Verwaltung Queer-Verbände besorgt über Pläne zum Geschlechtseintrag
Wer Namen und Geschlechtseintrag ändern lässt, möchte seine frühere amtliche Identität hinter sich lassen. Doch das werde schwieriger mit einem neuen Vorhaben des Innenministeriums, fürchten Verbände.

Berlin - Pläne des Bundesinnenministeriums lösen Besorgnis bei Queer-Verbänden aus. Das Ministerium möchte, dass Menschen, die ihren Geschlechtseintrag und Vornamen im Personenstandsregister ändern lassen, drei neue Datenblätter zum früheren Geschlechtseintrag ausfüllen. Weitere Behörden wie die Rentenversicherung und das Bundeszentralamt für Steuern sollen dann über die Neuerungen informiert werden.
Verband sieht massiven Eingriff in Privatsphäre
Anlass für das Vorhaben ist laut Innenministerium das Inkrafttreten des Selbstbestimmungsgesetzes am 1. November vergangenen Jahres. Dies macht es leichter, auf dem Amt Geschlechtseintrag und Vornamen ändern zu lassen. Zuvor waren dafür aufwendige Gutachten und eine Gerichtsentscheidung nötig.
Zum Vorhaben des Innenministeriums erklärt die Deutsche Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit (dgti): „Wir sehen darin einen massiven Eingriff in die Privatsphäre und einen Widerspruch gegen das Selbstbestimmungsgesetz.“ Angesichts steigender Zahlen von Hasskriminalität sei es dringend notwendig, die geschlechtliche und sexuelle Identität im Grundgesetz zu schützen und nicht durch zusätzliche Kennzeichnungen offenzulegen.
Der Verband Queere Vielfalt äußert sich ganz ähnlich: „Die Erfassung, Übermittlung und Offenbarung der sensiblen Informationen über frühere Geschlechtseinträge und Vornamen und damit stets auch über die Transgeschlechtlichkeit einer Person darf nur unter engen Voraussetzungen geschehen.“ Ein eigenes Datenblatt mit dem früheren Geschlechtseintrag hebe diese Tatsachen hingegen hervor.
Beide Verbände halten zusätzliche Vorgaben zudem für unnötig. „Es ist unklar, warum Behörden wie die Rentenversicherung gesondert über eine Personenstandsänderung informiert werden müssen“, schreibt die dgti. „Versicherte teilen Änderungen der Rentenversicherung selbst mit, da sich die Sozialversicherungsnummer ändert.“
Innenministerium verteidigt Pläne
Das Innenministerium verteidigt das Vorhaben. Die Verordnung stelle sicher, dass Menschen, die Geschlechtseintrag und Vornamen geändert hätten, in amtlichen Registern und Informationssystemen weiterhin identifiziert werden könnten und ihre Identität nachvollziehbar sei. „Dies ist zugleich Voraussetzung, um die bereits zu der Person gespeicherten Daten zu aktualisieren.“
Die Behörden, an die die Daten gehen, würden mit der Änderung zudem in die Lage versetzt, das sogenannte Offenbarungsverbot zu erkennen und durchzusetzen. Dieses sieht vor, dass die bis zur Änderung eingetragene Geschlechtsangabe und der frühere Vorname nicht ohne Zustimmung Betroffener „offenbart oder ausgeforscht“ werden dürfen. Es gelten bestimmte Ausnahme für Strafverfolgungs- oder Sicherheitsbehörden.
Der Verband Queere Vielfalt findet das befremdlich. „Es erscheint paradox, dass das Offenbarungsverbot gerade durch eine Ausweitung der Speicherung und Übermittlung der Informationen sichergestellt werden soll.“
Der Queer-Beauftragte des Berliner Senats, Alfonso Pantisano (SPD), sprach in einem Gastbeitrag für das Portal „Queer“ von einem „Anschlag auf unsere Freiheit“. „Wenn wir Menschen systematisch erfassen, nur weil sie sich befreit haben, verwandeln wir Selbstbestimmung in einen Risikoindex. Wir machen aus staatlicher Fürsorge staatliches Misstrauen. Und dann ist es nur ein kleiner Schritt von der Datenbank zur staatlichen Verfolgung.“