Chemie Chemie: Erster Stillstand in Leuna-Raffinerie

Spergau/Leuna/dpa. - In der Leuna-Raffinerie sind dieVorarbeiten für die erste große Durchsicht seit der Inbetriebnahme invollem Gange. Die Inspektion und der damit verbundene Stillstand derIndustrieanlage gilt als das aufwändigste Projekt seit dem Start derRaffinerie vor fünf Jahren. «Die Vorbereitungen laufen aufHochtouren. Die ersten Gerüste stehen. Von rund 20 000 bestelltenErsatzteilen rollen täglich neue in Lastzügen an», sagte der Sprecherder Mitteldeutschen Erdoel-Raffinerie GmbH (MIDER/Spergau), OlafWagner, am Mittwoch in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). 65 Millionen Euro koste der Stillstand.
Hunderte Meter Gerüste werden wie ein riesiges Netz alle Anlagenund Teile der Raffinerie umspannen. «Ab 22. August geht es dannrichtig los», sagte Wagner. Bis Ende Oktober werden auf dem Geländein sieben Abschnitten und schrittweise in drei Etappen alle Anlagenheruntergefahren und einer genauen Sicherheitsüberprüfung unterzogen.«Eine Raffinerie kann man nicht auf Knopfdruck komplett ausschalten»,sagte er unter Hinweis auf die bei der Erdölverarbeitung ablaufendenchemischen Prozesse.
«Wir haben für den Stillstand vorgesorgt. Auch während dieser Zeitwerden Tankwagen aus der Raffinerie rollen. Die Belieferung derKunden, beispielsweise mit Benzin, ist gesichert», sagte Wagner.Dafür sei das Tanklager neben den Verarbeitungsanlagen gefüllt.
Seit zwei Jahren sei die Abschaltung vorbereitet worden. «DieLogistik sucht ihres Gleichen», sagte Wagner. 90 TÜV-Experten,Sachverständige und externe Prüfer werden mit der Überprüfung derRaffinerie «auf Herz und Nieren» an 69 Tagen beschäftigt sein. Allein280 000 Rohre müssten gereinigt werden. Wegen der Größe der Anlagenseien 50 Kräne eingesetzt. «Vieles wird uns an die Bauphaseerinnern», sagte Wagner. 500 zusätzliche Containe für Büros undUmkleideräume werden aufgestellt.
Beim «Turnaround», wie der nach fünf Jahren Dauerbetriebvorgeschriebene Sicherheits-Stillstand genannt wird, seien 2 500zusätzliche Arbeitskräfte auf dem rund 250 Hektar großen Gelände imEinsatz. Ein Großteil der beteiligten Firmen stamme aus der Region.Zudem seien Experten aus dem Konzern mit langjährige Erfahrungen beimSicherheitscheck vor Ort.
Die zum heutigen Mineralölkonzern TotalFinaElf (Paris) gehörendeRaffinerie, für die rund 2,3 Milliarden Euro investiert wurden, galtbis zur Inbetriebnahme 1997 als die größte IndustriebaustelleEuropas. Rund 6 000 Menschen waren am Bau beteiligt. In der Anlagearbeiten heute rund 600 Beschäftigte. Etwa 2 500 Arbeitsplätze wurdenmit dem Neubau in der Region geschaffen.
Die Raffinerie verarbeitet überwiegend russisches Rohöl zuMineralölprodukten und Kraftstoffen. Dazu gehören Benzin und Diesel,Flugbenzin und Bitumen für den Straßenbau. Zur wirtschaftlicheSituation sagte er unter Hinweis auf Turbulenzen am Mineralölmarkt:«Wir haben in einem schwierigen Markt eine gute Figur gemacht». Imersten Halbjahr 2002 seien rund fünf Millionen Tonnen Rohölverarbeitet worden. Dies seien mehr als im ersten Halbjahr 2001. «Wirmerken keinen Konsumverzicht», sagte er. Die Raffinerie hat eineVerarbeitungskapazität von rund zehn Millionen Tonnen Rohöl im Jahr.