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Rentenstreit Spahn: Koalition muss regierungsfähig bleiben

Noch ist der Streit über die Rente nicht entschärft. Der Unionsfraktionschef mahnt und lobt zugleich den rebellischen Unionsnachwuchs. Die Grünen machen eigene Vorschläge.

Von Stefan Heinemeyer und Carsten Hoffmann, dpa 23.11.2025, 15:25
Spahn mahnt: Regierung muss handlungsfähig bleiben. (Archivbild)
Spahn mahnt: Regierung muss handlungsfähig bleiben. (Archivbild) Philipp von Ditfurth/dpa

Berlin/Johannesburg - Mit einem Appell und Lob versucht Unionsfraktionschef Jens Spahn die jungen Kritiker des geplanten Rentenpakets zur Zustimmung zu bewegen. „Für die Argumente der Jungen Gruppe und der Jungen Union gibt es viel Verständnis und Sympathie. Gleichzeitig haben alle das große Ganze im Blick: Diese Koalition muss regierungsfähig sein, wenn wir etwas erreichen wollen für unser Land“, sagte der CDU-Politiker dem „Münchner Merkur“.

„Für die SPD sind stabile Renten ein so entscheidendes Thema wie für uns Sicherheit, Begrenzung der irregulären Migration oder Ankurbeln der Wirtschaft. Das abzuwägen, ist klassische Verantwortungsethik in der Politik und gilt genauso für uns wie die SPD“, mahnte Spahn. Er betonte, die Koalition brauche eine eigene Mehrheit und dürfe nicht auf Stimmen anderer Fraktionen angewiesen sein. 

Spahn: Junge Union hat notwendige Rentendebatte angestoßen

Er bescheinigte den Kritikern des Pakets Erfolge mit ihrem Protest. „Dank ihnen findet eine wirklich breite Rentendebatte statt.“ Diese sei nötig, denn die Rentenversicherung sei nicht gut auf den Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge vorbereitet. Es sei auch ein Erfolg der jungen Abgeordneten, dass die Rentenkommission früher eingesetzt werde – noch im Dezember – und schon in einem halben Jahr Ergebnisse mit Substanz liefern solle.

Die Kommission soll Vorschläge zur langfristigen Sicherung der Altersversorgung machen. Zu dem strittigen Rentenpaket, das zum 1. Januar in Kraft treten soll, gehören die sogenannte Haltelinie beim Renten-Sicherungsniveau, die ausgeweitete Mütterrente, die geplante Frühstartrente, wonach Kinder ab dem sechsten Lebensjahr pro Monat zehn Euro vom Staat für ein Altersvorsorgedepot bekommen sollen, die Aktivrente mit steuerfreiem Zuverdienst bis zu 2.000 Euro im Monat für Rentner, eine Betriebsrentenstärkung und die Reform der Riester-Rente. 

Entschließungsantrag reicht Unionsnachwuchs nicht aus 

Die Junge Gruppe lehnte wegen möglicher hoher Kosten das Rentenpaket ab - ohne sie hätte die Koalition keine sichere Mehrheit bei einer Parlamentsabstimmung. Kanzler Friedrich Merz (CDU) hatte vorgeschlagen, den Bedenken in einem „Begleittext“ oder Entschließungsantrag zum aktuellen Gesetzentwurf Rechnung zu tragen.

Das reicht dem Unionsnachwuchs nicht aus. Der Vorsitzende der Jungen Union (JU), Johannes Winkel (CDU), sagte der „Rheinischen Post“: „Es ist nicht überzeugend, sich unverbindlich zu entschließen, in Zukunft das Gegenteil von dem zu tun, was man im gleichen Atemzug verbindlich beschlossen hat.“ 

Rentenstreit verfolgt den Kanzler bis nach Südafrika

Auf den Rentenstreit wurden auch Merz und Vizekanzler Lars Klingbeil nach Abschluss des G20-Gipfels in Johannesburg angesprochen. „Das hat hier keine Rolle gespielt, das kann ich ihnen versichern“, sagte Merz auf eine Reporterfrage. SPD-Chef Klingbeil neben ihm betonte: „Ich kann das bestätigen.“ Generell unterstrich der Kanzler, man werde Deutschland nur gut in die Zukunft führen, wenn auch innenpolitische Aufgaben gelöst werden. „Da sind wir beide uns einig, das haben wir fest vor.“ 

Grünen-Fraktion legt eigenes Konzept vor

Auf die Grünen kann die Koalition nicht zählen. Co-Parteichef Felix Banaszak sagte der „Bild am Sonntag“: „Wir stimmen gegen dieses Rentenpaket, weil es im Gesamten kein sinnvoller Umgang mit Geld ist und die Strukturprobleme überhaupt nicht anfasst.“ 

Die Grünen im Bundestag legten am Sonntag eigene Ideen für eine dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus bei durchschnittlich 48 Prozent der Löhne und Gehälter vor. Unter fünf Forderungen sind eine Abkehr von Frühverrentungsprogrammen und die Reform der „Rente mit 63“. 

„Der tatsächliche Einstieg in die Rente muss weiter ansteigen. Würden alle Beschäftigten tatsächlich bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter arbeiten, würde der Beitragssatz bis 2030 um knapp ein Prozent sinken“, schreiben die Grünen-Politiker Katharina Dröge, Britta Haßelmann und Andreas Audretsch in ihrem Papier, über das zuerst das ARD-Hauptstadtstudio berichtete. 

Mehr Beitragszahler für die Renten

Die Finanzierung der Rente müsse auf mehr Schultern verteilt werden. „Könnten Frauen so viel arbeiten, wie sie wollen, dann würde der Arbeitsmarkt in Deutschland um etwa 800.000 Vollzeitstellen wachsen und damit mehr in die Rente eingezahlt werden“, so die Grünen. Sie plädieren für mehr Zuwanderung zur Stabilisierung der Rente und fordern „nicht anderweitig abgesicherte Selbstständige, neue Beamte und Abgeordnete“ in die gesetzliche Rente einzubeziehen. Vorgeschlagen wird auch, im Rentensystem Möglichkeiten des Kapitalmarktes besser zu nutzen und die Grundrente „zu einer einfachen und bürokratiearmen Garantierente gegen Altersarmut“ auszubauen.