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Einweg-Pfand Einweg-Pfand: Das Bier kommt nicht mehr aus der Dose

Von Holger Göpel 14.07.2003, 05:47
Eine Mitarbeiterin des Getränkedosen-Herstellers Schmalbach-Lubeca in Hermsdorf (Ohrekreis) kontrolliert das Fertiglager mit abholbereiten Dosen. (Archivfoto: dpa)
Eine Mitarbeiterin des Getränkedosen-Herstellers Schmalbach-Lubeca in Hermsdorf (Ohrekreis) kontrolliert das Fertiglager mit abholbereiten Dosen. (Archivfoto: dpa) dpa

Magdeburg/dpa. - Deutschlands führender Getränkedosen-Hersteller Ball schließt nacheinem drastischen Absatzrückgang Stilllegungen nicht mehr aus. «Manmuss unter Umständen die Kapazitäten anpassen», betont der Vorsitzendeder Geschäftsführung von Ball Packaging Europe, Hanno C. Fiedler.Betroffen sein könnte auch das Werk in Hermsdorf (Ohre-Kreis). Derzeitsind die 120 Beschäftigten in Kurzarbeit. Nach Aussage vonBetriebsleiter Harald Wedler ist das Auftragsvolumen im Vergleich zumVorjahr um fast 70 Prozent zurückgegangen. Es würden keineInvestitionen mehr getätigt, auch in die Zukunft gerichteteInstandsetzungsmaßnahmen gebe es nicht mehr. «Derzeit wird eine Wochegearbeitet, dann kommt eine Woche Stillstand.»

Dass die Kunden sich besonders von der Dose abwenden, bekommen auchdie Brauereien zu spüren. Sachsen-Anhalts größter Bierbrauer, dieHasseröder Brauerei in Wernigerode, hatte bis zur Einführung desPfands einen nicht unbeträchtlichen Teil des Bieres in der Doseangeboten. Hier ist der Absatz inzwischen eingebrochen. Wie hoch derRückgang ist und ob er mit der klassischen Mehrwegflasche ausgeglichenwerden konnte, will das Unternehmen nicht sagen. Im Moment wolle mansich dazu nicht äußern, hieß es beim Vorstand.

Des einen Leid ist des anderen Freud. Besonders kleinereBrauereien, die schon kein Dosenbier im Angebot hatten, profitierenvom Niedergang der Blechverpackung. So vermeldet die Garley-Brauereiin Gardelegen einen Absatzboom. Im ersten Halbjahr seien über 30Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum abgesetzt worden, berichtetGeschäftsführer Albert Hösl. «Die Produktion läuft von früh bis spät.»

Aber nicht nur die Brauereien, auch die Wasser- undLimonadenhersteller sind vom Zwangspfand betroffen. Bei Sachsen-Anhalts größtem Brunnen, der Mitteldeutschen Erfrischungsgetränke GmbH& Co. KG in Leißling (Kreis Weißenfels), war der Absatz in den erstendrei Monaten des Jahres drastisch eingebrochen. «Die Situation war füruns sehr bedrohlich, das war schon eine Katastrophe», erinnert sichMarketing-Chef Jörg Aldenkott. Fast ein Drittel weniger Wasser alssonst sei verkauft worden. «Leisslinger» sei besonders betroffengewesen, da etwa 90 Prozent der jährlich 1,1 Milliarden Füllungen aufEinwegflaschen entfielen.

Inzwischen sei aber zumindest wieder der Vorjahresstand erreicht.«Durch das Tal der Tränen sind wir erst einmal durch» sagte Aldenkott.Gelungen ist dies vor allem durch die Gewinnung neuer Kunden, nachdemmehrere Handelsketten Einwegflaschen einfach aus dem Sortimentgenommen hätten. Zudem wurde der Export ausgebaut, auch dieMehrwegquote stieg leicht an. Dennoch ist Aldenkott nicht glücklich.Der finanzielle Schaden für das Unternehmen sei erheblich gewesen.

Auch die Schlossbrunnen Wüllner GmbH in Hecklingen (Aschersleben-Staßfurter Land) wurde vom Pflichtpfand bei einem Einweganteil voneinst über 25 Prozent kalt getroffen. Wegen der Abbestellungen musstemehr «Gaensefurther» in Mehrwegflaschen abgefüllt werden, erinnertsich Geschäftsführer Horst Braunisch. Problem: Es gab nicht genugFlaschen auf dem Markt. Zudem entstanden durch die Umstellung hoheKosten. Außerdem herrsche immer noch Ungewissheit, wie es mit demZwangspfand weiter gehe. «Das ist eine echte Investitionsbremse»,betont Braunisch. Was Umweltschützer freuen wird: Heute liegt derEinweganteil nur noch bei 10 Prozent, die Mehrwegflasche hat imGegenzug um 30 Prozent zugelegt.

Das sagen die Verbraucher zum Dosenpfand (Grafik: dpa)
Das sagen die Verbraucher zum Dosenpfand (Grafik: dpa)
dpa