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Chronologie Chronologie: Die Ereignisse vom 15. bis zum 18. August

22.08.2002, 09:04

Dresden/Bitterfeld/MZ. - Donnerstag, 15. August: Die Jahrhundertflut zieht eine Spur der Verwüstung durch Sachsen. Ein Jahrzehnt des Aufbaus Ost ist in dieser Region vernichtet. Die Elbe hat einen Pegelstand von 8,70 Metern, alle Deiche sind überspült. Ganze Stadtteile stehen im Wasser. Immer mehr Dresdner müssen ohne Strom und Telefon auskommen. Weitere Krankenhäuser werden evakuiert. In Pirna und Heidenau müssen 30 000 Einwohner ihre Häuser verlassen, Bundeswehr und US-Armee errichten Zeltstädte. 100 000 Menschen sind auf der Flucht vor dem Wasser.

Nachdem in Bitterfeld ein Damm im gefluteten ehemaligen Tagebau Goitzsche gebrochen ist, ist erneut die Stadt bedroht. Eine Evakuierung wird erwogen. Weil die Elbe immer mehr Wasser führt, kann das Wasser der Mulde bei Dessau nicht mehr in diesen Strom abfließen und staut sich immer weiter auf. Auch Magdeburg, Wittenberg, Dessau und Städte in Brandenburg bereiten sich nun auf eine Katastrophe vor.

An der deutsch-tschechischen Grenze haben sich auf der Elbe fünf Lastkähne durch die Flut losgerissen und treiben herrenlos auf dem Strom. Sie werden gesprengt oder versenkt. Ein tschechisches Chemiewerk steht unter Wasser, es droht die Gefahr einer Verseuchung.

Freitag, 16. August: Um 9.32 Uhr meldet die Staatskanzlei in Dresden: Der Pegelstand von neun Metern ist überschritten. Niemals zuvor hatte die Elbe diese Marke erreicht. Die Hilfskräfte müssen den Kampf um Semperoper und das Zwinger aufgeben. Gegen Mittag heißt es für 30 000 weitere Dresdner, ihre Stadtteile zu verlassen - eine gigantische Evakuierungs-Aktion wird gestartet. Auch andere Städte - Pirna, Radebeul, Meißen, Ries, Torgau - müssen teilweise oder ganz geräumt werden. Im brandenburgischen Mühlberg bricht am Nachmittag ein Damm, die Stadt ist in höchster Gefahr. Die Bundeswehr ist in unermüdlichem Einsatz.

Überhaupt hat eine beispiellose Welle an Hilfsbereitschaft die Deutschen erfasst. Firmen spenden Geld, Geräte oder Lebensmittel, aus allen Bundesländern kommen Helfer ins Katastrophengebiet, Solidaritäts-Konzerte oder -Sportveranstaltungen werden anberaumt. Die Hilfsorganisationen registrieren eine nie da gewesene Spendenbereitschaft. Die ersten Finanzhilfen von Bund und Ländern laufen ein.

Samstag, 17. August: Am frühen Morgen ist in Dresden der Scheitelpunkt der Welle erreicht: 9,40 Meter. Sehr, sehr langsam sinkt der Pegel. Der Kampf um Semper-Oper und Zwinger wird wieder aufgenommen, um möglichst viele Kulturgüter zu retten.

Um kurz nach 10 Uhr stürzt in Pirna eine Eisenbahnbrücke ein, die Flut hat die mittleren Pfeiler weggerissen. Die Bahnverbindung zwischen Dresden und Leipzig ist unabsehbare Zeit nicht mehr möglich.

Im zuvor total überfluteten Grimma ist das Wasser wieder abgeflossen. Erst jetzt ist das ganze Ausmaß der Zerstörung augenscheinlich. Die Straßen sehen aus - ja, es bleibt nur der abgedroschene Begriff: wie nach einem Bombenangriff. 30 Häuser sind in sich zusammengestürzt. Die 18 000-Einwohner-Stadt, die gerade erst umfassend renoviert und restauriert wurde, muss von vorn anfangen. In einer einzigen Nacht ist die Arbeit vieler Jahre zerstört worden. Durch den Dammbruch im Goitzsche-See sind Teile der Innenstadt von Bitterfeld überflutet. 16 000 Bitterfelder Einwohner bleiben evakuiert.

Sonntag, 18. August: Am späten Vormittag ist in Torgau alle Hoffnung dahin. Trotz höchster Anstrengungen bricht ein Damm an der Elbe. Gewaltige Wassermassen strömen in die Stadt. Auch in der Lutherstadt Wittenberg haben 1,2 Millionen Sandsäcke nicht geholfen, der historische Höchststand des Elbepegels von sieben Metern lässt einen Elbdeich brechen. 8000 Menschen müssen die Stadt verlassen.

Derweil versuchen die Helfer elbabwärts mit allen Mitteln die Dämme zu verstärken und zu erhöhen, um die Dienstag und Mittwoch kommenden Fluten doch noch besiegen zu können.