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Disziplinlos im Bundestag Disziplinlos im Bundestag: Ordnung muss sein

Von Andreas Montag 04.11.2010, 22:11

Halle (Saale)/MZ. - Wenn Herbert Wehner das erlebt hätte! Bundestagsabgeordnete sollen künftig bei groben Verstößen gegen die Geschäftsordnung des Parlaments ein Ordnungsgeld zahlen müssen. Union, SPD, FDP und Grüne hätten sich grundsätzlich darauf verständigt, Disziplinlosigkeit mit Bußen von 500 bis 3 000 Euro zu belegen, berichtet die "Saarbrücker Zeitung".

Da wäre Wehner (1906-1990) wohl arm geworden. Der langjährige Fraktionsvorsitzende der SPD im Deutschen Bundestag schätzte klare Worte. Manchmal auch grobe. So wird ihm das Wortspiel "Sie Hodentöter!" zugeschrieben, in einer hitzigen Debatte an den CDU-Politiker Jürgen Todenhöfer gerichtet. Ausbrüche dieser Art werden nun, setzt sich die parteiübergreifende Initiative durch, bald der Kulturgeschichte angehören.

Hintergrund des Vorstoßes sind offenbar demonstrative Protestaktionen von Seiten der Linksfraktion. "Es handelt sich leider um nicht resozialisierbare Wiederholungstäter", stellt der SPD-Politiker Christian Lange bündig fest. Was hätte wohl Wehner dazu gesagt? Wehmütig wird man sich auch an Joseph (Joschka) Fischer erinnern, den grünen Vorturner in Turnschuhen. "Mit Verlaub, Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch", rief er 1984 dem Bundestagsvizepräsidenten Richard Stücklen (1916-2002) von der CSU zu.

Und nun sind Fischers Erben selbst mit von der Partie, um Ruhe und Ordnung im Bundestag durchzusetzen. So sieht es also aus, wenn der Marsch durch die Institutionen beendet ist. Und die Turnschuhe in die Kleiderspende gewandert sind.