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Anderer Umgang mit AfD? Merz: Keine AfD-Zusammenarbeit mit mir als Parteichef

In der CDU ist vor der Präsidiumsklausur der Streit über den Umgang mit der AfD neu entbrannt. Parteichef Friedrich Merz nutzt einen Bürgerdialog, um eine rote Linie zu ziehen.

Von dpa Aktualisiert: 18.10.2025, 15:11
CDU-Chef Merz zieht eine rote Linie: Mit ihm als Parteivorsitzenden gibt es keine Zusammenarbeit mit der AfD.
CDU-Chef Merz zieht eine rote Linie: Mit ihm als Parteivorsitzenden gibt es keine Zusammenarbeit mit der AfD. Thomas Banneyer/dpa

Berlin/Meschede - In der unionsinternen Debatte über ein Ende des strengen Abgrenzungskurses von der AfD wirft Friedrich Merz seine Autorität als CDU-Chef in die Waagschale. Bei einem Bürgerdialog in Meschede sagte der Kanzler, es gebe keine Zusammenarbeit mit einer Partei, die alles infrage stelle, was Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten stark gemacht habe - „jedenfalls nicht unter mir als den Parteivorsitzenden der CDU Deutschlands“.

„Es gibt zwischen der CDU und der AfD keine Gemeinsamkeit.“ Vielmehr gebe es „fundamentale Unterschiede“, betonte Merz. Die AfD stehe gegen die Europäische Union, gegen die Europäische Währungsunion, gegen die Nato, gegen die Wehrpflicht. „Die steht gegen alles, was die Bundesrepublik Deutschland in den letzten acht Jahrzehnten groß und stark gemacht hat.“ 

Unmittelbar vor zweitägigen Beratungen des Präsidiums der CDU zog Merz damit eine rote Linie, nachdem in den vergangenen Tagen die schon seit langem schwelende Debatte erneut entbrannt war. Auslöser waren Äußerungen früherer einflussreicher Unionspolitiker, die sich für eine neue Strategie im Umgang mit der AfD ausgesprochen hatten. Das CDU-Präsidium berät an diesem Sonntag und Montag über das Thema. 

Debatte vor dem Hintergrund starker AfD-Umfragewerte

Die Debatte wird in der CDU auch vor dem Hintergrund starker Umfragewerte der AfD und mit Blick auf die Landtagswahlen im kommenden Jahr geführt. Im März werden in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz die Parlamente neu gewählt, im September dann in Berlin, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. 

In den beiden letzteren Bundesländern kommt die AfD in jüngsten Umfragen an die 40 Prozent heran und ist mit weitem Abstand stärkste Partei. Eine Regierungsbildung ohne sie wird immer schwieriger.

Aber auch bundesweit legt die AfD immer weiter zu. In einer neuen Insa-Umfrage für die „Bild“ kommt sie auf einen Spitzenwert von 27 Prozent und lässt die CDU/CSU um zwei Punkte hinter sich. Die beiden Unionsparteien kommen zusammen auf 25 Prozent, die SPD liegt bei 14 Prozent. Die Koalition aus Union und SPD hat damit in dieser Umfrage keine Mehrheit mehr.

Merz will Unterschiede zur AfD stärker deutlich machen

Zuvor hatte Merz die AfD bereits in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ als „Hauptgegner“ der Union bezeichnet und betont: „Wir werden noch viel deutlicher die Unterschiede zwischen uns und der AfD herausstellen.“

In der öffentlichen Wahrnehmung setze sich eine falsche Erzählung fest: „Die könnten doch mit der AfD alles durchsetzen, wenn sie nur diese Brandmauer einreißen würden. Diese Erzählung ist falsch.“ Die AfD stelle nicht nur die Politik von Angela Merkel (CDU) infrage, sondern der Bundesrepublik Deutschland, wie sie seit dem ersten Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) geprägt und von der CDU mitgeprägt worden sei. 

„Die immer wieder von der AfD bemühte "ausgestreckte Hand" will uns in Wahrheit vernichten, so sagt sie es ja selbst“, sagte Merz. „Und deshalb ist die AfD in den nächsten Wahlauseinandersetzungen unser Hauptgegner.“

Merz zu künftigen Wahlkämpfen: „die oder wir“

Die CDU unterscheide sich in allen wesentlichen Grundüberzeugungen von der AfD. „Und darum wird der Meinungskampf mit der AfD und werden die zukünftigen Wahlkämpfe in Deutschland vermutlich allein um die Frage gehen: die oder wir.“ Zugleich machte Merz deutlich, dass die Union zu viel Platz auf der rechten Seite gelassen habe. 

Mit Blick auf die Flüchtlingspolitik der damaligen Kanzlerin Merkel sagte er: „2015 wurden Entscheidungen getroffen, die dazu beigetragen haben, dass die AfD 2017 in den Bundestag kam.“ Entscheidungen aus den Jahren nach 2021, der Zeit der Ampel-Regierung, hätten wesentlich zur Verdoppelung der AfD innerhalb einer Wahlperiode beigetragen.

Merz will kein AfD-Verbotsverfahren 

Beim Bürgerdialog im heimischen Sauerland sprach sich Merz zugleich gegen ein AfD-Verbotsverfahren aus. „Ich habe wenig Sympathie dafür, mit einem solchen Instrument zu arbeiten.“ Man müsse sich vielmehr in der Sache mit der AfD auseinandersetzen und den Wählerinnen und Wählern ein gutes Angebot machen, so dass sie gar nicht auf den Gedanken kämen, erneut diese Partei zu wählen.

Der CDU-Vorsitzende nahm dabei ausdrücklich auch den Koalitionspartner SPD in die Pflicht. „Wir stehen vor großen Reformen. Und jetzt müssen wir aus der politischen Mitte unseres Landes heraus den Beweis erbringen, dass Reformen möglich sind.“ Er sei fest entschlossen, dies zu tun, betonte Merz.

CSU warnt vor Lockerungen im Umgang mit AfD 

CSU-Generalsekretär Martin Huber warnte die Schwesterpartei vor einem anderen Umgang mit der AfD. Diese sei eine Gefahr für Deutschland, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Wo Christdemokraten mit extrem rechten Parteien kooperiert haben, sind am Ende die Christdemokraten verschwunden. Unsere Position als CSU ist klar: Keine Kooperation mit der AfD – und das gilt auf allen Ebenen.“ 

Der CDU-Vizevorsitzende und NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann nannte die AfD eine „Nazi-Partei“. „Die Inhalte und Positionen der AfD sind unvereinbar mit den Werten der Christdemokratie und damit auch der CDU“, sagte er der Funke Mediengruppe. 

SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf forderte die Spitze der Union auf, ein klares Stoppsignal zu setzen. „Rechtsextreme bekämpft man niemals damit, dass man mit ihnen zusammenarbeitet“, sagte er der „Rhein-Neckar-Zeitung“. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, verlangte beim RND von der CDU-Führung, sich bei ihrer Klausur klar zur Brandmauer zu bekennen.

Unvereinbarkeitsbeschluss seit 2018

Nach dem Unvereinbarkeitsbeschluss der Bundespartei aus dem Jahr 2018 lehnt die CDU Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit mit der AfD ab. Gleiches gilt für eine Zusammenarbeit mit der Linken.

Die Debatte über ein Aufweichen dieser strengen Linie gegenüber der AfD ist nicht neu, hat wegen eines Vorstoßes ehemals einflussreicher Unionspolitiker aber wieder Fahrt aufgenommen. Der frühere CDU-Generalsekretär Peter Tauber und Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatten sich für eine Lockerung der sogenannten Brandmauer zur AfD ausgesprochen. Auch Politiker mehrerer ostdeutscher Landesverbände plädierten dafür.