Chemie Chemie: Grüner Wall für Peking kommt aus Sachsen-Anhalt

Bitterfeld-Wolfen/dpa. - Einekleine Firma aus dem Chemiepark Bitterfeld-Wolfen ist an dem Mega-Projekt in der Olympiastadt beteiligt. «Wir werden in den nächstendrei Jahren rund 90 000 Bäume mit unserem Vitalgranulat pflanzen, imApril geht es los», erzählt Roland Watzke, Geschäftsführer der AMykorGmbH (Greppin/Landkreis Anhalt-Bitterfeld), und zeigt stolz auf dendicken Vertrag in chinesischer Schrift. Zwölf Baumarten des Landeswerden es sein, wie die Chinesische Kiefer, der MorgenländischeLebensbaum oder die Mandschurische Linde.
Doch allein mit dem Spaten in der Hand werde die chinesischeHauptstadt nicht grüner. In der rund 15 Millionen Einwohner zählendenMetropole seien die Böden karg. «China hat im Vergleich zu anderenLändern wenig Forstflächen, nur rund 18 Prozent. Jedes Jahr geht imLand eine Fläche von rund 3000 Quadratkilometern durchWüstenerosionen zur Nutzung verloren, das entspricht der Größe desSaarlandes», beschreibt Watzke die Dimensionen.
Das «Geheimrezept», um dies einzudämmen, heißt für ihnMykorrhiza. Dahinter verbirgt sich eine Form der Symbiose von Pilzenund Pflanzen, in der ein Pilz mit dem Feinwurzelsystem einer Pflanzein Kontakt ist. Das spezielle Vital-Wurzelgranulat, das die Firmaherstellt, enthält Mikroorganismen, die diesen Prozess verstärken.Ziel ist es, dass Bäume, Sträucher und Pflanzen verstärkt Nährstoffeund Wasser aus dem Boden aufnehmen und damit kräftiger wachsenkönnen. «Weil es für unser Granulat keine Übersetzung ins Chinesischegibt, ist es im Vertrag als 'Freund der Wurzel' bezeichnet worden»,erzählt der Firmenchef schmunzelnd.
Im Labor und im Gewächshaus der Firma inmitten des Chemieparkswerden die Grundlagen geschaffen. Unter Glas stehen wohlklingendeNamen wie Vetiveria auf den Schildchen der Töpfe. Das Gras ausNordindien wächst mit Hilfe des Wurzelgranulats prächtig. Nebenansteht ein Eukalyptusbaum, dicht an einer Kaffeepflanze. «Hier werdenalle klimatischen Bedingungen, die es für Pflanzen gibt,nachgespielt», sagt Friedrun Rübsam und öffnet im Gewächshaus einenKühlschrank, in dem Pflänzchen keimen. Viel Fingerspitzengefühl seibei dieser Arbeit nötig, sagt die Gartenbauingenieurin.
In der Praxis im Freien funktioniert es so: Ein Loch wird füreinen Baum, Strauch oder eine Pflanze im Boden ausgehoben, Granulatund Wasser werden hinzugegeben. «In den Poren des Granulats, das keinDünger ist, sind mikroskopisch kleine Bodenpilze, die mit fast allenPflanzen eine Symbiose, also eine Lebensgemeinschaft zumbeiderseitigen Nutzen, eingehen», erklärt Watzke. «Damit haben wirbisher fast alles grün gekriegt», sagt der Chef der 16 Mitarbeiterzählenden Firma, die sich auf die Rekultivierung von Industrie- undBergbauflächen spezialisiert und mit Aufträgen bereits in 20 LändernErfahrung gesammelt habe. Der Jahresumsatz liege bei rund einerMillion Euro, «mit steigender Tendenz».
«Die Fläche, die wir in Peking rekultivieren, ist im Verhältnisunendlich klein, doch für uns ist dies ein Referenzprojekt, um aufdem riesigen Zukunftsmarkt China 'Wurzeln schlagen' zu können.» DasLand ist für Sachsen-Anhalts Unternehmen nach Angaben der InterComSachsen-Anhalt GmbH, der gemeinsamenAußenwirtschaftsfördergesellschaft der Industrie- und HandelskammernMagdeburg und Halle-Dessau, ein bedeutender Markt. Das Land habe seitmehr als zehn Jahren eine eigene Repräsentanz bei der Delegation derDeutschen Wirtschaft (AHK) in Shanghai, wo Firmen aus Sachsen-AnhaltUnterstützung bei Marktanalysen und beim Aufbau von Geschäften mitchinesischen Partnern und Kunden erhalten, erzählt Birgit Stodtko,Chefin der InterCom am Standort Halle.
Das rund 400 000 Euro teure «Wurzel»-Projekt aus Bitterfeld-Wolfenin Peking wird nach Angaben der Firma gemeinsam mit der DeutschenGesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH finanziert. DieGTZ ist ein Bundesunternehmen (Eschborn bei Frankfurt/Main), das mitkonkreten Vorhaben rund um den Globus die Lebensbedingungen derMenschen nachhaltig verbessern will.