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Geschichte Kunst von DDR-Ausgereisten im Staatlichen Museum Schwerin

Ein besonderes Stück DDR-Geschichte wird am Staatlichen Museum Schwerin aufgearbeitet: der Entzug von Kulturgut aus Privatbesitz in den Jahren 1945 bis 1990. Wer etwa in den Westen ausreisen wollte, durfte wertvolle Stücke nicht mitnehmen. Manches kam ins so Museum.

Von dpa Aktualisiert: 04.02.2023, 21:49

Schwerin - Im Staatlichen Museum Schwerin gibt es Kunstwerke, die einst DDR-Ausreisenden gehörten und die sie nicht mit in den Westen nehmen durften. Das Museum gelangte so unter anderem in den Besitz einer Jugendstil-Figur aus Meißner Porzellan und von drei Gemälden des bedeutenden mecklenburgischen Malers Rudolf Bartels (1872-1943), wie der Historiker Michael Busch am Donnerstagabend in einem Vortrag in Schwerin berichtete. Er untersucht für das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste, in welchem Maße das Staatliche Museum Schwerin bei Kulturgutentziehungen in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR von 1945 bis 1990 beteiligt war.

Das Museum hat nach Buschs Recherchen zu DDR-Zeit etwa 1000 Gutachten über Kulturgüter im Besitz Ausreisender angefertigt. Die Museumsleute hatten demnach eine Empfehlung abzugeben, was aufgrund der kulturhistorischen Bedeutung in der DDR bleiben sollte. Diese Stücke mussten die Betroffenen verschenken, verkaufen oder anderweitig innerhalb der DDR abgeben. Sie hätten sie auch vernichten können - nur in den Westen mitnehmen durften sie sie nicht, so Busch.

Einige Stücke - wie viele genau, konnte Busch nicht sagen - seien auf diese Weise in den Besitz des Staatlichen Museums Schwerin gelangt. Der prominenteste Zugang sei 1980 eine Winterlandschaft von Rudolf Bartels gewesen. Das Bild habe die Witwe von Friedrich Schult - ein enger Freund von Ernst Barlach (1870-1938) - dem Museum geschenkt, als sie in den Westen gegangen sei. Offenbar habe es eine Absprache gegeben, so Busch, denn die Witwe habe antike Möbel, Silber und Schmuck mitnehmen dürfen. Das Museum habe diese Stücke als nicht bedeutend eingestuft.

Die Porzellanfigur „Kugelwerferin“ wurde nach Buschs Worten 1977 für 100 Mark von einer ausreisenden Frau angekauft - offenkundig unter Wert. Die frühere Besitzerin habe 2001 eine Ausstellung in Schwerin besucht und die Figur wiedererkannt. Sie habe sie aber nicht zurückhaben wollen. Dafür gäbe es auch keine rechtliche Handhabe, erläuterte der Historiker. Während zu NS-Zeit entzogene Kunst zeitlich unbegrenzt zurückzugeben sei, sind die Fristen für entzogene Kunst in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR nach Buschs Worten 1993 beziehungsweise 1995 abgelaufen. Zivil- und restitutionsrechtliche Ansprüche bestünden nicht mehr.