Deutsche Sprache Deutsche Sprache: «Alltag wird die Rechtschreibung beeinflussen»

München/dpa. - Die Alltagsgewohnheiten der Bürger werden die Rechtschreibung in Zukunft entscheidend beeinflussen. «Wir gehen davon aus, dass die Sprache und die Schreibgewohnheiten eine Antwort darauf geben werden, welche Schreibweise sich durchsetzt», sagte derVorsitzende des Rates für deutsche Rechtschreibung, Hans Zehetmair, in München. Am 1. August gelten die neuen Rechtschreibregeln, die in vielen Fällen Varianten zulassen, verbindlich; die Übergangsfrist in den Schulen läuft dann ab.
Politische Beschlüsse zu neuen Schreibweisen seien nicht unbedingt notwendig, meinte der frühere bayerische Kultusminister und CSU-Politiker. Er glaube vielmehr, dass die Wörterbuchverlage im Dialog mit dem Rat Empfehlungen geben werden. «Da wird jede Auflage Neuerungen haben, weil man dem Volk aufs Maul schaut!»
Der bis 2010 bestellte Rat wird künftig Veränderungen in derAlltagssprache genau beobachten. «Sprache bewegt sich immer, weil sielebendig ist», sagte Zehetmair. Besonderes Augenmerk wird der Rat aufWorte wie «Gämse» (alt: «Gemse») und behände (alt: «behende») richtensowie auf Bezeichnungen fremdsprachigen Ursprungs wie «Frisör» (alt:«Friseur»). «Es wird sich herausstellen, was sich durchsetzt», meinteZehetmair. «Als ich in die Schule ging, habe ich mir ein Paar Skiergeleistet; heute schreibe ich natürlich auch Schi.» EineVereinheitlichung der Rechtschreibung im gesamten deutschenSprachraum hält er für verfehlt: «Das wäre eine Verarmung, wenn esnicht mehr Wörter gäbe, die Sie nur in der Schweiz kennenlernen.»
Zum Abschluss wird der Rat der Kultusministerkonferenz einenBericht vorlegen. Die Zeit der großen Umwälzungen ist jedoch vorbei:«Nach den turbulenten ersten zwei Jahren gehen wir jetzt in ruhigeresFahrwasser», erklärte der Ratsvorsitzende. Jetzt müssten Ruhe undBeständigkeit einkehren.
Die Arbeit des Rates, der im Dezember 2004 als Reaktion auf diemassive Kritik an der Rechtschreibreform gegründet worden war, wertetZehetmair positiv. «Das war eine harte Zeit, aber insgesamt ein gutesErgebnis.» Vor allem für Schüler und Studenten sei es wichtiggewesen, die Unsicherheiten zu beseitigen. «Ich denke, wir haben dieReform in ein maßvolles Verhältnis gebracht.» Seine Aufgabe alsRatsvorsitzender war dagegen nicht immer leicht. «Ich habe versucht,der Sprache, die ich so sehr liebe, zu dienen», sagte er. «Unter denwaltenden Umständen war es richtig und hat es auch Sinn gemacht,obwohl es nicht vergnügungssteuerpflichtig war für mich.»
Dem Rat gehören 40 Mitglieder aus Deutschland, Österreich, derSchweiz, Liechtenstein, der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol und derDeutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens an.