Einzelhandel Einzelhandel: Vor zehn Jahren gab es die ersten Sonntagsbrötchen

Hildburghausen/Coburg/dpa. - , weil er trotz Verbots verkaufte und damit ihre Sonntagsruhe störte. «Die Zeit war damals einfach reif dafür», sagt der 45-Jährige heute. Zum 1. November 1996 änderte die Regierung das Bäckerzeitarbeitsgesetz. «Auch die, die damals gegen uns waren, machen heute ein gutes Geschäft.»
Davon ist auch der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks(Berlin) überzeugt. «Wir ermuntern unsere Mitglieder, sonntags zuöffnen», berichtet Statistik-Experte Frank Rennebarth. Vielleichtnicht in Fußgängerzonen, aber in den Randlagen lohne sich dasallemal. Parkplätze müssten aber vor der Tür sein, sagt Sigurt Jäger,Betriebsberater beim Verband des Rheinischen Bäckerhandwerks(Duisburg).
Am richtigen Standort und mit nicht zu vielen Konkurrenten in derNähe lasse sich sonntags «gut Geld verdienen», versichert Jäger.«Sonst macht es eben ein anderer.» Für viele Kollegen sei dasSonntagsgeschäft nicht mehr wegzudenken, betont Josef Hartmayer vomWürttembergischen Bäckerinnungsverband (Stuttgart). Zum Umsatz anSonntagen gibt es keine Daten. Das auf wenige Stunden konzentrierteGeschäft habe seine eigenen Regeln, lasse sich nicht mit normalenWerktagen vergleichen. Einziges Indiz dafür, dass es sich lohnt: Nursehr selten mal springe ein Kollege ab, berichtet Hartmayer.Nachzügler hätten es aber schwerer, Pioniere einen klaren Vorsprung.
50 000 Verkaufsstellen betreiben die 17 000 Mitglieds-Bäckereiendes Zentralverbandes (Jahresumsatz 2005: 11,89 Milliarden Euro). Wieviele davon auch sonntags öffnen, ist nicht klar. «Es werden abereher mehr als weniger», berichtet Rennebarth. «Semmel-Rebell» Bernardöffnet sechs seiner 19 Verkaufsstellen in Franken und Thüringen.Seinen Mitarbeitern zahlt er 100 Prozent Sonntags-Zuschlag.
Bernard setzte sich im April 1995 erstmals über das damals nochgeltenden Verkaufsverbot an Sonntagen hinweg. Brötchen und Gebäckverkauften sich prächtig, bis die Polizei dem Spuk ein Ende setzte -nach 47 Minuten. Beim zweiten Mal waren es noch 25 Minuten. Der«Rebell» ließ sich nicht schocken, griff in die Trickkiste undgründete den «Verein des gemütlichen Sonntagsfrühstücks». Brötchengab es nur noch gegen Mitgliedsausweis - Jahresbeitrag: eine Mark.
Die Justiz wollte sich aber nicht an der Nase herumführen lassen.Das Landgericht Meiningen drohte Bernard mit 500 000 MarkOrdnungsgeld oder sechs Monaten Haft. 45 000 Mark an Anwaltskostenund Bußgeldern ließ sich der Franke den Kampf für die Brötchenkosten. Heute bietet er seine Waren an 361 Tage ihm Jahr an. NurWeihnachten, Neujahr und Karfreitag bleiben die Öfen kalt. AlsBernard am 3. November erstmals legal an einem Sonntag verkauftendurfte, kamen doch wieder Polizisten in seine Backstube - diesmalaber als Kunden: Sie nahmen 60 warme Brötchen mit auf die Wache.