Club-Präsident in Italien unter Verdacht
Potenza/dpa. - Neun Festnahmen, 20 Verdächtige, acht mutmaßlich manipulierte Fußballspiele und Verbindungen zur Mafia - auch der italienische Fußball wird von einem Wettskandal erschüttert.
Die italienische Polizei nahm den Präsidenten des Fußball-Drittligisten Potenza SC, Giuseppe Postiglione, sowie acht weitere Verdächtige fest. Einer der Inhaftierten soll nach Angaben italienischer Medien ein bekannter Mafioso sein. Ein Bezug zu den Drahtziehern im europäischen Wettskandal zeichnete sich aber bisher nicht ab.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Festgenommenen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und Wettbetrug vor. «Die Vorwürfe basieren auf Fakten», betonte der leitende Staatsanwalt in der süditalienischen Stadt Potenza, Giovanni Colangelo. «Wir haben klare Beweise gefunden, wonach es Drohungen und Einflussnahmen gegeben hat, um Spielergebnisse zu manipulieren», erklärte Colangelo.
Potenzas Club-Chef Postiglione und seine Komplizen stehen unter dem Verdacht, das Zweitligaspiel zwischen Ravenna und Lecce (1:3) am 26. April 2008 manipuliert zu haben. Nach Angaben italienischer Medien soll Postiglione auf das Spiel gewettet und 86 000 Euro gewonnen haben. Im Visier der Ermittler seien außerdem weitere sieben Spiele der dritten Liga, in der Potenza seit drei Jahren spielt und derzeit den viertletzten Platz belegt.
Postiglione scheint der Kopf der mutmaßlichen Betrügerbande gewesen zu sein. Im Juni 2006 war er im Alter von 24 Jahren als Präsident an die Spitze des Vereins getreten und damit zum jüngsten Club-Chef im italienischen Fußball aufgestiegen. Nun droht dem Medienunternehmer, der in Süditalien lokale Radio und TV-Stationen betreibt, der Absturz.
Als Funktionär sind Postiglione Wetten auf Fußballspiele laut Reglement der Fußballverbands (FIGC) generell verboten. Ihm und dem Club drohen damit unabhängig von den strafrechtlichen Konsequenzen harte Sanktionen vonseiten des FIGC, der umgehend ein Ermittlungsverfahren einleiten will.
Potenzas Antimafia-Staatsanwalt Francesco Basentini ermittelt derzeit gegen etwa 20 Verdächtige. Neben Postiglione wurden dessen Mitarbeiter Pasquale Giuzio sowie der Manager des Clubs Pro Vastese, Luca Evangelista, festgenommen. Die Staatsanwaltschaft hat ihre Nachforschungen bereits 2007 eingeleitet. Wie der Carabinieri- Oberst Domenico Pagano mitteilte, handle es sich um «weitreichende Ermittlungen, die über Wettbetrug hinausgehen».
1980 war der italienische Fußball von seinem bislang größten Wettskandal erschüttert worden. Damals hatten zahlreiche Spieler und Club-Funktionäre Partien der ersten und zweiten Liga durch Ergebnisabsprachen manipuliert. Der AC Mailand und Lazio Rom wurden damals zum Zwangsabstieg verurteilt. Zahlreiche Stars wie Paolo Rossi, der 1982 Italien in Spanien zum Weltmeistertitel schoss, wurden mit langen Sperren belegt.