Einzelhandel Einzelhandel: Tchibo ist längst mehr als ein Kaffee-Laden

Hamburg/dpa. - «Mitden Produkten, die wir anbieten, sind wir jeweils für eine Woche der Marktführer in Deutschland», sagt Tchibo-Chef Dieter Ammer. Jährlichkommen rund 1800 neue Produkte in die Filialen, in großer Stückzahleigens für Tchibo produziert.
Den Grundstein für dieses Phänomen, das es in dieser Form nur inDeutschland gibt, hat der Hamburger Kaufmann Max Herz vor 50 Jahren(13. Oktober) mit der ersten Tchibo-Filiale in Hamburg gelegt. Er wardamals schon seit einigen Jahren mit der Idee erfolgreich, Kaffee aufdem Versandweg anzubieten. In der Nachkriegszeit war Röstkaffee knappund teuer und wurde von Lebensmittelhändlern meist nur unter demLadentisch an bevorzugte Kunden verkauft. Mit dem Angebot, einViertelpfund Kaffee zu einem günstigen Preis bestellen zu können,erzielte Herz eine enorme Resonanz.
In seinem ersten Ladengeschäft in der Hamburger Innenstadt wollteer seinen Kunden die Gelegenheit geben, für einen Groschen eine TasseKaffee zu probieren, ehe sie die entsprechende Sorte für ihrenHausgebrauch kauften. Bald bot Tchibo den Kaffee in Schmuckdosen an,die sich bei der Kundschaft großer Beliebtheit erfreuten. Der Keimfür einen Handels- und Konsumgüterkonzern mit heute 12 000Mitarbeitern war damit gelegt. Auch das Gesicht der Innenstädtewandelte sich; in den neu entstehenden Fußgängerzonen gehörte eineTasse Kaffee bei Tchibo oder dem Konkurrenten Eduscho schnell zumAlltag. Später wurde Eduscho von Tchibo übernommen.
Eine gezielte Strategie, das räumt der heutige Tchibo-Chef Ammerbereitwillig ein, steckte nicht dahinter. «Das hat sich alles nachund nach entwickelt.» Auch ein fantasievoller Kaufmann wäre wohl inden fünfziger oder sechziger Jahren nicht darauf gekommen, dass sichin den Filialen einer Kaffee-Kette fast alle Konsumgüter und sogarReisen und Versicherungen verkaufen lassen. Die Strategie wird nur imRückblick sichtbar.
Den entscheidenden Impuls für den Tchibo-Aufstieg lieferten in densiebziger Jahre ausgerechnet die Konkurrenten aus dem Einzelhandel.Sie erreichten gerichtlich ein Gebot von «Kopplungsgeschäften».Tchibo durfte die Konsumgüter nicht mehr direkt im Zusammenhang mitdem Kaffee verkaufen, also zum Beispiel Kaffeedosen oderKaffeegeschirr. Da legte der Hamburger Konzern unter seinem damaligenChef Günter Herz erst richtig los, stellte das Geschäft als Non-Food-Sparte auf eigene Füße und weitete es weit über den Bereich Essen undTrinken aus.
Längst übertrifft der Umsatz mit Gebrauchsartikeln das Kaffee-Sortiment und Tchibo ist dabei, sein erfolgreiches Geschäftskonzeptauch im Ausland zu etablieren. Mittlerweile gibt es Tchibo-Filialenauch in Österreich, der Schweiz, England, den Niederlanden,Tschechien und Polen.