Einzelhandel Einzelhandel: Konsumflaute drängt zu ruinösen Rabattschlachten

Berlin/dpa. - Schier erschlagend sind die Hinweise auf Rabatte,Schnäppchen, Sonderpreise und Verkaufsaktionen in den Schaufensternder Ladenpassagen. «Das ist ein Betteln um Kundschaft in einerKonsumflaute wie sie der deutsche Einzelhandel in dieser Ausdauernoch nicht erlebt hat», sagt der Konjunkturexperte des DeutschenInstituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Gustav Horn. Seit zweiJahren schwächele die Kaufkraft und die Umsätze gehen zurück.«Gewinne macht bei den Rabattschlachten fast keiner mehr», sagt Horn.Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) will den ruinösenPreiskampf mit dem freiwilligen, gemeinsamen Schlussverkauf bremsen.
So hat der Einzelhandelsverband die Händler nach dem Wegfall dergesetzlichen Vorschriften vor wenigen Wochen aufgerufen, zumtraditionellen Termin - in diesem Jahr der 26. Juli - ein gemeinsamesSaisonfinale zu starten. «Die Kunden haben sich an die Sommer- undWinteraktionen gewöhnt und brauchen Orientierung, sie brauchen vorallem ein gesundes Verhältnis zu Preisen», sagt HDE-Sprecher HubertusPellengahr. Die ganzjährige «Rabattitis» schade vor allem den kleinenGeschäften, die den Preiskampf der Kaufhausketten nicht mitmachenkönnten. Der kleine Händler brauche das Vertrauen seiner Kunden indie Qualität und damit auch den höheren Preis. Die kleinen Geschäftewürden von einem SSV profitieren.
Bei zahlreichen Unternehmen stehen noch groß angeleteRabattaktionen an. «Es wird in allen Filialen wie gewohnt einenSommerschlussverkauf geben, die Lager sind nach dem verregnetenSommer noch gut gefüllt und wir brauchen Platz für die neueSaisonware», sagt ein Sprecher von Kaufhof. Karstadt will am 26. Julimit seinem «KSV - Karstadt-Schlussverkauf» Kunden in die Häuserlocken. Der Umsatz in diesem Jahr liege um etwa zwei Prozent unterdem Vorjahreswert. «Mal sehen, ob das bis Jahresende noch aufzuholenist. Es wird solange reduziert, bis die Ware raus ist», sagtPellengahr.
Bei den Rabattaktionen erwartet der Einzelhandel keine Gewinnemehr. «Verdient wird an dem Handel nichts mehr, beim Lagerausverkaufwill nur niemand drauf legen», sagt Pellengahr. DIW-Experte Hornrechnet sogar mit einem Verlustgeschäft. «Wir haben eine massiveKaufkraftschwäche, so dass einige für Tiefstpreise auch Verlust inKauf nehmen werden.» Die Rabattaktionen seien keine Geschenke an denKunden, sondern die Folge des Preisdrucks, damit überhaupt nochgekauft werde.
Ursache sei die Stagnation am Binnenmarkt. «Zwar deuten dieZeichen wieder auf Wachstum, doch zunächst nur im Exportgeschäft»,sagt der Konjunkturexperte. Ein Aufschwung auf dem Binnenmarkt seifrühestens für 2005 zu erwarten. «Und wenn es dem Einzelhandel bessergeht, werden die Preise automatisch steigen und die Rabatt-Schilderwerden selten werden», prognostiziert Horn.
Der freiwillige, gemeinsame Schlussverkauf des Einzelhandelsbringe neue Chancen mit sich, sagt HDE-Sprecher Pellengahr. «Bisherwar das Saisonfinale auf Kleidung und andere von der Jahreszeitabhängige Artikel beschränkt. Jetzt kann auch das Möbelhaus und derElektrogerätehändler Waren im SSV preisgesenkt anbieten.» Ob sichdieses Modell auf Dauer durchsetze, wagt Pellengahr noch nicht zuprognostizieren. «Wir planen von Schlussverkauf zu Schlussverkauf.»Da vor allem im Sommer das Saisonfinale an die Schulferien gebundensei, seien auch regionale Unterschiede vorstellbar. «In diesem Jahrwird es auf jeden Fall funktionieren, nur wenige werden von demgewohnten Termin abweichen.»