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Deutschland fordert Lösung in Gasstreit

02.01.2009, 16:51

Moskau/dpa. - Nach dem Lieferstopp für russisches Gas in die Ukraine hat die Bundesregierung Moskau und Kiew eindringlich zur Lösung ihres zugespitzten Streits aufgefordert. Engpässe bei der Versorgung in Deutschland sind nach Regierungsangaben vom Freitag auf absehbare Zeit nicht zu befürchten.

«Beide haben sich in dieser Situation als verlässliche Partner zu erweisen», sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg in Berlin. Die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine über neue Gaspreise und Lieferverträge waren am Silvesterabend gescheitert. Ein Ende des Streits ist nicht in Sicht.

Der russische Gasmonopolist Gazprom kritisierte die «Blockade-Haltung» der Ukraine bei den Verhandlungen. Konzern-Sprecher Sergej Kuprijanow warf dem ukrainischen Unternehmen Naftogas «Gas-Diebstahl» vor. Zuvor hatte Naftogas angekündigt, von diesem Samstag an die von Gazprom vorgesehenen Gaslieferungen nach Westeuropa nicht mehr in vollem Umfang garantieren zu können. Naftogas-Chef Oleg Dubina erklärte, dass aus «technischen Gründen» 21 Millionen Kubikmeter täglich entnommen werden müssten. Gazprom kündigte daraufhin eine Erhöhung des Gasexports durch Weißrussland an, um die Versorgungssicherheit in der EU zu gewährleisten.

«Es hat keine Änderungen bei den Volumen gegeben», sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am Freitag der dpa in Brüssel. Zusicherungen seien eingehalten worden. Die Sprecherin sagte, am Freitag nächster Woche (9. Januar) werde die sogenannte Gas- Koordinationsgruppe der EU mit Vertretern der 27 Mitgliedstaaten zu einem schon länger geplanten Treffen in Brüssel zusammenkommen, um die Lage zu erörtern. Dazu werde auch ein Vertreter des russischen Energiegiganten Gazprom erwartet.

Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko garantierte Bundeskanzlerin Angela Merkel und anderen Staats- und Regierungschefs der EU in einem Schreiben den reibungslosen Transport von russischem Gas über separate Pipelines nach Westeuropa. Zudem reiste eine ukrainische Regierungsdelegation nach Prag, um bei der neuen EU- Ratspräsidentschaft mögliche Befürchtungen von Engpässen zu zerstreuen. Die tschechische Regierung, die für die nächsten sechs Monate die Ratspräsidentschaft innehat, lehnte eine Einmischung in die Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew ab, wie Ministerpräsident Mirek Topolanek mitteilen ließ.

Regierungssprecher Steg sagte weiter, die Bundesregierung habe «die feste Erwartung», dass die Beteiligten in der Lage seien, die Probleme zu lösen und auch die Zusagen über Lieferungen einzuhalten. Beide Seiten seien aufgefordert, schnell und konstruktiv zu handeln und vertragliche Vereinbarungen zu treffen.

Die 46 Untertage-Gasspeicher, die deutsche Unternehmen unterhielten, seien «gut gefüllt», sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Fast 25 Prozent des Jahresbedarfs lagerten in den Speichern. Falls sich die Gasmengen aus Russland verringern, könne auf der Basis unterbrechbarer Verträge auf andere Energie-Arten umgestiegen werden. Bislang habe es bei der betroffenen E.ON Ruhrgas AG noch keine geringeren Lieferungen gegeben. «Die Verträge werden eingehalten», sagte die Sprecherin.

Vor drei Jahren war es in Westeuropa wegen des kalten Winters zu Problemen mit der Gaslieferung gekommen, weil die Ukraine Gas gestohlen haben soll. Russland befürchtet auch diesmal, dass die Ukraine zur Deckung des Eigenbedarfs das für den Transit bestimmte Gas abzapfen könnte. Allerdings hat sich Kiew bis Ende 2010 zum Transit vertraglich verpflichtet. Die Ukraine hatte auch darauf hingewiesen, dass ihre eigenen Gasreserven bis April ausreichten.

Die unter einer schweren Wirtschaftskrise leidende Ukraine will in diesem Jahr für das Gas aus Russland höchstens 210 Dollar (150 Euro) je 1000 Kubikmeter bezahlen und zudem mehr Gebühren für den Transit verlangen. Russland fordert 250 Dollar. Das ist eine Erhöhung um etwa 70 Dollar des bisher von der Ukraine bezahlten Preises, aber deutlich weniger als Westeuropa bezahlt. Laut Gazprom-Chef Alexej Miller liegt der aktuelle Marktpreis bei 418 US-Dollar je 1000 Kubikmeter Gas. Er sagte, dass die Ukraine wegen des Streits nun ebenfalls mit diesem Preis rechnen müsse.

Die US-Regierung hatte am Donnerstag Russland und die Ukraine aufgerufen, ihren Disput um Preise und Lieferverträge für Gas «auf eine transparente, kommerzielle Weise» beizulegen. In einer vom Washingtoner Außenministerium veröffentlichten Erklärung hieß es zugleich, die USA seien «besorgt» darüber, dass der russische Gasmonopolist Gazprom die Gaslieferungen an die Ukraine am Neujahrstag eingestellt habe. Über 80 Prozent der russischen Gasexporte nach Europa erfolgen über ukrainische Pipelines.