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Bulgarien Bulgarien: Empörung über EU-Steuer auf hausgebrannten Schnaps

Von Elena Lalowa 12.01.2007, 08:00
Schnapsflaschen (Foto: dpa)
Schnapsflaschen (Foto: dpa) dpa

Sofia/dpa. - Es gibt kaum einen Städter, der sich den «Hausgemachten»nicht bei Verwandten oder Freunden in der Provinz besorgt. ZumSchrecken aller Kleinerzeuger und Kenner wurde zum EU-Beitritt desBalkanlandes am 1. Januar das Volksgetränk mit einer Steuer belegt.

Die Empörten haben sich bereits mit ersten Protesten Gehörverschafft. «Ihr sollt das Volk nicht berauben!», schriebenDemonstranten aus Südbulgarien auf ihre Spruchbänder. In dem DorfKatunzi schütteten sie Dutzende von Litern «Rakija» sowieWeintrauben-Trester und Dung auf den zentralen Platz.«Rakija-Erzeuger wollen Parlamentarier lynchen» und «Fotos vonAbgeordneten neben jedem Kessel», titelten Zeitungen in Sofia.

Die Demonstranten wehren sich erbittert gegen Abgabe von 2,20Lewa (1,12 Euro) für einen Liter. Bei Mengen über 30 Liter müssen siesogar das Doppelte bezahlen. Damit würde ihr edler Tropfen mitumgerechnet fünf Euro teurer als die industriell abgefüllte Flaschesein. Betroffen seien eine Viertelmillion Weinbauern aus 100Gemeinden. Sie warfen den Politikern vor, die Interessen derGroßerzeuger verteidigt zu haben. Angeprangert wurdeEx-Europaministerin Meglena Kunewa, die jetzt EU-Kommissarin ist.

Die Proteste greifen auch auf andere Regionen wie Plowdiw, Burgasam Schwarzen Meer und Widin an der Donau über. Denn im benachbartenGriechenland ist die Steuer nach Angaben der bulgarischen Bauern mit20 Euro pro 100 Liter deutlich niedriger. Die Demonstranten setztenihren Politikern eine Frist von einem Monat, um die umstritteneSteuer bis 2009 auszusetzen. Sollte mit Brüssel keineAusnahmeregelung ausgehandelt werden, wollen die aufgebrachten Bauernin die Hauptstadt kommen, um dort ihr Anliegen lautstark zuvertreten.

Die Bulgaren werden die neue Abgabe wohl nicht bezahlen und ihren«Rakija» statt öffentlich im Dorfkessel heimlich in ihrenKellerräumen herstellen, hieß es vor dem EU-Beitritt. Ärzte warntenvor Vergiftungen. Die Aufsicht für die zugelassenen Dorfkessel habenjetzt Zöllner, die an den neuen Binnengrenzen zur EU überflüssiggeworden waren. Da nicht an jedem Kessel ein Beamter aufpassen kann,erhielt Finanzminister Plamen Orescharski von Kritikern den Rat,Null-Einnahmen durch die umstrittene Steuer einzuplanen.