1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Conti will sich gegen Schaeffler-Übernahme wehren

Conti will sich gegen Schaeffler-Übernahme wehren

16.07.2008, 15:40

Hannover/Herzogenaurach/dpa. - Im Übernahmekampf um den Autozulieferer Continental mit der fränkischen Schaeffler-Gruppe ist der Ton deutlich schärfer geworden. Die Conti-Spitze zeigte sich am Mittwoch kämpferisch und kündigte energische Gegenwehr an.

Schaeffler wies den Vorwurf eines illegalen Vorgehens von Conti-Chef Manfred Wennemer entschieden zurück. Man habe «keinerlei Verständnis für den vom Vorstandsvorsitzenden der Continental AG gewählten Stil der Auseinandersetzung», ließ das Unternehmen in Herzogenaurach wissen.

«Wir werden die Unabhängigkeit dieses Unternehmens verteidigen und dafür kämpfen», hatte Wennemer in Hannover erklärt. Schaeffler habe «durch die Hintertür» und auf rechtswidrige Weise versucht, schnell und möglichst billig die Kontrolle über Conti zu erlangen. Das Vorgehen sei «selbstherrlich und verantwortungslos.» Falls Schaeffler Erfolg haben würde, drohe eine Zerschlagung von Conti und eine Gefährdung von Jobs. Die Gewerkschaften äußerten sich sehr besorgt. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) ließ sich durch Wennemer persönlich informieren.

Schaeffler nannte den Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens im Zusammenhang mit Swap-Geschäften völlig haltlos. «Die Swap-Geschäfte über etwa 28 Prozent der Conti-Aktien geben keinen Anspruch auf Übereignung und damit keinen Zugriff auf die zugrundeliegenden Aktien», erklärte Schaeffler. Daher seien sie nach dem Wertpapierhandelsgesetz nicht meldepflichtig. «Es handelt sich hierbei um marktübliche Vereinbarungen.»

Die Bankenaufsicht (BaFin) prüft, ob die Schaeffler-Gruppe gegen Meldepflichten verstoßen hat. «Es liegt nicht auf der Hand, ob das geschehen ist oder nicht», sagte eine Sprecherin in Bonn. Denn es gebe durchaus die Möglichkeit, «durch Optionen oder ähnliches» Meldepflichten zu umgehen, die ab einem bestimmten Umfang von Anteilsbesitz bestehen. Die BaFin werde nun bei Schaeffler und den beteiligten Banken Auskünfte einholen und den Fall prüfen. Dies könne mehrere Wochen dauern. Sollte sich herausstellen, dass ein Verstoß gegen Meldepflichten vorliegt, drohe ein Bußgeld bis zu 200 000 Euro.

Conti wirft Schaeffler vor, sich rechtswidrig mit Hilfe von Banken und Derivate-Positionen Zugriff auf 36 Prozent des Continental- Kapitals verschafft zu haben. Meldepflichten seien auf diesem Weg umgangen worden. Dabei sei der nach dem Kauf der Siemenssparte VDO durch Conti gesunkene Aktienkurs ausgenutzt worden. Schaeffler bietet den Aktionären in ihrer Übernahmeofferte vom Dienstag 69,37 Euro pro Aktie - damit bewertet sie Conti mit 11,2 Milliarden Euro.

Wennemer sagte: «Continental ist kein willfähriges Opfer für Schnäppchenjäger, und aus diesem Grund lehnen wir das Übernahmeangebot der Schaeffler-Gruppe ab und bitten alle unsere Aktionäre, ihre Aktien nicht anzubieten.» Das Übernahmeangebot spiegele den wahren Wert der Continental nicht annähernd wider und entbehre einer überzeugenden industriellen Logik. Zwar hätte es Conti begrüßt, wenn sich Schaeffler mit einem Finanzinvestment von 20 Prozent an dem Unternehmen beteiligt hätte, führte der Conti-Chef aus. Doch Schaeffler habe entgegen vorheriger Ankündigungen auf einer Kontrollbeteiligung von mehr als 30 Prozent bestanden. «Wir sind getäuscht worden», sagte Wennemer.

Nach Einschätzung des Börsenexperten Wolfgang Gerke ist das Vorgehen von Schaeffler zwar trickreich, aber nicht rechtswidrig. Möglicherweise sei eine Gesetzeslücke genutzt worden, sagte Gerke in einem dpa-Gespräch. Ein Zusammengehen von Schaeffler und Conti hält er zudem für sinnvoll, um Kapazitäten auf der Zuliefererseite zu bündeln. «Die Strategie ist aus ökonomischer Sicht zu verstehen.»

Die Gewerkschaften und andere Experten halten die Erklärungen von Schaeffler, nicht unbedingt die Mehrheit anzustreben, das Unternehmen nicht zerschlagen und die Jobs erhalten zu wollen, für unglaubwürdig. Die IG BCE erklärte, es handle sich um eine feindliche Übernahme. Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. Die IG Metall kündigte ebenfalls massiven Widerstand an. IG BCE-Chef Hubertus Schmoldt sieht aber auch Versäumnisse bei Conti. Angesichts «riesiger Kredite» nach dem VDO- Kauf habe Wennemer damit rechnen müssen, «dass andere auch Monopoly spielen,» sagte er der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung». Er hätte sich in Kooperation mit Banken besser absichern müssen.

Der Autoexperte der Nord/LB, Frank Schwope sprach von einem «Pseudo-Angebot». Er geht davon aus, dass Schaeffler nach einer Übernahme versuchen würde, die Reifensparte zu verkaufen, um den Kauf zu refinanzieren. Die Sparte könnte allein fünf bis 10 Milliarden Euro einbringen. Schaeffler ist der weltweit zweitgrößte Wälzlagerhersteller, aber wesentlich kleiner als Conti. Schaeffler hat rund 66 000 Beschäftigte und erzielte 2007 einen Umsatz von 8,9 Milliarden Euro. Conti hat nach der Übernahme der Siemens-Sparte VDO rund 150 000 Beschäftigte und strebt 2008 einen Umsatz von mehr als 26,4 Milliarden Euro an.