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Bundesparteitag der Grünen in Nürnberg

23.11.2007, 09:26

Nürnberg/dpa. - Die Grünen kommen heute in Nürnberg zu einem Bundesparteitag zusammen, bei dem sie über ihre künftige Sozialpolitik entscheiden wollen. Die rund 800 Delegierten stimmen am Samstag über den Antrag «Zukunft der sozialen Sicherung» des Vorstands-Duos Claudia Roth und Reinhard Bütikofer sowie über den Gegenentwurf einer starken Strömung in der Partei ab.

Während der Vorstand für die Erhöhung des Hartz-IV-Satzes auf 420 Euro eintritt, verlangen die Gegner ein Grundeinkommen ohne Bedarfsprüfung für alle.

Bütikofer geht nach den jüngsten Parteitagsschlappen für den Bundesvorstand beim Thema Afghanistan-Politik demonstrativ optimistisch in die Auseinandersetzung. «Diesmal haben wir unsere Hausaufgaben gemacht - ich denke schon, dass von Nürnberg ein anderes Signal ausgeht», sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warnte vor einer Wahlschlappe für die Parteiführung. Eine Niederlage «schwächt die Grünen insgesamt», sagte sie der «Passauer Neuen Presse» (Freitag). Sie fügte hinzu: «Das wissen die Delegierten. Sie werden ihr Mütchen nicht an der falschen Stelle kühlen.»

Die nordrhein-westfälischen Grünen erwarten vom Parteitag einen klaren Beschluss zur Reform der Hartz-IV-Gesetze. «Von dem Parteitag muss das Signal ausgehen: Die Grünen wollen eine Gerechtigkeitslücke in der Gesellschaft bekämpfen», sagte die Landesvorsitzende Daniela Schneckenburger der dpa. Die Partei solle sich dafür aussprechen, die Regelsätze und das Altersschonvermögen zu erhöhen.

Grünen-Mitglied Robert Zion, der maßgeblich zur Niederlage der Führung beim Afghanistan-Parteitag beigetragen hatte, stellt sich auch in Nürnberg gegen die Parteispitze. In der «Frankfurter Rundschau» kündigte er an, nicht für das Konzept einer bedarfsabhängigen Grundsicherung zur Weiterentwicklung von Hartz IV zu stimmen, sondern für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Das Grundeinkommen verwerfen Gegner als keinesfalls mehrheitsfähig. Ihnen hielt Zion entgegen: «Wenn wir uns Regierungsfähigkeit nur noch von den anderen Parteien zugestehen lassen, sind die Grünen kulturell am Ende. Wir sind eine Konzeptpartei und nicht bloß Mehrheitsbeschaffer. Sonst enden wir als Öko-FDP.»

Den Auftakt des Parteitags bilden heute das Thema Klimaschutz sowie die Festlegung auf ein neues Logo, die 2006 in Köln gescheitert war. Bei einem Sonderparteitag in Göttingen hatte die Basis zuletzt in der Afghanistan-Politik mehrheitlich gegen den Kurs der Spitze votiert und den Bundeswehreinsatz in der internationalen Schutztruppe ISAF abgelehnt.

Tübingens grüner Oberbürgermeister Boris Palmer rief zur raschen Klärung der Führungskrise auf: «Wir müssen schleunigst über die Spitzenkandidatur entscheiden», sagte er der «Berliner Zeitung». Er sei dafür, dies mit Hilfe einer Urabstimmung zu tun - die Basis müsse entscheiden, wer am besten geeignet sei. Kandidaten seien die Partei- und Fraktionsvorsitzenden sowie der ehemalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin. Von einer Doppelspitze riet Palmer ab - sie sei in einer zugespitzten Wahlkampfsituation «nicht ideal».

Palmer warb für 2009 für ein schwarz-grünes Bündnis und zeigte sich überzeugt, dass die Grünen-Basis dies absegnen würde, wenn der Koalitionsvertrag inhaltlich überzeugend sei. Allerdings müsse die Union zuvor Ernst mit ihrer Klimaschutz-Politik machen. In der Sozialpolitik unterstützt der Tübinger OB im Grundsatz den Antrag des Bundesvorstandes für eine Grundsicherung.