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Einzelhandel Einzelhandel: Wurden Edeka-Angestellte ausgekundschaftet?

29.11.2009, 13:57

München/Grüna/dpa. - Wieder Bespitzelungsvorwürfe bei einerSupermarktkette: Angestellte von Edeka-Märkten des sächsischenUnternehmens Simmel sollen nach einem Bericht des Magazins «Focus»von Privatdetektiven ausgekundschaftet worden sein. Detektive hätten heimlichHausbesuche bei krankgemeldeten Mitarbeitern vorgenommen und nachSchichtende die Privatautos der Angestellten kontrolliert, berichteteder «Focus» unter Berufung auf interne Geschäftspapiere. BereitsKonkurrent Lidl war mehrfach wegen Bespitzelung von Mitarbeitern indie Schlagzeilen geraten.

Die Gewerkschaft Verdi will die Vorwürfezu einem Fall für denStaatsanwalt machen. Man werde die zuständigen Ermittlungsbehördenbitten, die mutmaßliche Bespitzelung von Mitarbeitern zu untersuchen.«Das nennt man auch Anzeige», sagte der LandesfachbereichsleiterHandel von Verdi Bayern, Hubert Thiermeyer, der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Gegenüber dem«Focus» hatte der Edeka-Aufsichtsratsvorsitzende Peter Simmel die Vorwürfezurückgewiesen. Demnach gab es nur in einem einzigen Fall eineWagenkontrolle. Die Simmel AG betreibt 32 Supermärkte in Sachsen,Thüringen und Bayern. Für das Unternehmen arbeiten 1000 Menschen. DerUmsatz lag 2008 bei 106 Millionen Euro.

Laut «Fokus» sollten die beauftragten Detektive pro Woche 20 Autoskontrollieren. Das gehe aus Verträgen und Arbeitsanweisungen hervor,heißt es in dem Bericht. Wenn Mitarbeiter sich weigerten, den Wagenzu öffnen, hätten sie gedroht, die Polizei zu rufen und daraufhingewiesen, dass dieses sicherlich arbeitsrechtliche Konsequenzenhaben würde, berichtete ein Detektiv dem Bericht zufolge.

Die Münchner Arbeitsrechtlerin Dorthee Wilcke sagte dem «Focus»,der Wink mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen könne auf eine strafbareNötigung hinauslaufen. ver.di kritisierte zudem Passagen in denArbeitsverträgen der Simmel-beschäftigten als rechtswidrig.

In Deutschland sorgten Bespitzelungsaffären in Unternehmen immerwieder für Aufsehen. Im vergangenen Jahr war aufgedeckt worden, dassder Discounter Lidl Mitarbeiter mit Kameras überwachen ließ. Außerdemwurde in diesem Frühjahr bekannt, dass Lidl systematisch überKrankheiten von Beschäftigten Buch geführt hat. Die Vorgänge führtenzu personellen Konsequenzen in der Führungsebene des Unternehmens.

Unterdessen will die SPD der Bespitzelung in Unternehmen einenRiegel vorschieben. Sie will am kommenden Donnerstag im Bundestageinen Entwurf für ein Gesetz zum Arbeitnehmerdatenschutz einbringen.Angesichts zahlreicher Bespitzelungsfälle in Großunternehmen soll esregeln, welche Daten Arbeitgeber von ihren Beschäftigten erheben,verwenden und weitergeben dürfen, wie der Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier dem «Hamburger Abendblatt» (Samstag) sagte.

Die Hamburger Edeka-Zentrale nahm die Darstellungdes «Focus» nach eigenen Angaben zur Kenntnis und wollte die darinerhobenen Behauptungen «schnellstmöglich» aufklären. Die Prüfung derVorgänge habe bereits begonnen, hieß es aus der Firmenzentrale in derHansestadt. Der Aufsichtsratsvorsitzende Simmel betonte am Sonntag,dass er die Widerlegung der von dem Magazin erhobenen Vorwürfe «aktivund transparent» angehen werde.