIK: DPA)
dpa