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DGB fordert 100-Milliarden-Programm

13.12.2008, 14:24

Berlin/dpa. - Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat von der Bundesregierung ein 100-Milliarden-Programm gegen die Wirtschaftskrise gefordert. «Das rot-schwarze Kleckern ist fahrlässig. Die Kosten der Rezession werden uns erdrücken», sagte DGB-Vorstand Claus Matecki.

Die Regierung will ihren Kurs vorerst nicht ändern und abwarten, wie ihr erstes Konjunkturpaket wirkt. Beim Spitzentreffen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag mit Topmanagern, Verbänden und Ökonomen werden keine Beschlüsse erwartet. Die fast 30 Teilnehmer wollen Vor- und Nachteile zusätzlicher Konjunkturmaßnahmen und die schleppende Kreditvergabe beraten. Im Steuerstreit der Union ging Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) auf Merkel zu.

Nach Ansicht des DGB sollten schon im nächsten Jahr vom Staat gut 60 Milliarden Euro ausgegeben werden, um bis zu 700 00 Jobs zu sichern und Firmen Aufträge zu verschaffen. Die Summe entspreche etwa 2,5 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung, sagte Matecki. 2010 sollte der Staat dann noch einmal 40 Milliarden Euro nachlegen. Deutschland könne sich «eine Politik der ruhigen Hand» nicht leisten.

Die FDP plädiert nach einem Bericht von «Handelsblatt online» für Steuersenkungen im Umfang von 30 Milliarden Euro, darunter eine Absenkung des Eingangssteuersatzes von 15 auf 13 Prozent. Die Mehrwertsteuer auf Strom, Gas und Benzin soll von 19 auf 7 Prozent sinken, und die Krankenversicherungsbeiträge sollen nach den Plänen der Liberalen bereits ab 2009 absetzbar sein.

Um die private Nachfrage anzukurbeln, spricht sich der DGB für Konsumschecks über je 250 Euro für Bürger mit Jahreseinkommen bis 35 000 Euro aus. Mit einer Abwrackprämie von 3000 Euro für über zehn Jahre alte Autos soll der Neuwagenkauf angekurbelt werden. Für Hartz- IV-Bezieher wird eine Erhöhung der Regelsätze von 351 auf 420 Euro vorgeschlagen. Parallel dazu müsse das steuerfreie Existenzminimum auf 8500 Euro angehoben werden.

CSU-Chef Seehofer signalisierte im Streit mit der CDU über den richtigen Kurs in der Krise deutliche Kompromissbereitschaft. «Wir haben kein Interesse am Konflikt. Ich möchte, dass wir das Schulter an Schulter machen.» Er bestand jedoch darauf, dass in ein neues Konjunkturpaket auch «kräftige Steuererleichterungen» gehörten. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) will die Verbraucher bei den Steuern um 25 Milliarden Euro entlasten.

Nach Angaben von Vize-Regierungssprecher Thomas Steg wird am Sonntag beim Spitzentreffen im Kanzleramt über die wirtschaftliche Lage, die Erfahrungen mit dem Banken-Rettungspaket von 480 Milliarden Euro und die Kreditversorgung an Unternehmen gesprochen. «Wir bringen alle Zeit mit und wollen einander zuhören», sagte Steg. Spannend wird sein, ob die Regierung die eingeladenen Bankenvertreter wie Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann und Bankenpräsident Klaus-Peter Müller wegen der Probleme bei der Kreditvergabe zur Rede stellt.

Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) verteidigte am Freitag die teils verschärften Kreditbedingungen und höheren Zinsen. «Die Banken kommen nicht umhin, sich mögliche Risiken genauer anzusehen und die Konditionen bei der Kreditvergabe gegebenenfalls anzupassen», sagte BdB-Geschäftsführer Manfred Weber der «Leipziger Volkszeitung».

SPD-Fraktionschef Peter Struck warnte vor übertriebenem Pessimismus. «Wir reden uns selbst in den Keller runter. Das ist alles Unsinn.» Man dürfe nicht allen Prognosen der Ökonomen glauben. Laut einer Umfrage sprechen sich vier von fünf Bürgern wegen der Krise für Steuersenkungen aus. Konsumgutscheine in Höhe von 500 Euro zur Ankurbelung der Konjunktur halten aber nur elf Prozent für sinnvoll. Das ergab eine Befragung von Infratest dimap im Auftrag des ARD-«Morgenmagazins».

Die allgemeine und die persönliche wirtschaftliche Situation schätzen die Bürger sehr unterschiedlich ein: Während fast drei Viertel (73 Prozent) die Lage in Deutschland als schlecht beurteilen, empfinden knapp zwei Drittel (64 Prozent) ihre eigene ökonomische Situation als gut. (Der «Handelsblatt»-Bericht lag vorab in redaktioneller Fassung vor.)