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CDU und Grüne steuern nach Hamburg-Wahl auf Koalition zu

24.02.2008, 22:35

Hamburg/dpa. - Hamburgs CDU-Regierungschef Ole von Beust hat sich trotz des Verlusts seiner absoluten Mehrheit behauptet und wird als Wahlsieger Gespräche über Schwarz-Grün auf Landesebene führen.

Beide Bundesparteien gaben noch am Abend nach der Bürgerschaftswahl grundsätzlich grünes Licht für Sondierungen - es wäre eine Premiere in einem Bundesland. Möglich ist nach dem vorläufigen amtlichen Teilergebnis vom späten Sonntagabend auch eine große Koalition. Mit der SPD will der amtierende Bürgermeister von Beust daher ebenfalls sprechen.

Weil die Linke nach Niedersachsen und Hessen den Sprung in ein weiteres West-Parlament schaffte, kommt die von SPD und Grünen angestrebte gemeinsame Koalition nicht zustande. Die von der CDU bevorzugte christlich-liberale Koalition schied nach dem Scheitern der FDP an der Fünf-Prozent-Hürde aus.

Der Wahlkampf in der Hansestadt war am Schluss von bundespolitischen Turbulenzen wegen des Umgangs der SPD mit der Linken in Hessen überlagert. Entsprechende Überlegungen führten zu massivem Streit in der großen Koalition auf Bundesebene.

Die Hamburger SPD unter ihrem Spitzenkandidaten Michael Naumann verbesserte zwar das extrem schwache Ergebnis von 2004, erreichte aber weniger, als ihr in Umfragen zugetraut worden war. Parteichef Kurt Beck sagte am Abend in Berlin, er bedauere, wenn seine Äußerungen zur möglichen Regierungsbildung in Wiesbaden zu Irritationen in der SPD geführt hätten. Er sehe aber nicht, dass diese Position den Sozialdemokraten in Hamburg geschadet habe. Naumann sagte auf die Frage, ob das Thema sich negativ ausgewirkt habe: «Hilfreich war es sicher nicht.»

Vier Wochen nach dem Wahldebakel in Hessen und dem deutlichen Minus in Niedersachsen setzte sich für die Union die Serie von Verlusten bei Landtagswahlen fort. Die in Hamburg bisher allein regierende CDU fiel laut vorläufigem Teilergebnis mit 42,6 Prozent hinter ihr Rekordergebnis von vor vier Jahren (47,2 Prozent) zurück. Sie lag aber deutlich über den letzten Umfrageergebnissen. Die SPD steigerte sich nach dem Minusrekord von 2004 (30,5) auf 34,1 Prozent - ihr zweitschwächstes Hamburger Ergebnis. Die Grünen verloren auf 9,6 Prozent (2004: 12,3).

Die aus der Linkspartei im Osten und der WASG im Westen hervorgegangene Linke kam trotz der Querelen um die DKP-Mitgliedschaft einiger ihrer Kandidaten mit 6,4 Prozent sicher in die Bürgerschaft und setzte ihre West-Ausdehnung fort. Die FDP lag am Ende bei 4,7 Prozent (2004: 2,8). Zuletzt waren die Liberalen im September 2004 in Brandenburg bei einer Landtagswahl an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. In der Bürgerschaft hätte die CDU demnach 56 Sitze, die SPD 45, die Grünen 12, die Linken 8 Mandate. Die Wahlbeteiligung war mit 62,2 Prozent niedriger als 2004 (68,7).

Während die FDP lange um den Einzug in die Bürgerschaft zittern musste und schließlich scheiterte, blieben die in Hamburg traditionell starken Grünen (GAL) trotz der Verluste drittstärkste Kraft. Rechnerisch möglich wäre auch eine rot-rot-grüne Koalition. Diese Option hatte Naumann aber stets vehement abgelehnt.

Beust sah im Abschneiden der CDU einen klaren Regierungsauftrag. Auf die Frage, ob er sich einer möglichen Vorbildfunktion einer schwarz-grünen Zusammenarbeit in Hamburg für den Bund bewusst sei, sagte er: «Ich mache Politik für die Menschen in Hamburg. Meine Aufgabe ist es nicht, in die Geschichtsbücher einzugehen.» Er rechne mit inhaltlich schwierigen Gesprächen sowohl mit SPD als auch Grünen.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte, ein Bündnis von CDU und Grünen würde die politische Farbenlehre um eine neue Variante bereichern, «die über Hamburg hinaus ausstrahlen würde». Ein solche Koalition würde die Bundespartei «ausdrücklich nicht ausschließen». Der Grünen-Bundesvorsitzende Reinhard Bütikofer forderte die Hamburger GAL zu Selbstbewusstsein auf. «Wenn er (Beust) reden will, reden wir. Aber wir reden über grüne Politik in Hamburg», sagte Bütikofer in Hamburg. Zu reden bedeute nicht, sich anzubiedern.

Der Wahlkampf in der zweitgrößten deutschen Stadt war zuletzt durch bundespolitische Themen aufgeheizt worden: Die Debatte über «hessische Verhältnisse» mit einer komplizierten Regierungsbildung in einem Fünf-Parteien-Parlament; ein mögliches Erstarken der Linken durch die Steueraffäre um Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel und andere Wohlhabende; vor allem aber der Parteienstreit über den Umgang der SPD mit der Linken auf Landesebene im Westen. Beck hatte wenige Tage vor der Wahl nicht ausgeschlossen, dass sich die Sozialdemokratin Andrea Ypsilanti in Hessen Anfang April mit den Stimmen der Linken zur neuen Ministerpräsidentin wählen lassen könnte.

Der Vorsprung der Hamburger CDU vor der SPD war stark mit der Person des amtierenden Bürgermeisters von Beust verknüpft. 72 Prozent bescheinigten ihm laut Forschungsgruppe Wahlen in der Woche vor der Wahl gute Arbeit, darunter auch mehr als die Hälfte der SPD- und der Grünen-Anhänger. Im Kandidatenvergleich sprachen sich 52 Prozent für den Amtsinhaber aus, 38 Prozent wünschten sich Naumann als nächsten Bürgermeister. Bei der Abfrage konkreter Koalitionsmodelle fanden eine große Koalition (32 Prozent) und eine schwarz-grüne Koalition (26 Prozent) nur wenig Zustimmung.