Corona-Aufarbeitung Millionen-Folgekosten wegen Maskenkäufen
Zu Beginn der Pandemie besorgte der Staat massenhaft Schutzmaterial, das akut benötigt, aber dann doch nicht verwendet wurde. Das hat finanzielle Auswirkungen - und die Kritik daran wird schärfer.

Berlin - Die umstrittenen Maskenkäufe zu Beginn der Corona-Krise 2020 kosten den Bund noch immer Millionen. Die Folgekosten für die Verwaltung der „Überbeschaffung“ hätten sich 2024 um weitere 57 Millionen Euro auf nunmehr 517 Millionen Euro erhöht, heißt es in einem Bericht des Bundesrechnungshofs an den Haushaltsausschuss des Bundestags. Das Gremium will an diesem Dienstag die Sonderermittlerin Margaretha Sudhof anhören. Grüne und Linke verschärften ihre Kritik am damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU).
„Für die noch nutzbaren Restbestände von 800 Millionen Schutzmasken im Jahr 2024 fehlt es an einem Verteilungskonzept“, heißt es in dem Bericht des Rechnungshofs zur Entwicklung des Gesundheitsetats, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zuerst berichtete der „Spiegel“ darüber. Für 2025 seien Folgekosten von 45 Millionen Euro vorgesehen. Für 2026 und 2027 werde allein für absehbare Verpflichtungen wie Lager, Logistik, Vernichtung, externe Beratung und Rechtsberatung mit Ausgaben von 67,3 Millionen Euro gerechnet.
Hälfte der beschafften Masken nicht verwendet
Laut Bundesrechnungshof gab das Ministerium bis 2024 rund 5,9 Milliarden Euro für 5,8 Milliarden Masken aus. Die Behörde bekräftigte ihre Kritik an einer „massiven Überbeschaffung“. Letztlich seien nur 1,7 Milliarden Masken im Inland verteilt worden. Mehr als die Hälfte der beschafften Menge sei vernichtet worden oder müsse es noch werden. Außerdem rechne das Ministerium für 2025 mit Abwicklungsrisiken aus Verträgen zu direkten Beschaffungen von bis zu 120 Millionen Euro sowie von 360 Millionen Euro aus Rechtsstreitigkeiten.
Bei den Streitigkeiten geht es um eine Beschaffungsmethode, mit der sich Spahns Ministerium 2020 eingeschaltet hatte, um dringend benötigte, aber knappe Masken heranzuschaffen. Es ging dafür Lieferverträge ohne weitere Verhandlungen zu festen hohen Preisen ein. Wegen dann nicht abgenommener Masken klagten Lieferanten. Aktuell seien noch rund 100 Klagen mit einem Gesamtstreitwert von 2,3 Milliarden Euro anhängig, erläutert der Rechnungshof.
Grüne und Linke werben bei SPD für U-Ausschuss
Die Grünen-Haushaltsexpertin Paula Piechotta sagte: „Angesichts von Milliardenschäden hat die Öffentlichkeit das Anrecht auf Aufklärung der Maskendeals.“ Grüne und Linke appellierten erneut an die SPD, den Weg für einen Untersuchungsausschuss freizumachen. Allein kommen die zwei Oppositionsfraktionen nicht auf die dazu nötigen 25 Prozent, ein gemeinsames Vorgehen mit der AfD lehnen sie ab. Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Irene Mihalic sagte dem „Stern“: „Verweigert die SPD ihre Stimmen, stellt sie sich schützend vor Jens Spahn und gegen das Minderheitenrecht des Parlaments.“
Der Druck auf den heutigen Unionsfraktionschef hatte sich erhöht, nachdem ein zunächst teilweise unleserlich gemachter Bericht der Sonderermittlerin Sudhof ungeschwärzt bekannt wurde. Aus Sicht von Grünen und Linken zeigt der Bericht, dass Spahn eng in Maskengeschäfte eingebunden gewesen sei. Die jetzige Ministerin Nina Warken (CDU) rechtfertigte die Schwärzungen erneut mit Verweis auf laufende Prozesse und Geheimhaltungsverpflichtungen. „Wir haben es nicht getan, um Jens Spahn zu schützen“, sagte sie im ZDF.
Spahn beklagt bösartige Vorwürfe
Spahn beklagte bösartige Vorwürfe in der Debatte um seine Person. „Ich wünsche mir, dass mein Handeln im Kontext der damaligen Notlage bewertet wird. Wir waren völlig unvorbereitet“, sagte der CDU-Politiker dem „Stern“. „Stattdessen werden nun, fünf Jahre später, Maßstäbe angelegt, als hätte es gar keine Jahrhundertpandemie gegeben, und bösartig Vorwürfe konstruiert.“ Auf die Frage, ob er Angst vor einem U-Ausschuss habe, sagte Spahn: „Nein.“
Die Union lehnt einen Untersuchungsausschuss jedoch ab. Fraktionsgeschäftsführer Steffen Bilger (CDU) wies darauf hin, dass die schwarz-rote Koalition eine Enquete-Kommission des Bundestags zur Corona-Zeit plant. „Ein nur mit Politikern besetzter Untersuchungsausschuss ist ein klassisches Instrument der Opposition“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. Die Kommission dagegen könne mit Experten sachlich und überparteilich die Pandemie aufarbeiten.