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Deutsche Post lagert sämtliche eigene Filialen aus

13.06.2008, 14:52

Bonn/Berlin/dpa. - Die Deutsche Post will alle eigenen Filialen aus der Hand geben und vor allem in Einzelhandelsläden auslagern. Das bestätigte Post-Sprecher Martin Dopychai am Freitag in Bonn, nachdem das Bielefelder «Westfalen-Blatt» entsprechend berichtet hatte.

Die Poststellen würden nicht ersatzlos wegfallen, sondern - wie schon bisher - an den jeweiligen Standorten in sogenannte Partner-Filialen umgewandelt, erläuterte Dopychai. Der Service für Kunden werde dort noch erweitert, weil es meist längere Öffnungszeiten gebe. Außerdem komme die Post dem Einkaufsverhalten der Kunden entgegen.

Die Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM) kritisierte die Pläne der Post scharf. Der Präsident des Arbeitgeberverbands Neue Brief- und Zustelldienste, Florian Gerster, sprach von einer «Ohrfeige» für die Politik und Post-Kunden.

Der für das Filialnetz zuständige Post-Vorstand Jürgen Gerdes versicherte, mit der Umstrukturierung seien keine Einschränkungen für den Kunden verbunden: «Das Filialnetz wächst, es schrumpft nicht. Der Service wird besser, nicht schlechter. Unsere Angebote nehmen zu, nicht ab.» Gerdes kündigte die Einrichtung weiterer Filialen im kleinen Postpoint-Format an. Außerdem werde ein neuer Postboten- Service erprobt, wobei der Bote auch Briefe oder Pakete an der Haustür abholen könne.

Der DPVKOM-Bundesvorsitzende Volker Geyer sagte, «dies ist das völlig falsche Signal gegenüber Kunden und Beschäftigten». Kunden könne die Post auf Dauer nur dann halten, wenn sie den besten Service anbiete. «Das schafft sie nur mit eigenem, gut aus- und fortgebildetem Personal.»

Mit der völligen Öffnung des Briefmarkts in Deutschland ist die Post seit Jahresanfang nicht mehr verpflichtet, eigenbetriebene Filialen zu unterhalten. Eine Verkleinerung des umstrukturierten Filialnetzes - insgesamt hat die Post mehr als 13 500 feste Standorte - steht laut Gerdes nicht zur Debatte. Die gesetzlich geforderte Anzahl liegt bei 12 000 Filialen.

Bereits seit Jahren hat die Post aus Kostengründen bundesweit schrittweise eigene Filialen aufgegeben und dafür sogenannte Partner- Agenturen mit Fremdpersonal mit dem Service beauftragt. Es gibt bereits mehr als 7200 private Post-Agenturen, die schrittweise die klassischen Post-Filialen (frühere Postämter) ersetzt haben. Außerdem gibt es noch mehrere Tausend kleinere «Post-Service-Shops» und «Postpoints» mit begrenzten Angeboten. Als «Flagschiffe» sieht die Post die rund 850 Postbank-Finanzcenter. Die Banktochter hatte diese großen Filialen von der Post erworben.

Bisher war von der Post in Planungen bis 2011 angekündigt worden, dass von aktuell etwa 750 mit eigenem Personal betriebenen Filialen künftig nur noch rund 100 größere Filialen in eigener Regie weiter betrieben würden. Nun sollen sämtliche eigenen Filialen aufgegeben werden - soweit dies auch technisch machbar ist.

Der Präsident des Arbeitgeberverbands Neue Brief- und Zustelldienste erklärte, die kleineren «Postpoints» böten nur ein Minimalangebot und seien teilweise nur zwei Stunden am Tag geöffnet. Durch die Umwandlung umgehe der Post-Konzern den vor einem halben Jahr auf eigenes Betreiben hin eingeführten Mindestlohn.

Die politischen Eingriffe in den Markt hätten die privaten Briefdienstleister massiv daran gehindert, flächendeckende Alternativen zum Ex-Monopolisten Deutsche Post aufzubauen, betonte Gerster. «Dass nun ausgerechnet die Deutsche Post ihre marktbeherrschende Stellung dazu nutzt, um sich trickreich vor ihrem eigenen Mindestlohn zu drücken, ist eine Ohrfeige für ihre politischen Helfer. Ver.di und die Bundesregierung sind der Deutschen Post auf den Leim gegangen.»