Haushalt SPD-Chef Saleh: Berlins Wirtschaft braucht echtes Geld
Der Senat hat den Berliner Unternehmen in der Energiekrise Hilfe versprochen. Beim Darlehensprogramm soll es aber nicht bleiben. Die Gespräche über den Nachtragshaushalt sind in der Endphase.

Berlin - Angesichts von Energiekrise, Rekordinflation und steigenden Kosten hält Berlins SPD-Fraktions- und Landeschef Raed Saleh weitere Landeshilfen für Unternehmen für unverzichtbar. Das vom Senat bereits beschlossene Darlehensprogramm mit einem Volumen von 100 Millionen Euro, das Unternehmen, Selbstständige und Freiberufler unterstützen soll, denen wegen der Energiekrise das Geld ausgeht, werde nicht reichen, sagte der SPD-Politiker. „Es wird ein dreistelliger Milvlionenbetrag nötig sein an echtem Geld, an Zuschüssen.“ Dem Vernehmen nach soll sich die Koalition inzwischen auf 200 Millionen Euro verständigt haben.
Wer an der Unterstützung der Wirtschaft spare, spare an der falschen Stelle und mache viel kaputt“, argumentierte der SPD-Politiker. „Wir wissen noch nicht genau, was an Hilfen vom Bund kommt, aber wir wissen, dass wir selbst Geld in die Hand nehmen müssen, damit die Wirtschaft am Ende nicht absäuft.“ Die rot-grün-rote Regierungskoalition verhandelt derzeit über den Nachtragshaushalt, der sich auf 1,5 Milliarden Euro belaufen dürfte. Er soll im Abgeordnetenhaus noch vor Mitte November beschlossen werden.
„Wir müssen es hinbekommen, den Nachtragshaushalt noch vor dem Urteil des Landesverfassungsgerichtshof zur Abgeordnetenhauswahl zu verabschieden, sonst wäre es zu klageanfällig“, sagte Saleh. Das Gericht hat seine Entscheidung für den 16. November angekündigt.
Auch über das Nahverkehrsticket wird derzeit gesprochen - Details sind noch offen. „Das 49-Euro-Ticket, das der Bund angekündigt hat, ist nicht die Zielsetzung für Berlin. Wir wollen ein 29-Euro-Ticket auch über den Dezember hinaus und sind bereit, das als Land zu bezuschussen“, sagte Saleh. „Ich habe die Hoffnung, dass Brandenburg da mitzieht.“ Die Absenkung des Sozialtickets sei in der Koalition bereits vereinbart - unklar war zuletzt aber noch, auf welche Höhe.
„Wir wollen da nachbessern, weil es nicht vertretbar ist, dass zwischen dem Sozialticket und dem 29-Euro-Ticket nur noch 1,50 Euro Unterschied sind, das wäre nicht fair und nicht solidarisch“, so der SPD-Landeschef. „Und wenn es nach uns geht, dann wollen wir das 29-Euro-Ticket langfristig. Zu sagen, das Geld sei nicht da, sei falsch. „Wer nicht will, dass die braunen Hetzer politisches Kapital aus der Krise schlagen, der muss zeigen, dass er sie sozialpolitisch meistern will.“
Ein größerer Brocken im Nachtragshaushalt dürften auch die Hilfen für den Bereich soziale und öffentliche Infrastruktur sein, die Rot-Grün-Rot beschließen will. „Das gilt für Feuerwehr und Polizei, aber auch für Sozialverbände und freie Träger. Und deshalb werden wir da einen großen Schluck aus der Pulle nehmen“, kündigte Saleh an. Als realistisch gilt eine Größenordnung im dreistelligen Millionenbereich.
Nach öffentlichen Unstimmigkeiten zwischen den Koalitionspartnern etwa beim Thema Maskenpflicht oder den Plänen zur dauerhaft autofreien Friedrichstraße empfahl Saleh, den Ball flach zu halten: „Ich glaube, dass die Menschen in Berlin gerade nicht der Wahlkampf interessiert. Was sie interessiert ist, dass sie Antworten bekommen, wie sie in dieser größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg gut über die Runden kommen.“
Sein Appell laute deshalb, den Wahlkampf nicht vorzuziehen, sagte der SPD-Politiker. „Lasst uns, wenn es drauf ankommt, hart in der Sache streiten und um jede Stimme in der Stadt, aber lasst uns jetzt unsere gemeinsame Arbeit gut machen.“
Die Parteien sollten sich dabei nicht von Umfragen leiten lassen - die Berliner Sozialdemokraten lagen dabei zuletzt hinter Grünen und CDU auf Platz drei. „Die SPD hatte auch zu Beginn der letzten Wahl Umfragewerte von zeitweise 13 oder 14 Prozent“, sagte Saleh. „Wenn die Berliner merken, man arbeitet hart für die Sache, dafür, dass es nicht zu einem Abrutschen der Mittelschicht kommt, dass die Gesellschaft beieinander bleibt, zahlt sich das am Ende aus.“