Deutschland ohne Frings gegen Portugal
Basel/dpa. - Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bestreitet das Viertelfinale bei der Europameisterschaft in Basel gegen Portugal ohne Torsten Frings.
Dem gesperrten Bundestrainer Joachim Löw, der auf der Bank von Assistent Hans-Dieter Flick vertreten wird, war das Risiko zu groß, den Bremer mit gebrochener Rippe einzusetzen. Dafür wagt er einen Systemwechsel und stellt im Mittelfeld Thomas Hitzlsperger und den bislang noch nicht eingesetzten Simon Rolfes in die Startformation. Im Gegensatz zu Frings ist der angeschlagene Lukas Podolski dabei.
Vor dem Spiel gegen Portugals Ballzauberer um Cristiano Ronaldo drückte auch noch das Bank-Verbot der gnadenlosen UEFA-Richter für Bundestrainer Joachim Löw auf die Stimmung im deutschen Lager. Unter dem Eindruck der schlechten Vorzeichen stempelte sich die am Donnerstag (20.45 Uhr) in Basel erstmals von Assistenztrainer Hans-Dieter Flick betreute DFB-Auswahl sogar zum klaren Außenseiter im ersten EM-Viertelfinale. «In der Vorrunde waren wir das große Deutschland. Jetzt ist die Ausgangsposition eine andere: Portugal ist der große Favorit», sagte Teammanager Oliver Bierhoff.
Kampflos kapitulieren wird der dreimalige Europameister aber nicht. «Wir wollen auch als Underdog ins Halbfinale», erklärte Bierhoff, der die Sperre von Löw scharf kritisierte und als «schwere Niederlage für den Fußball» bezeichnete. Der Bundestrainer selbst nahm seine Bestrafung «zur Kenntnis», mochte sie aber inhaltlich nicht kommentieren: «Natürlich bin ich maßlos enttäuscht.»
«Es tut ihm weh», berichtete Bierhoff am Abend in Basel über Löws Gemütszustand. Die automatische Ein-Spiel-Sperre nach dem «Platzverweis» im Österreich-Spiel, welche die UEFA-Kommission nach stundenlangen Beratungen endgültig und unwiderruflich verhängte, soll eine Jetzt-erst-recht-Haltung auslösen. «Wir spielen für Deutschland und den Trainer», kündigte Mittelfeldspieler Clemens Fritz bei einer Pressekonferenz in Basel an. Für die Mannschaft sei die Sperre des DFB-Chefcoaches «schwer nachvollziehbar». Sogar Portugal-Coach Luiz Felipe Scolari sagte, dass ihm eine Begnadigung Löws lieber gewesen wäre: «Für uns ist es kein Vorteil, wenn er nicht auf der Bank ist. Ich würde applaudieren, wenn er dort sitzen würde.»
Bierhoff sprach «Greenhorn» Flick das «hundertprozentige Vertrauen» aus. «Er hat schon als Cheftrainer gearbeitet in Hoffenheim», sagte der Manager. Aber da war der Dorfclub noch ein Drittligist. Löw darf bis zum Betreten des Stadions wenigstens das Feintuning übernehmen, wie Bierhoff hervorhob. «Die Einstellung und Vorbereitung der Spieler vor dem Spiel ist am wichtigsten.»
Entscheidend sind ohnehin die Spieler, aber der nach seiner Rot-Sperre zurückkehrende Bastian Schweinsteiger äußerte erst einmal höchsten Respekt vor dem WM-Vierten. «Für mich sind die Portugiesen der große Favorit bei dieser EM», sagte der Münchner über Ronaldo, Deco & Co. «Es wird sehr schwer für uns, sie zu schlagen. Wir müssen von Beginn an powern, sonst haben wir keine Chance.» Auch Löw, der vor seiner Sperre und der bitteren Diagnose bei Frings noch ein Halbfinal-Versprechen abgegeben hatte, geht nicht selbstverständlich von einem Einzug in die Vorschlussrunde gegen die Türkei oder Kroatien aus: «Wir gehen nicht als klarer Favorit ins Spiel.»
Nach den extremen Leistungsschwankungen in der Vorrunde baute Bierhoff schon für den Fall des Ausscheidens vor. «Wir sind froh, dass wir unser Minimalziel erreicht haben, was wir bei den letzten zwei EM-Turnieren nicht erreicht haben», sagte der Manager angesichts der überstandenen Vorrunde. Vor Turnierbeginn hatte der Teammanager noch selbstbewusst das Halbfinale zum «Mindestziel» erklärt.
Ausgeruht, heiß und gegenüber dem Team «in einer Bringschuld» (Löw) ist Schweinsteiger. Er soll nach seiner Rot-Sperre über den Flügel Druck machen und möglichst wie im kleinen WM-Finale 2006, als er beim 3:1-Sieg zwei Tore erzielte, mit seiner Schusskraft zum Schreckgespenst für Portugals Schlussmann Ricardo werden. «Natürlich spielt diese Vorgeschichte im Kopf eine Rolle», sagte Schweinsteiger.
Auch wenn Löw auf einen spielerischen Schub hofft, sollen einmal mehr die «deutschen Tugenden» wie Laufbereitschaft und Kampfkraft der Trumpf sein. Insbesondere Überflieger Ronaldo soll auf den Flanken bekämpft werden. «Wir müssen möglichst doppeln», forderte Löw. Die teutonische Willenskraft flößt auch den Portugiesen Respekt ein, wie Ronaldo verriet: «Deutschland hat eine gefährliche Mannschaft und ist die höchste Hürde auf dem Weg ins Finale.»