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Die Bundeswehr wird 50 und die Entscheidung über Wehrpflicht

Von Kristina Dunz 15.12.2004, 14:28

Berlin/dpa. - Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) und die anderenWehrpflicht-Befürworter werden die Verankerung der Streitkräfte inder Gesellschaft als wesentlichen Verdienst des Wehrdiensteswürdigen. Die Gegner nennen das Jubiläum schon jetzt einen gutenZeitpunkt für die Abschaffung der Wehrpflicht.

Die SPD wird genau ein halbes Jahrhundert nach der Vereidigung derersten 101 Freiwilligen der neuen deutschen Armee im November aufeinem Parteitag ihre Position zur Wehrpflicht festlegen. Aus heutigerSicht ist der Abschied von der 1957 eingeführten Wehrpflicht nichtausgeschlossen.

Die Wehrgerechtigkeit ist nach Ansicht vor allem vieler jüngererSPD-Mitglieder wegen der drastisch gesunkenen Zahl der Männer, dienach den neuen strengen Einberufungskriterien tatsächlich zum Bundgehen, nicht mehr gegeben. Außerdem sehen sie durch die Konzentrationauf Auslandseinsätze keine Grundlage mehr für den Zwangsdienst fürMänner. Denn laut Grundgesetz ist Voraussetzung für einen solchtiefen Eingriff in die Freiheitsrechte die Landesverteidigung. Unddie hat laut Struck nicht mehr oberste Priorität.

Die Befürworter verweisen hingegen darauf, dass der Heimatschutzweiterhin eine wichtige Rolle spiele und Wehrdienstleistende deshalbvonnöten seien. Vor allem aber sorgen sie sich um qualifiziertenNachwuchs, wenn die Armee nicht mehr automatisch aus allen Schichtender Gesellschaft Männer rekrutieren kann. Nur, dieses Argumentkönnten auch Polizei und Bundesgrenzschutz anführen. Für den Erhaltder Wehrpflicht spielt es aus rechtlicher Sicht keine Rolle.

Am 7. Juni vor 50 Jahren wurde das Bundesministerium fürVerteidigung neu geschaffen. 2005 wird es an diesem Tag einen Festaktim Berliner Dom geben, der Auftakt für acht zentrale Veranstaltungenund 250 Feiern in ganz Deutschland ist. Der Abschluss wird dann am12. November ein öffentliches Feierliches Gelöbnis sein. Auch derBundestag wird die Bundeswehr als Parlamentsarmee feiern.

Die Wiederbewaffnung nur zehn Jahre nach dem Zweiten Weltkrieghatte in Teilen der Bevölkerung Angst und Empörung ausgelöst.Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) sorgte sich damals über die«innere Haltung» des Volkes, das «durch den Krieg und dieNachkriegszeit in einen Zustand gekommen ist, in dem es zwar dieFreiheit schätzt, aber nicht bereit zu sein scheint, für die FreiheitOpfer zu bringen».

Heute sind rund 6700 deutsche Soldaten in Auslandseinsätzen aufdem Balkan, in Afghanistan, im Mittelmeer und am Horn von Afrika.Weder im Bundestag noch in der Bevölkerung regt sich dagegen großWiderstand. Das hat auch mit dem Anschlag auf die USA am 11.September 2001 zu tun. Allerdings ist die Bundeswehr in denKrisenländern der Welt vor allem in Friedensmissionen unterwegs undnur sehr begrenzt in Kampfeinsätzen.

So bringt man die deutschen Soldaten mit dem Bau von Brunnen, derSanierung von Schulen und ärztlicher Hilfe in Verbindung. Und solautet das Motto für die 50-Jahr-Feiern auch: «Entschieden fürFrieden.» Bei der Ausrichtung auf eine Armee im Einsatz mit derBereitstellung von Soldaten für schnelle Eingreiftruppen der NATO undEU wird sich der Charakter der Bundeswehr aber stark verändern. Dennausgebildet werden die Soldaten nicht für Brunnenbau, sondern an derWaffe.